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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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ihren Lorgnetten und Operngläsern; die Männer gerieten in Bewegung, und manche standen von ihren Plätzen auf, um besser sehen zu können. Alle versicherten später, Mitja sei, als sie eintrat, auf einmal »bleich wie Leinwand« geworden. Ganz in Schwarz gekleidet, ging sie bescheiden und beinahe schüchtern zu dem ihr angewiesenen Platz. Ihrer Miene war nicht anzusehen, daß sie erregt war; doch in ihrem dunklen, finsteren Blick lag eine feste Entschlossenheit. Es muß vermerkt werden, daß später viele versicherten, sie sei in diesem Augenblick wunderschön gewesen. Sie sprach leise, aber dennoch so deutlich, daß man sie im ganzen Saal verstehen konnte. Sie drückte sich außerordentlich ruhig aus oder bemühte sich wenigstens, ruhig zu sein. Der Präsident stellte seine Fragen vorsichtig und außerordentlich respektvoll, als scheute er sich, »gewisse Saiten« zu berühren. Doch Katerina Iwanowna erklärte gleich auf eine der ersten ihr vorgelegten Fragen selbst mit aller Entschiedenheit, sie sei die verlobte Braut des Angeklagten gewesen, »so lange, bis er selbst mich verlassen hat ...«. Nach den dreitausend Rubeln befragt, die sie Mitja zur Übersendung an ihre Verwandten anvertraut hatte, antwortete sie mit fester Stimme: »Ich habe sie ihm nicht direkt für die Post gegeben. Ich ahnte damals, daß er dringend Geld brauchte ... Ich gab ihm diese dreitausend Rubel, damit er sie, wenn er wollte, etwa innerhalb eines Monats absandte ... Ohne Grund hat er sich später wegen dieses Geldes so gequält.«
    Ich werde nicht alle Fragen und Antworten genau wiedergeben, sondern nur den wesentlichen Sinn ihrer Aussagen.
    »Ich war fest davon überzeugt, daß er immer noch Zeit finden würde, die dreitausend Rubel abzusenden«, fuhr sie auf die ihr vorgelegten Fragen fort, »sobald er von seinem Vater Geld erhalten hätte. Ich war immer von seiner Uneigennützigkeit und Ehrenhaftigkeit überzeugt ... Er war sich dessen sicher, daß er von seinem Vater dreitausend Rubel erhalten würde; er hat mir gegenüber mehrmals davon gesprochen. Ich wußte, daß er mit seinem Vater Streit hatte, und glaubte und glaube auch heute noch, daß er von seinem Vater übervorteilt worden war. Ich erinnere mich nicht an irgendwelche Drohungen gegen seinen Vater. In meiner Gegenwart wenigstens hat er niemals solche Drohungen ausgestoßen. Wäre er damals zu mir gekommen, hätte ich seine Unruhe wegen dieser unseligen dreitausend Rubel sofort beschwichtigt, aber er kam nicht mehr zu mir ... Ich selbst aber ... Ich war in so eine Lage gekommen, daß es mir nicht möglich war, ihn zu mir zu bitten ... Und ich hatte auch gar kein Recht, die Rückzahlung dieser Schuld ungeduldig von ihm zu verlangen!« fügte sie plötzlich hinzu, und ihrer Stimme war eine feste Entschlossenheit anzuhören. »Denn er hat mir selbst einmal eine weit höhere finanzielle Gefälligkeit erwiesen, und ich habe sie angenommen, obwohl ich damals noch nicht absehen konnte, ob ich jemals imstande sein würde, ihm meine Schuld zurückzuzahlen ...«
    Im Tonfall ihrer Stimme schien etwas Herausforderndes zu liegen. In diesem Augenblick ging die Aufgabe, Fragen zu stellen, an Fetjukowitsch über.
    »Das war wohl schon zu Beginn Ihrer Bekanntschaft, noch ehe Sie hierherzogen?« nahm Fetjukowitsch vorsichtig tastend das Wort; er ahnte sofort etwas Günstiges. Ich muß an dieser Stelle eine Zwischenbemerkung einfügen. Obgleich er von Katerina Iwanowna selbst aus Petersburg hergebeten worden war, wußte er dennoch nichts von dem Vorgang mit den fünftausend Rubeln, die Mitja ihr einst gegeben hatte – also auch nichts von der tiefen Verbeugung. Sie hatte es vor ihm geheimgehalten; das war erstaunlich. Man kann mit Sicherheit annehmen, daß sie selbst bis zum letzten Augenblick nicht gewußt hatte, ob sie davon vor Gericht erzählen würde oder nicht.
    Ich werde diese Augenblicke niemals vergessen! Sie erzählte alles, diesen ganzen Vorgang, den Mitja seinem Bruder Aljoscha berichtet hatte, auch von der tiefen Verbeugung, auch von den Ursachen, auch von der Notlage ihres Vaters, auch von ihrem Besuch bei Mitja – doch mit keinem Wort, mit keiner Andeutung erwähnte sie, daß Mitja durch ihre Schwester selbst den Vorschlag gemacht hatte, sie möchten Katerina Iwanowna zu ihm schicken, um das Geld abzuholen. Das verheimlichte sie großmütig, und sie schämte sich nicht, es so darzustellen, als sei sie damals aus eigenem Antrieb zu dem jungen Offizier gegangen, um ihn in der

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