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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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auf, aß ein großes Stück Brot, aß auch noch eine Wurst und trank drei Gläser Schnaps. Nachdem er sich so gestärkt hatte, faßte er wieder Mut: Es wurde wieder heller in seiner Seele. Unterwegs konnte es ihm gar nicht schnell genug gehen; er trieb den Kutscher ständig an und faßte plötzlich einen neuen, diesmal »definitiven« Plan, wie er sich noch bis zum Abend dieses Tags das »verdammte Geld« verschaffen wollte. ›Wenn man so bedenkt, daß um dieser lumpigen dreitausend Rubel willen ein Mensch zugrunde gehen soll!‹ dachte er verächtlich. ›Noch heute werde ich die Sache zur Entscheidung bringen!‹ Und wäre nicht der unaufhörliche Gedanke an Gruschenka gewesen, die bange Unruhe, ob mit ihr auch nichts passiert war, dann wäre er vielleicht wieder ganz vergnügt gewesen. Aber der Gedanke an sie drang alle Augenblicke wie ein spitzes Messer in seine Seele ...
    Endlich kamen sie an, und Mitja eilte sogleich zu Gruschenka.

3.
Die Goldbergwerke
     
    Eben jenen Besuch Mitjas hatte Gruschenka Rakitin gegenüber mit solcher Angst erwähnt. Sie hatte damals ihre »Stafette« erwartet; erfreut darüber, daß Mitja weder am vorigen noch an diesem Tag gekommen war, hatte sie gehofft, er würde mit Gottes Hilfe vor ihrer Abreise überhaupt nicht mehr kommen – da hatte er sie plötzlich überfallen. Das Weitere ist uns bereits bekannt: Um ihn loszuwerden, hatte sie ihn überredet, sie zu Kusma Samsonow zu begleiten, den sie dringend aufsuchen müsse, »um Geld zu zählen«; Mitja hatte sie hingebracht, und sie hatte ihm beim Abschied das Versprechen abgenommen, sie um Mitternacht abzuholen und wieder nach Hause zu begleiten. Mitja war diese Zeiteinteilung nicht unwillkommen. ›Wenn sie bei Kusma sitzt‹, hatte er sich gesagt, ›geht sie nicht zu Fjodor Pawlowitsch – vorausgesetzt, daß sie nicht lügt!‹ Aber nach seiner Ansicht hatte sie nicht gelogen. Er war nämlich eifersüchtig auf ganz bestimmte Weise. Wenn er von der Geliebten getrennt war, dachte er sich Gott weiß was für Schrecknisse aus, was ihr alles passierte und wie sie ihm untreu war; wenn er jedoch wieder zu ihr kam, halbtot vor Aufregung und fest überzeugt, daß sie ihm in der Zwischenzeit untreu geworden war, lebte er beim ersten Blick auf ihr lachendes, heiteres, freundliches Gesicht wieder auf, warf sofort jeden Verdacht von sich und schalt sich selbst freudig beschämt wegen seiner Eifersucht. Als er Gruschenka zu Kusma gebracht hatte, eilte er zu sich nach Hause. Oh, er hatte heute noch so viel zu tun! Doch wenigstens war ihm das Herz leichter geworden. ›Ich muß nur noch so schnell wie möglich von Smerdjakow erfahren, ob gestern abend nichts passiert ist, ob sie nicht am Ende bei Fjodor Pawlowitsch war, pfui Teufel!‹ ging ihm durch den Kopf. Er war also noch nicht in seiner Wohnung angelangt, als die Eifersucht in seinem unruhigen Herzen schon wieder zu bohren begann.
    Eifersucht ... »Othello ist nicht eifersüchtig, er ist vertrauensvoll«, hat Puschkin gesagt, und diese Bemerkung zeugt von der außerordentlichen Geistestiefe unseres großen Dichters. OthelIos Seele ist einfach zermalmt, seine gesamte Weltsicht getrübt, weil sein Ideal zugrunde gegangen ist. Aber Othello wird sich nicht verstecken, wird nicht spionieren: er ist vertrauensvoll. Vielmehr mußte er erst dazu gebracht, darauf gestoßen, mit großer Mühe in Brand gesteckt werden, damit er überhaupt an Untreue dachte. Anders der wirklich Eifersüchtige. Unmöglich, sich den ganzen moralischen Tiefstand vorzustellen, mit dem sich ein Eifersüchtiger ohne alle Gewissensbisse abzufinden vermag. Nicht daß sie lauter gemeine, schmutzige Seelen wären – im Gegenteil: Man kann sich auch mit edler Gesinnung, mit reiner, opferfreudiger Liebe unter dem Tisch verstecken, die gemeinsten Menschen kaufen und sich mit dem häßlichen Schmutz der Spionage befreunden. Othello hätte zwar verzeihen, sich aber um keinen Preis mit der Untreue aussöhnen können, obgleich seine Seele harmlos und unschuldig war wie die eines Kindes. Nicht so bei dem wirklich Eifersüchtigen: Es ist schwer sich vorzustellen, was mancher Eifersüchtige alles verzeihen kann und womit er sich abzufinden und auszusöhnen vermag! Gerade die Eifersüchtigen verzeihen am ehesten, und das wissen auch alle Frauen. Der Eifersüchtige ist fähig, außerordentlich schnell zu verzeihen – selbstverständlich nachdem er zuvor eine furchtbare Szene gemacht hat; er verzeiht zum Beispiel Untreue, die beinahe

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