Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
Vom Netzwerk:
in der Tür stehen, um zuzuhören.
    Als die Kinder sahen, daß er zuhörte, fuhren sie um so eifriger in ihrem Streitgespräch fort.
    »Niemals werde ich glauben«, sagte Nastja hitzig, »daß die Hebammen die kleinen Kinder in den Gemüsegärten auf den Kohlbeeten finden. Jetzt ist es Winter, und es gibt gar keine Kohlbeete, und die Hebamme konnte unserer Katerina das Töchterchen nicht von da bringen!«
    Kolja stieß einen Pfiff aus.
    »Oder es ist so. Sie holen die Kinder irgendwo, bringen sie aber nur zu solchen Frauen, die verheiratet sind.«
    Kostja blickte seine Schwester unverwandt an, hörte tiefsinnig zu und dachte nach.
    »Nastja, wie dumm du doch bist«, sagte er endlich ruhig und entschieden. »Dann könnte doch Katerina gar kein Kindchen haben. Sie ist ja nicht verheiratet.«
    Nastja geriet furchtbar in Eifer.
    »Du verstehst aber auch gar nichts«, fiel sie gereizt ein. »Vielleicht hat sie einen Mann gehabt, und er sitzt bloß im Gefängnis, und sie hat nun ein Kindchen bekommen.«
    »Hat sie wirklich einen Mann, der im Gefängnis sitzt?« erkundigte sich der gründliche Kostja mit wichtiger Miene.
    »Oder es ist so«, unterbrach ihn Nastja eifrig, wobei sie ihre erste Hypothese völlig fallenließ und vergaß. »Sie hat keinen Mann, darin hast du recht. Aber sie will heiraten, und da hat sie nun nachgedacht, wie sie das machen soll, und hat immer nachgedacht und nachgedacht, und so lange nachgedacht, daß sie nun keinen Mann, sondern ein Kindchen bekommen hat.«
    »Ja, das könnte sein«, stimmte Kostja völlig überzeugt zu. »Aber das hast du vorhin nicht gesagt, daher konnte ich es auch nicht wissen.«
    »Na, Kinder«, sagte Kolja und trat zu ihnen ins Zimmer. »Ich sehe, ihr seid ein gefährliches Völkchen!«
    »Dafür haben Sie ja auch Pereswon«, sagte Kostja lächelnd und begann mit den Fingern zu schnipsen und Pereswon zu rufen.
    »Ihr Knirpse, ich bin in Verlegenheit«, begann Kolja würdevoll. »Und ihr müßt mir helfen. Agafja hat sich wohl ein Bein gebrochen, weil sie noch immer nicht zurück ist, das steht bombenfest. Ich muß aber dringend weg. Werdet ihr mich weglassen?«
    Die Kinder sahen sich ängstlich an, ihre Gesichter drückten nun Unruhe aus. Sie begriffen allerdings noch nicht recht, was Kolja von ihnen verlangte.
    »Werdet ihr auch keine Dummheiten machen, wenn ich weg hin? Nicht auf die Kommode steigen, euch nicht die Beine brechen? Werdet ihr auch nicht aus Angst weinen, wenn ihr allein seid?«
    Auf den Gesichtern der Kinder malte sich eine schreckliche Angst.
    »Ich könnte euch zum Lohn dafür ein hübsches Spielzeug zeigen, eine kleine Bronzekanone, aus der man mit richtigem Pulver schießen kann.«
    Die Gesichter der Kinder wurden im Nu wieder hell.
    »Zeigen Sie doch mal die kleine Kanone!« sagte Kostja, der übers ganze Gesicht strahlte.
    Krassotkin holte aus seiner Büchertasche eine kleine Bronzekanone heraus und stellte sie auf den Tisch.
    »Na schön, zeigen wir doch mal! Sieh nur, sie hat Räder ... «Er rollte das Spielzeug über den Tisch. »Und schießen kann man damit. Man kann sie mit Schrot laden und damit schießen.«
    »Kann man damit auch einen totschießen?«
    »Alle kann man damit totschießen, man braucht bloß ordentlich zu zielen.«
    Und er erklärte ihnen, wohin man das Pulver tun und wie man das Schrotkorn hineinstecken muß, zeigte ihnen ein kleines Loch in Gestalt eines Zündloches und erzählte ihnen, daß die Kanone nach dem Schuß zurückläuft. Die Kinder hörten mit gewaltigem Interesse zu. Besonders beeindruckte sie, daß die Kanone zurückläuft.
    »Haben Sie auch Pulver?« erkundigte sich Nastja.
    »Ja.«
    »Zeigen Sie uns doch auch das Pulver!« sagte sie mit einem bittenden Lächeln.
    Kolja griff noch einmal in die Büchertasche und holte ein kleines Fläschchen heraus, in dem tatsächlich noch etwas Pulver war, in einem zusammengewickelten Stück Papier fanden sich außerdem mehrere Schrotkörner. Er öffnete sogar das Fläschchen und schüttete sich ein bißchen Pulver auf die flache Hand.
    »Da! Es darf nur kein Feuer daran kommen, sonst explodiert das Pulver, und wir sind alle tot«, sagte er warnend; er übertrieb um des Effektes willen.
    Die Kinder betrachteten das Pulver mit einer andächtigen Furcht, durch die der Genuß noch gesteigert wurde. Dem kleinen Kostja gefiel am meisten das Schrot.
    »Und das Schrot brennt nicht?« fragte er.
    »Nein, das Schrot brennt nicht.«
    »Schenken Sie mir ein paar Schrotkörner!« bettelte

Weitere Kostenlose Bücher