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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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nicht.«
    »Sie halten das Böse für gut, das ist eine vorübergehende Krisis, daran ist vielleicht Ihre frühere Krankheit schuld.«
    »Sie verachten mich ja! Ich will einfach nichts Gutes tun, ich will Schlechtes tun! Von Krankheit ist dabei keine Rede.«
    »Warum wollen Sie Schlechtes tun?«
    »Damit nirgendwo etwas übrigbleibt. Ach, wie schön wäre das! Wissen Sie, Aljoscha, ich nehme mir manchmal vor, furchtbar viel Schlechtes zu tun, lauter häßliche Sachen. Ich werde es lange, ganz lange im stillen tun, und auf einmal werden es alle erfahren. Sie werden mich umringen und mit Fingern auf mich zeigen, und ich werde sie ansehen. Das ist sehr angenehm. Warum ist das so angenehm, Aljoscha?«
    »Das ist nun einmal so. Das Bedürfnis, etwas Gutes zu zerstören oder, wie Sie sagten, etwas anzuzünden. Das kommt vor.«
    »Ich habe es nicht nur gesagt, ich werde es auch tun.«
    »Das glaube ich.«
    »Ach, wie ich Sie dafür liebe, daß Sie sagen: ›Ich glaube es.‹! Und Sie lügen ja nie. Aber vielleicht denken Sie, daß ich Ihnen das alles absichtlich sage, um Sie zu ärgern?«
    »Nein, das denke ich nicht ... Obgleich vielleicht auch dieses Bedürfnis ein wenig mitwirkt.«
    »Ein wenig wohl ... ich sage Ihnen nie die Unwahrheit«, sagte sie, und dabei funkelte in ihren Augen ein eigentümliches Feuer. Was auf Aljoscha den größten Eindruck machte, war ihr Ernst. Keine Spur von Spott und Scherz war jetzt in ihrem Gesicht zu sehen, obgleich Heiterkeit und Spottlust sie früher auch in ihren »ernstesten« Augenblicken nicht verlassen hatten.
    »Es gibt Augenblicke, in denen die Menschen das Verbrechen lieben«, sagte Aljoscha nachdenklich.
    »Ja, ja! Da haben Sie meinen eigenen Gedanken ausgesprochen! Man liebt das Verbrechen, alle lieben es, und zwar immer, nicht nur in gewissen Augenblicken. Wissen Sie, es ist, als wären alle einmal übereingekommen, in diesem Punkt zu lügen, und nun lügen sie auch wirklich allesamt. Alle sagen, daß sie das Schlechte hassen, aber im stillen lieben sie es.«
    »Lesen Sie immer noch schlechte Bücher?«
    »Ja. Mama liest sie und versteckt sie unter ihrem Kopfkissen, und da stehle ich sie.«
    »Schämen Sie sich denn nicht, sich selber zu zerstören?«
    »Ich will mich zerstören, ich will es. Hier gibt es einen Jungen, der hat zwischen den Schienen gelegen, während die Waggons über ihn hinwegfuhren. Der Glückliche! Hören Sie, jetzt wird man über Ihren Bruder Gericht halten, weil er seinen Vater totgeschlagen hat – und doch finden es alle gut, daß er es getan hat.«
    »Alle finden es gut, daß er seinen Vater totgeschlagen hat?«
    »Ja, sie finden es gut, alle finden es gut! Alle sagen, das sei schrecklich, aber im stillen finden sie es gut. Ich bin die erste, die es gut findet.«
    »An dem, was Sie da sagen, ist etwas Wahres«, sagte Aljoscha leise.
    »Ach, was haben Sie für Gedanken!« kreischte Lisa entzückt! »Und dabei sind Sie ein Mönch! Sie glauben gar nicht, Aljoscha, wie sehr ich Sie dafür achte, daß Sie niemals lügen. Ich werde Ihnen einen lächerlichen Traum erzählen: Ich träume manchmal von Teufeln. Ich träume, daß es Nacht ist und ich bei einem brennenden Licht in meinem Zimmer sitze, und auf einmal sind überall Teufel, in allen Ecken und unter dem Tisch, sie öffnen die Tür, und hinter der Tür steht ein ganzer Haufen, sie wollen hereinkommen und mich packen. Und sie nähern sich schon und packen mich. Ich aber schlage auf einmal ein Kreuz, da weichen sie zurück, sie fürchten sich. Sie gehen jedoch nicht ganz hinaus, sondern bleiben an der Tür stehen und warten in den Ecken. Und plötzlich bekomme ich gewaltige Lust, laut Gott zu lästern, und tue das auch wirklich. Da dringen sie auf einmal wieder in dichten Scharen auf mich ein, sie freuen sich gewaltig. Und da packen sie mich schon wieder, ich aber schlage ganz schnell noch ein Kreuz – und sie fliehen alle wieder. Das ist sehr lustig; der Atem stockt einem dabei.«
    »Ich habe manchmal denselben Traum gehabt«, sagte Aljoscha plötzlich.
    »Wirklich?« schrie Lisa erstaunt auf! »Hören Sie, Aljoscha, lachen Sie nicht, das ist außerordentlich wichtig! Ist denn das möglich, daß zwei verschiedene Personen ein und denselben Traum haben?«
    »Gewiß ist das möglich.«
    »Aljoscha, ich sage Ihnen, das ist außerordentlich wichtig«, fuhr Lisa maßlos erstaunt fort! »Nicht der Traum ist wichtig, sondern der Umstand, daß Sie dasselbe träumen konnten wie ich. Sie lügen mir nie etwas

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