Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
Vom Netzwerk:
spät zum Gefängnis kam, brauchte Aljoscha nur zum Inspektor zu gehen, und die Sache wurde dann sofort arrangiert. Außerdem hatten sich im Gefängnis alle bis hinab zum untersten Wächter an Aljoscha gewöhnt. Die Schildwache machte natürlich keine Schwierigkeiten, sobald er Erlaubnis von den Beamten hatte. Mitja kam gewöhnlich aus seiner Zelle herunter, in das für Besuche bestimme Zimmer, sobald er gerufen wurde.
    Als Aljoscha in dieses Zimmer trat, stieß er auf Rakitin, der gerade von Mitja fortging. Beide redeten noch laut miteinander. Mitja, der ihn zur Tür begleitete, lachte über etwas, und Rakitin schien vor sich hin zu brummen. Rakitin traf vor allem in letzter Zeit nicht allzugern mit Aljoscha zusammen; er sprach fast nicht mit ihm und grüßte ihn nur widerwillig. Als er jetzt Aljoscha eintreten sah, machte er ein besonders finsteres Gesicht und blickte zur Seite, als sei er ganz mit dem Zuknöpfen seines großen, warmen, mit einem Pelzkragen versehenen Überziehers beschäftigt. Dann suchte er nach seinem Schirm.
    »Daß ich nur nichts von meinen Sachen vergesse!« murmelte er, lediglich um etwas zu sagen.
    »Vergiß nur nichts von den Sachen anderer Leute!« witzelte Mitja und lachte selber über seinen Witz.
    Rakitin brauste auf.
    »Empfiehl das deinen Karamasows, die ihr so eine Familie von Verteidigern der Leibeigenschaft seid, aber nicht einem Mann wie mir!« schrie er außer sich vor Wut.
    »Was hast du denn? Ich habe ja nur einen Scherz gemacht!« rief Mitja! »Pfui Teufel! Aber so sind sie alle«, wandte er sich an Aljoscha und deutete mit dem Kopf auf den sich entfernenden Rakitin! »Die ganze Zeit hat er hier gesessen, hat gelacht und ist vergnügt gewesen, und nun auf einmal braust er so auf! Dir hat er nicht einmal zugenickt, seid ihr denn ganz auseinandergekommen? Warum kommst du so spät? Ich habe dich nicht bloß erwartet, sondern mich den ganzen Vormittag richtig nach dir gesehnt. Na, macht nichts! Wir bringen es schon wieder ein.«
    »Warum kommt er denn so oft zu dir? Hast du dich mit ihm angefreundet, ja?« fragte Aljoscha, wobei er ebenfalls mit dem Kopf nach der Tür deutete, durch die Rakitin verschwunden war.
    »Mit Michail soll ich mich angefreundet haben? Nein, das ist nicht der Fall ... Wie werde ich, er ist ein gemeiner Kerl! Er hält mich für einen Schuft. Spaß versteht er auch nicht, das ist bei solchen Leuten eine besonders hervorstechende Eigenschaft. Sie verstehen nie Spaß. Und ihre Seelen sind so kahl und öde; sie erregen in mir jene Empfindung von damals, als ich hier beim Gefängnis vorfuhr und die Gefängnismauern sah. Aber ein gescheiter Mensch ist er, das muß man ihm lassen. Na, Alexej, jetzt ist mein Kopf verloren!«
    Er setzte sich auf eine Bank und ließ Aljoscha sich daneben setzen.
    »Ja, morgen ist die Gerichtsverhandlung. Hast du denn gar keine Hoffnung mehr, Bruder?« fragte Aljoscha schüchtern und teilnahmsvoll.
    »Wovon sprichst du?« fragte Mitja und sah ihn verständnislos an! »Ach, du sprichst von der Gerichtsverhandlung! Na, hol‹ sie der Teufel! Ich habe mit dir bisher immer nur über Kleinigkeiten gesprochen, über dieses Gerichtsverfahren und so weiter, doch, über das Wichtigste habe ich dir nichts gesagt. Ja, morgen ist die Gerichtsverhandlung, aber die meine ich nicht, wenn ich sage, daß mein Kopf verloren ist. Mein Kopf selbst ist auch nicht verloren – das, was in meinem Kopf drin war, das ist verloren. Warum siehst du mich so prüfend an?«
    »Wovon redest du eigentlich, Mitja?«
    »Von den Ideen, die Ideen, darauf kommt es an. Die Ethik. Was ist das: Ethik?«
    »Ethik?« fragte Aljoscha erstaunt.
    »Ja, es ist wohl eine Wissenschaft, aber was für eine?«
    »Ja, so eine Wissenschaft gibt es ... Nur ... Ich muß gestehen, ich kann dir nicht sagen, was es für eine Wissenschaft ist.«
    »Rakitin weiß es. Der weiß vieles, hol‹ ihn der Teufel! Mönch wird der nicht. Er hat vor, nach Petersburg zu gehen. Dort will er die Kritik zu seinem Beruf machen, wie er sagt, aber mit einer edlen Tendenz. Na, vielleicht wird er etwas Nützliches leisten und Karriere machen. O ja, auf das Karrieremachen verstehen sie sich! Hol‹ der Teufel die Ethik! Ich für meine Person bin verloren, Alexej, du Gottesmann! Du bist mir der liebste Mensch auf der Welt. Mein Herz zieht mich zu dir, so ist das. Wer war denn Karl Bernard?«
    »Welcher Karl Bernard?« fragte Aljoscha wieder erstaunt.
    »Nein, nicht Karl, warte, ich habe Unsinn geredet. Claude

Weitere Kostenlose Bücher