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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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etwa fünfundvierzig Jahren, klein und schwächlich, mager, mit rötlichem Haar und einem rötlichen, dünnen Bärtchen, das große Ähnlichkeit mit einem zerzausten Bastwisch hatte, dieser Vergleich und besonders das Wort »Bastwisch« schossen Aljoscha gleich beim ersten Blick durch den Kopf. Offenbar war es dieser Mann gewesen, der durch die Tür gerufen hatte: »Wer ist da?« Eine andere männliche Person war nicht im Zimmer. Bei Aljoschas Eintritt sprang er hastig von der Bank, auf der er saß, wischte sich eilig mit einer löchrigen Serviette den Mund und stürzte Aljoscha geradezu entgegen.
    »Ein Mönch bittet um Geld für sein Kloster, da ist er an die Richtigen gekommen!« sagte laut das Mädchen, das in der linken Ecke stand.
    Doch der Mann, der auf Aljoscha zulief, drehte sich augenblicklich zu ihr um und antwortete mit erregter, fast versagender Stimme: »Nein, Warwara Nikolajewna, das stimmt nicht, da haben Sie falsch geraten! Gestatten Sie nun, daß ich meinerseits frage«, wandte er sich plötzlich wieder an Aljoscha, »Was hat Sie veranlaßt, hier in den Schoß der Familie einzudringen?«
    Aljoscha blickte ihn aufmerksam an, er sah diesen Menschen zum erstenmal. Er hatte etwas Eckiges, Hastiges, Reizbares. Obgleich er augenscheinlich eben getrunken hatte, war er nicht betrunken. In seinem Gesicht war höchste Frechheit und gleichzeitig, das war das Seltsame, tiefste Feigheit ausgeprägt. Er sah aus wie ein Mensch, der sich lange Zeit untergeordnet und vieles erduldet hat, nun aber auf einmal aufspringt und sich zeigen will, oder noch besser, wie ein Mensch, der Lust hat, einen anderen zu schlagen, zugleich aber auch furchtbare Angst, der andere könnte ihn selbst schlagen. In seinen Worten und in dem Klang seiner ziemlich durchdringenden Stimme lag eine Art von närrischem Humor, der bald boshaft, bald schüchtern herauskam, den Ton nicht festzuhalten vermochte und dann plötzlich abbrach. Bei der Frage nach dem »Schoß der Familie« zitterte er am ganzen Körper, riß die Augen auf und sprang so heftig auf Aljoscha los, daß dieser unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. Bekleidet war er mit einem dunklen, vielfach geflickten und fleckigen abgetragenen Tuchmantel. Seine Hosen waren ungewöhnlich hell, wie sie kein Mensch mehr trug, kariert und aus sehr dünnem Stoff, sie waren sehr geknautscht und hatten sich infolgedessen nach oben geschoben, so daß es aussah, als ob er aus ihnen wie ein kleiner Junge herausgewachsen war.
    »Ich bin Alexej Karamasow ...«, setzte Aljoscha gerade an zu, antworten.
    »Soviel begreife ich auch selber«, unterbrach ihn der Hausherr sofort in scharfem Ton. Er wollte damit zu verstehen geben, daß ihm auch ohne diese Mitteilung bekannt war, wen er vor sich hatte.
    »Ich meinerseits bin der Stabskapitän Snegirjow. Es wäre mir aber doch angenehm zu erfahren, was Sie veranlaßt hat ...«
    »Ich bin nur so vorbeigekommen. Ich hätte gern ein paar Worte mit Ihnen gesprochen ... Wenn Sie mir erlauben wollen ...«
    »In diesem Fall ist hier ein Stuhl. Belieben Sie, Platz zu nehmen! So wurde ja in den alten Lustspielen immer gesagt: Belieben Sie, Platz zu nehmen!« Der Stabskapitän ergriff mit einer schnellen Bewegung einen freien Stuhl, einen einfachen Bauernstuhl, ganz aus Holz und ohne Bezug, und stellte ihn beinahe in die Mitte des Zimmers. Dann ergriff er einen zweiten solchen Stuhl für sich und setzte sich Aljoscha gegenüber. Angesicht in Angesicht und so nahe, daß sich ihre Knie beinahe berührten.
    »Nikolai Iljitsch Snegirjow, ehemals Stabskapitän der russischen Infanterie, zwar durch meine Laster entehrt, aber doch Stabskapitän. Wodurch konnte meine Person so viel Interesse erwecken? Ich lebe in Verhältnissen, die den Empfang von Gästen unmöglich machen.«
    »Ich bin in jener gewissen Angelegenheit gekommen ...«
    »In welcher ... gewissen Angelegenheit?« unterbrach ihn der Stabskapitän ungeduldig.
    »Wegen des Zusammenstoßes, den Sie mit meinem Bruder Dmitri Fjodorowitsch hatten«, erwiderte Aljoscha ungeschickt.
    »Was meinen Sie? Doch nicht etwa die Sache mit dem Bastwisch, wie?«
    Er rückte plötzlich so nahe, daß er nun wirklich mit seinen Knien an Aljoschas Knie stieß. Seine Lippen preßten sich eigentümlich zusammen, so daß sie nur einen schmalen Strich bildeten.
    »Mit welchem Bastwisch?« murmelte Aljoscha.
    »Er ist gekommen, um sich über mich zu beschweren, Papa!« rief eine Stimme, die Aljoscha bereits kannte, hinter dem Vorhang aus

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