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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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ergriff er die Serviette und machte sich daran, ihr die Tränen vom Gesicht wegzuwischen. Aljoscha glaubte sogar zu sehen, daß er selbst weinte. »Nun, haben Sie es gesehen? Haben Sie es gehört?« wandte er sich auf einmal grimmig zu Aljoscha um und zeigte mit der Hand auf die Schwachsinnige.
    »Ich sehe und höre«, murmelte Aljoscha.
    »Papa! Willst du wirklich mit ihm ... Laß ihn doch laufen, Papa!« rief plötzlich der Sohn, richtete sich auf seinem Bett auf und sah den Vater mit brennenden Augen an.
    »Hören Sie doch endlich auf, den Hanswurst zu spielen und Ihre dummen Faxen zu machen, die nie zu etwas Gutem führen!« rief ihm die Tochter Warwara Nikolajewna zu; sie war wütend und stampfte sogar mit dem Fuß auf.
    »Mit vollem Recht belieben Sie diesmal außer sich zu geraten, Warwara Nikolajewna, und ich werde Sie schnellstens zufriedenstellen. Setzen Sie Ihre Mütze auf, Alexej Fjodorowitsch, ich werde die meinige auch nehmen – und dann kommen Sie! Ich muß ein paar ernste Worte mit Ihnen reden, aber außerhalb dieser Wände. Das Mädchen, das da sitzt, ist meine Tochter Nina Nikolajewna, ich habe vergessen, sie Ihnen vorzustellen, ein Engel in Menschengestalt, der zu uns Sterblichen herabgeflogen ist ... Wenn Sie das überhaupt verstehen können ...«
    »Er zittert ja am ganzen Leib, als ob er Krämpfe hat!« fuhr Warwara Nikolajewna unwillig fort.
    »Und die da, die jetzt vor Unwillen mit dem Fuß stampft und mich eben einen Hanswurst genannt hat, ist ebenfalls ein Engel Gottes in Menschengestalt, und sie hat mich mit Recht beschimpft ... Gehen wir, Alexej Fjodorowitsch, wir müssen zu Ende kommen ...«
    Er nahm Aljoscha bei der Hand und führte ihn aus dem Zimmer auf die Straße,
    7. Und an frischer Luft
    »Die Luft hier ist frisch, in meiner Behausung dagegen ist sie es durchaus nicht, in keiner Bedeutung des Wortes. Lassen Sie uns langsam gehen, mein Herr! Es liegt mir daran, Ihr Interesse für mich zu erregen.«
    »Ich habe selber ein Anliegen an Sie ...«, bemerkte Aljoscha. »Ich weiß nur nicht, wie ich anfangen soll.«
    »Wie sollte ich nicht wissen, daß Sie ein Anliegen an mich haben? Ohne ein Anliegen würden Sie niemals einen Blick zu mir hereinwerfen. Oder sind Sie wirklich nur gekommen, um sich über den Jungen zu beschweren! Das ist doch unwahrscheinlich. Aber da ich gerade den Jungen erwähne – ich konnte Ihnen da drin nicht alles auseinandersetzen, jetzt will ich Ihnen diese Szene schildern. Sehen Sie, der Bastwisch war früher, noch vor einer Woche, dichter – ich rede von meinem Bärtchen, die Leute haben es Bastwisch getauft, besonders die Schulknaben. Nun, und an diesem Bärtchen zog mich damals Ihr Bruder Dmitri Fjodorowitsch, um nichts und wieder nichts, er suchte Streit, und ich kam ihm in den Weg. Er zog mich aus dem Restaurant auf den Marktplatz, da kamen gerade die Schüler aus der Schule, und unter ihnen auch Iljuscha. Als er mich in dieser unwürdigen Lage sah, stürzte er zu mir: ›Papa‹, schrie er, ›Papa!‹ Er faßte mich, umschlang mich, wollte mich losreißen und schrie Ihrem Herrn Bruder zu: ›Lassen Sie ihn los, lassen Sie ihn los! Das ist mein Papa, mein Papa, üben Sie Gnade mit ihm!‹ Ja, das schrie er. ›Üben Sie Gnade mit ihm!‹ Mit seinen Händchen griff er nach ihm, küßte ihm die Hand, diese selbe Hand, die ... Ich erinnere mich, was er in diesem Augenblick für ein Gesichtchen hatte. Ich habe es nicht vergessen, und werde es nicht vergessen!«
    »Ich schwöre Ihnen«, rief Aljoscha, »mein Bruder wird Ihnen aufrichtigste Reue bezeigen! Wenn Sie es verlangen, auf den Knien, auf jenem Marktplatz! Ich werde ihn dazu zwingen, oder er soll nicht mehr mein Bruder sein!«
    »Aha, das befindet sich also alles noch im Stadium des Projektes. Das geht nicht direkt von ihm aus, sondern entspringt aus dem Edelmut Ihres Herzens. Das hätten Sie gleich sagen sollen. Erlauben Sie mir unter diesen Umständen, auch von der höchst ritterlichen, eines Offiziers würdigen edlen Gesinnung zu reden, die Ihr Bruder damals an den Tag gelegt hat. Als er aufgehört hatte, mich am Bastwisch zu ziehen, sagte er: Du bist Offizier, und ich bin Offizier. Wenn du einen Sekundanten finden kannst, einen anständigen Menschen, schick ihn zu mir. Ich werde dir Satisfaktion geben, obgleich du ein Schurke bist! So sprach er. Eine wahrhaft ritterliche Denkungsart! Ich bin dann gleich weggegangen mit Iljuscha, doch dieses Bild aus dem Leben einer adligen Familie hat sich meinem

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