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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Dame! Hören Sie, Alexej Fjodorowitsch, hören Sie mich an! Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo Sie mich anhören müssen, denn Sie können sich keinen Begriff machen, was diese zweihundert Rubel jetzt für mich bedeuten«, fuhr der Mensch fort und geriet allmählich in eine maßlose Verzückung. Er war wie von Sinnen und redete hastig, als befürchtete er, man würde ihn nicht zu Ende sprechen lassen.
    »Abgesehen davon, daß ich dieses Geld ehrlich erworben hätte, von einer geachteten, gottesfürchtigen ›Schwester‹ – wissen Sie auch, daß ich das Mamachen und Ninotschka, meinen verwachsenen Engel, mein Töchterchen, jetzt gesund machen kann? Doktor Herzenstube kam vor einiger Zeit und untersuchte sie beide eine ganze Stunde lang. ›Ich verstehe nichts‹, sagte er dann. Jedoch werde dem Mamachen gewiß ein Mineralwasser helfen, das in der hiesigen Apotheke zu haben ist (er verschrieb es ihr). Fußbäder aus gewissen Arzneien verschrieb er ihr ebenfalls. Das Mineralwasser kostet dreißig Kopeken der Krug, und man muß vielleicht vierzig Krüge trinken. So nahm ich denn das Rezept und legte es auf das Wandbrett unter die Heiligenbilder, und da liegt es noch. Und für Ninotschka verordnete er heiße Wannenbäder mit irgendeiner Lösung, täglich morgens und abends. Aber wie können wir so eine Kur bei uns bewerkstelligen, in unserer Stube, ohne Bedienung, ohne Wanne und ohne solches Wasser? Ninotschka leidet sehr an Rheumatismus, ich habe Ihnen das noch nicht gesagt. Nachts tut ihr die ganze rechte Seite weh, sie hat schreckliche Schmerzen, aber – können Sie es glauben? Dieser Engel Gottes nimmt alle Kraft zusammen, um uns nicht zu stören! Sie stöhnt nicht, um uns nicht aufzuwecken. Wir essen, was wir bekommen können, was wir gerade haben, und sie nimmt sich das allerschlechteste Stück, das man eigentlich nur einem Hund vorwerfen kann! Ich bin diesen Bissen nicht wert, ich nehme ihn euch weg, ich bin nur eine Last für euch – das ist es, was ihr Engelsblick ausdrückt. Wir bedienen sie, ihr aber ist das peinlich. ›Ich bin das nicht wert‹, sagt sie. ›Ich bin das nicht wert. Ich bin ein unwürdiger, nutzloser Krüppel!‹ Aber sie sollte das nicht wert sein, wo sie doch in ihrer engelhaften Sanftmut mit ihrem Gebet bei Gott für uns alle eintritt? Ohne sie, ohne ihr stilles Wort wäre bei uns die Hölle, sogar auf Warja hat sie einen mildernden Einfluß ausgeübt. Und was nun Warwara Nikolajewna betrifft, so dürfen Sie auch sie nicht verdammen. Auch sie ist ein Engel, auch ihr ist Unrecht widerfahren. Sie kam im Sommer zu uns und brachte sechzehn Rubel mit, die sie sich durch Stundengeben verdient hatte. Sie hob sich das Geld für die Rückreise auf, um damit im September, das heißt jetzt, nach Petersburg zurückzufahren. Aber wir nahmen ihr Geld und verbrauchten es zum Leben, und sie besitzt jetzt keine Mittel zur Rückreise – ja, so ist das! Und sie kann auch deshalb nicht fahren, weil sie wie eine Zuchthäuslerin für uns arbeitet. Wir haben sie wie einen Karrengaul eingespannt, allen wartet sie auf, flickt, wäscht, fegt aus, legt das Mamachen ins Bett, denn das Mamachen ist launisch, das Mamachen ist weinerlich, das Mamachen ist irrsinnig! Da kann ich jetzt für diese zweihundert Rubel eine Hilfskraft mieten, verstehen Sie wohl, Alexej Fjodorowitsch? Ich kann die Heilung dieser lieben Wesen in Angriff nehmen. Ich kann meine Studentin nach Petersburg zurückschicken, kann Rindfleisch kaufen und eine neue Kost einführen. O Gott, das ist wohl nur ein schöner Traum!«
    Aljoscha war erfreut, daß er so viel Glück bereitet hatte, daß der Mensch eingewilligt hatte, sich beglücken zu lassen.
    »Warten Sie noch, Alexej Fjodorowitsch! Warten Sie noch!« rief der Stabskapitän. Wieder griff er nach einer neuen Idee, die ihm plötzlich eingegeben worden war, wieder begann er wie verzückt schnell und hastig zu reden. »Wissen Sie auch, daß wir, ich und Iljuschka, jetzt womöglich unseren phantastischen Plan verwirklichen werden? Wir kaufen ein Pferdchen und einen Reisewagen, das Pferd muß ein Rappe sein, er hat ausdrücklich verlangt, es müßte ein Rappe sein. Und dann machen wir uns auf den Weg, wie wir uns das vorgestern ausgemalt haben. Im Gouvernement K. wohnt ein Bekannter von mir, ein Jugendfreund. Durch einen zuverlässigen Menschen habe ich erfahren, er würde mir bei sich die Stelle eines Bürovorstehers geben – wer weiß, vielleicht tut er es wirklich? Na, da setze ich dann das

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