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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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stürzte hinein, warf sich von hinten auf ihn, umschlang ihn, und das Gewehr entlud sich nach oben, in die Decke, ohne jemand zu verwunden. Die übrigen kamen herbeigelaufen, nahmen ihm das Gewehr weg und hielten ihm die Hände fest. Dies habe ich später in allen Einzelheiten erfahren ...
    Ich befand mich gerade zu Hause. Es war gegen Abend, und ich wollte gerade ausgehen. Ich hatte mich angezogen, frisiert und parfümiert und griff nach meiner Mütze, als sich plötzlich die Tür öffnete und Katerina Iwanowna vor mir, in meiner Wohnung, stand.
    Es passieren manchmal sonderbare Dinge. Niemand auf der Straße hatte damals bemerkt, daß sie zu mir ging, so daß dies in der Stadt völlig unbekannt blieb. Ich wohnte bei zwei steinalten Beamtenwitwen, die auch die Aufwartung bei mir verrichteten. Sie hatten vor mir großen Respekt, gehorchten mir in allem und schwiegen, wenn ich es befahl, wie Bordsteinkanten ...
    Ich begriff natürlich sofort. Sie kam herein und sah mir ins Gesicht; ihre dunklen Augen blickten entschlossen, ja sogar kühn, aber auf den Lippen und um sie herum lag ein Ausdruck von Unentschlossenheit, das sah ich.
    ›Meine Schwester hat mir gesagt, Sie würden viertausendfünfhundert Rubel geben, wenn ich sie ... selber abhole. Ich bin gekommen ... Geben Sie das Geld!‹ Sie konnte es nicht länger ertragen, die Luft blieb ihr weg, ihre Angst wuchs, die Stimme versagte ihr, und die Mundwinkel und die Linien um die Lippen zuckten ... Aljoscha, hörst du zu, oder schläfst du?«
    »Mitja, ich weiß, daß du die ganze Wahrheit sagen wirst«, sagte Aljoscha erregt.
    »Die werde ich sagen. Ich werde die ganze Wahrheit sagen, ich werde mich selbst nicht schonen. Mein erster Gedanke war ein Karamasowscher. Mich hat einmal eine Tarantel gestochen, Bruder, zwei Wochen lag ich damals im Fieber – genauso fühlte ich in jenem Augenblick! Als ob mich eine Tarantel ins Herz stach, so ein böses Insekt, verstehst du? Ich maß Katerina Iwanowna mit den Augen. Hast du sie gesehen? Sie ist eine Schönheit. Aber nicht dadurch war sie damals so schön. Schön war sie in jenem Augenblick dadurch, daß sie edel war – und ich ein Schuft. Dadurch, daß sie großmütig und bereit war, für den Vater ein Opfer zu bringen, während ich eine Wanze war. Und sie hing von mir ab, von der Wanze und dem Schuft, vollständig, mit Seele und Leib. Sie kam mir vor wie ein zum Fällen bezeichneter Baum. Ich sage dir geradeheraus: Dieser Tarantelgedanke packte mein Herz dermaßen, daß es vor Qual fast verging. Ein innerer Kampf schien gar nicht mehr stattfinden zu können, es trieb mich, zu handeln wie eine Wanze, wie eine böse Tarantel, ohne jedes Mitleid. Es verschlug mir sogar den Atem. Paß auf, ich wäre selbstverständlich gleich am folgenden Tag hingegangen und hätte um ihre Hand angehalten, um alles sozusagen auf die anständigste Weise zum Abschluß zu bringen. Denn ich bin zwar ein Mensch mit niederen Trieben, aber doch ein ehrenhafter Mensch. Und da schien mir in derselben Sekunde plötzlich jemand ins Ohr zu flüstern: Und wenn du morgen mit deinem Heiratsantrag kommst, wird ein solches Mädchen dich nicht einmal empfangen, sondern dem Kutscher befehlen, dich vom Hof zu jagen. Das würde bedeuten: Magst du mich auch in der ganzen Stadt in üblen Ruf bringen – ich fürchte dich nicht! Ich sah das Mädchen an. Meine innere Stimme hatte nicht gelogen: so würde die Sache sicherlich verlaufen. Man würde mich mit Schlägen fortjagen, das konnte man schon aus dem Ausdruck ihres Gesichts schließen. Die Wut kochte in mir, ich hatte Lust zu einem grundgemeinen, abscheulichen Streich. Sie mit spöttischer Miene anzusehen und ihr, während sie so vor mir stand, mit dem Tonfall eines Kaufmanns mitten ins Gesicht zu sagen: Viertausend Rubel! Was sagen Sie da! Ich habe doch nur gescherzt! Sie sind zu leichtgläubig, gnädiges Fräulein. Zweihundert Rubel könnte ich gut und gern lockermachen, aber viertausend Rubel sind eine Summe, gnädiges Fräulein, die man für einen solchen Leichtsinn nicht wegwirft. Sie haben sich vergebens bemüht ...
    Siehst du, ich hätte natürlich alles verloren, sie wäre weggelaufen, aber dafür hätte ich eine teuflische Rache genommen, die mich für alles übrige entschädigt hätte. Mag ich später mein ganzes Leben vor Reue heulen, wenn ich nur jetzt diesen Streich verübe! Glaub mir, noch nie war es mir begegnet, mit keiner einzigen Frau, daß ich sie in so einem Augenblick haßte. Sie habe ich

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