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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Innern losgesagt habe, daran ist kein Zweifel. Doch das war keinerlei persönliche Sünde. Und wenn ja, so nur eine ganz einfache.«
    »Wieso eine ganz einfache?«
    »Du lügst, Verfluchter!« knirschte Grigori.
    »Überlegen Sie doch selbst, Grigori Wassiljewitsch«, fuhr Smerdjakow ruhig und gemessen fort. Er war sich seines Sieges bewußt, übte aber gewissermaßen Großmut mit dem geschlagenen Gegner. »Überlegen Sie doch selbst, Grigori Wassiljewitsch! Es steht doch in der Heiligen Schrift geschrieben: ,Wenn ihr Glauben habt auch nur von der Größe eines kleinen Körnchens und dann zu dem Berg sagt, er solle sich ins Meer begeben, so wird er das ohne Zaudern auf euren Befehl hin tun.‹ Nun gut, Grigori Wassiljewitsch, wenn ich ein Ungläubiger bin und Sie ein solcher Gläubiger, daß Sie mich ständig beschimpfen, dann versuchen Sie doch selbst einmal, diesem Berg zu befehlen, er soll sich zwar nicht gleich, ins Meer – bis zum Meer ist es recht weit –, aber doch wenigstens in das übelriechende Flüßchen hinter unserem Garten begeben. Sie werden selber sehen, daß sich nichts von der Stelle bewegt, sondern alles in der bisherigen Ordnung und dem bisherigen Zusammenhang bleibt, mögen Sie auch noch so viel schreien. Das bedeutet aber doch, daß auch Sie, Grigori Wassiljewitsch, nicht richtig glauben, sondern statt dessen nur andere beschimpfen. Und wenn man außerdem in Betracht zieht, daß in unserer Zeit niemand von den höchsten Persönlichkeiten bis hinab zum niedrigsten Bauer, Berge ins Meer schieben kann, vielleicht außer einem oder höchstens zwei Menschen auf der ganzen Erde, und auch die leben, auf die Rettung ihrer Seele bedacht, wahrscheinlich irgendwo in der ägyptischen Wüste, wo man sie überhaupt nicht finden kann – wenn es sich also so verhält, wenn alle übrigen sich als Ungläubige erweisen, wird Gott der Herr dann alle übrigen, das heißt die Bevölkerung der ganzen Erde außer jenen beiden Einsiedlern, verfluchen und trotz seiner allbekannten Barmherzigkeit keinem von ihnen verzeihen? Also hoffe auch ich, daß mir, sollte auch ich einmal gezweifelt haben, verziehen wird, wenn ich Tränen der Reue vergieße.«
    »Halt!« kreischte Fjodor Pawlowitsch auf dem Höhepunkt des Entzückens. »Du nimmst also an, daß es zwei Menschen gibt, die Berge versetzen können? Iwan, notiere dir das, schreib es dir auf! Darin zeigt sich der ganze Russe!«
    »Sie haben durchaus recht, das ist ein charakteristischer Zug im Glauben des Russen«, stimmte Iwan Fjodorowitsch mit beifälligem Lächeln zu.
    »Du stimmst zu! Also muß es sich so verhalten, wenn sogar du zustimmst! Aljoschka, das ist doch richtig? Das ist doch ein echt russischer Glaube?«
    »Nein, Smerdjakow hat überhaupt keinen russischen Glauben« antwortete Aljoscha ernsthaft und in festem Ton.
    »Ich rede nicht von seinem Glauben. Ich rede von dem charakteristischen Zug, von den beiden Einsiedlern. Nur von einem kleinen charakteristischen Zug! Das ist doch wohl echt russisch, echt russisch!«
    »Ja, dieser Zug ist sehr russisch«, bestätigte Aljoscha lächelnd.
    »Dein Ausspruch ist einen Dukaten wert, Eselin! Ich werde dir noch heute einen schicken. Aber was du sonst gesagt hast, ist Unsinn, Unsinn, Unsinn! Du mußt wissen, du Dummkopf, daß wir hier alle nur aus Leichtsinn ungläubig sind. Weil wir keine Zeit haben. Erstens sind uns die Geschäfte über den Kopf gewachsen, und zweitens gab Gott uns zu wenig Zeit. Er gab dem Tag nur vierundzwanzig Stunden, so daß man nicht einmal ordentlich ausschlafen, geschweige denn bereuen kann. Du aber hast vor den Peinigern deinen Glauben zu einer Zeit verleugnet, wo du an nichts zu denken hattest als an den Glauben, wo du den Glauben erst recht hättest zeigen müssen! Ich meine, das stimmt so, mein Lieber, nicht wahr?«
    »Es wird wohl so stimmen. Aber bedenken Sie, Grigori Wassiljewitsch, gerade dadurch wird meine Ansicht noch bestärkt. Hätte ich damals gehörig an die heilige Wahrheit geglaubt, wäre es in der Tat Sünde gewesen, die Foltern nicht um des Glaubens willen auf mich zu nehmen, sondern zum heidnischen Glauben Mohammeds überzugehen. Aber zu Foltern wäre es dann gar nicht gekommen. Ich hätte ja in jenem Moment bloß zum Berg zu sagen brauchen: Beweg dich und erdrück den Peiniger. Er hätte sich dann in Bewegung gesetzt und ihn augenblicklich wie eine Schabe zerquetscht, ich aber wäre, Gott preisend und lobsingend, davongegangen, als ob nichts geschehen wäre. Doch wenn

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