Die Bucht des grünen Mondes
feuerte in die Luft.
Längst nicht alle sahen auf. Dazu waren Schüsse nicht selten genug. Aber der Kubaner wandte sich ihm schwer atmend zu. «Senhor da Silva», grinste er verstört. Er sah kaum weniger abgerissen als die Sklaven aus. «Diese Wilden sind mal wieder störrisch. Aber das hab ich gleich …»
«Was ist mit ihnen?»
Er deutete zum Igarapé. «Sie sagen, sie hätten den Gott des Flusses gesehen. Sie trauen sich nicht ins Wasser. Aber diese Stelle hier muss trockengelegt werden, oder …», und mit diesen Worten schrie er wieder auf die ängstlich niederkauernden Männer ein, «wollt ihr, dass die Eisenbahn wegen eurer heidnischen Verrücktheiten später übers Wasser fliegt, oder wie?»
Indem er den Lauf auf den Arm des Mannes drückte, konnte Felipe gerade noch verhindern, dass er erneut auf die blutigen Schultern und Rücken einschlug. «Ich sagte, Pause. Leg das Ding weg.»
«Was …»
«Diese heidnische Verrücktheit bedeutet, dass die Indios eine Anakonda gesehen haben! Du kannst gerne hier am Wasser herumstehen und dich fressen lassen, aber diese Männer werden sich jetzt ausruhen und etwas trinken.»
Am ganzen Leib zitterte der Kubaner, so erfüllt schien er von dem Verlangen, auf die Sklaven einzudreschen. «Gut, gut», presste er zwischen den knirschenden Zähnen hervor. Endlich trat er ein Stück zurück und wies sie schreiend an, sich zu ihren Kalebassen zu begeben. Sie taten es gebückt, fast wie Affen. Einen mussten sie mit sich schleifen, da seine Füße ihn nicht tragen wollten. Sogar wie sie das Wasser soffen, wirkten sie wie Tiere.
Auch Felipe überkam der Durst. Mit einer Kalebasse unter dem Arm kehrte er in die Hütte zurück. Kilian Wittstock starrte zur Decke aus gebündelten Palmblättern. Matt wedelte er mit dem Jipijapa vor dem schweißüberzogenen Gesicht herum.
«Diesmal ist es wirklich die Malaria», stöhnte er. «Da fahre ich einmal so weit, um mir die Sache vor Ort anzusehen, und dann das.»
«Sie sollten sich auf Ihr Schiff begeben und heimfahren.»
«Gleich. Erst geben Sie mir den Gin.»
Felipe grub eine der Flaschen aus der festgetretenen Erde, wo sie halbwegs kühl blieben. Aus einem Tütchen schüttelte er Chininpulver ins Glas und füllte es auf. Mochte Gott es geben, dass er nicht ständig hier herausfahren musste, um Berichte über den Fortgang der Arbeiten zu liefern oder mit anzupacken. Er freute sich, nach Manaus zurückzukehren, seinen Campolina zu satteln und einen Ausritt über die Straßen der Stadt zu unternehmen. Unwillkürlich stellte er sich vor, dass er dabei wieder auf Amalie Wittstock traf, wie sie sich in ihrer Unbedarftheit anschickte, etwas Dummes zu tun. Diese Frau war dafür geschaffen, dass sich ein Mann ihrer annahm.
«Sie ist schuld», drang Wittstocks Stimme zu ihm durch.
Sie?
Er fühlte sich ertappt. Sein Herr hatte sich auf die Seite gewälzt und stierte in sein Glas – anscheinend waren ihrer beider Gedanken bei derselben Person.
«Woran, Senhor?», fragte Felipe vorsichtig.
«An meiner Malaria. Ich kriege sie einmal im Jahr. Das letzte Mal ist aber erst ein paar Monate her. Amely hat das Pech nach Manaus gebracht.» Ein Speichelfaden troff ins Glas. Der Mann war wirklich krank.
«Senhor Wittstock, man pflegt Malaria nicht regelmäßig zu bekommen. Ich glaube jedenfalls nicht, dass Moskitos sich an einen Zeitplan halten.»
«Ihre dummen Scherze können Sie sich sparen, da Silva! Na gut, vergessen wir die Malaria. Aber all diese anderen Dinge? Kaum war Amely hier, wurde Gero von einer Schlange getötet. Plötzlich will man diesen Sklavenerlass mit aller Gewalt durchsetzen; sogar der Gouverneur fällt mir wegen dieser Sache in den Rücken! Die Indios, Gott möge sie im ewigen Höllenfeuer schmoren lassen, vernichten meinen einträglichsten Wald. Und dann verliert Amely das Kind. Ich glaube an Gott und mein preußisches Vaterland. Daran, dass Fortschritt ohne den Kautschuk nicht möglich ist und dass die brasilianische Nation eine der reichsten der Welt werden wird. Ich glaube, dass zu alldem nicht nur Fleiß, sondern auch Zufall gehört. Eine Menge Zufall. Aber diese Abfolge von Unglücken?»
«Pech, Senhor Wittstock. Einfach nur Pech. Und gleichgültig, was es nun ist – inwiefern sollte die Senhora daran Schuld tragen? Vielleicht stellt sie sich die gleichen Fragen.»
«Ja. Ja, natürlich», Wittstock schüttete den Gin in sich hinein. «Die Schwarze Maria tut das ja auch. Sie hat Reisteller in den Garten gestellt,
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