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Die Bücherdiebin

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Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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sich und malten a n einige Türen die Buchstaben
    LSR Luftschutzraum
    Der Junge drehte sich mit dem Ball herum, gerade als Liesel ihn erreichte, und sie stießen mit solcher Wucht zusammen, dass das Spiel unterbrochen wurde. Der Ball rollte davon, und Spieler liefen herbei. Liesel hielt sich mit einer Hand ihr aufgeschürftes Knie und mit der anderen ihren Kopf. Klaus Behrig hielt sich lediglich das rechte Schienbein und schnitt eine Grimasse. Er fluchte. »Wo ist sie?«, stieß er hervor. »Ich bring sie um.«
    Aber dazu kam es nicht.
    Es kam schlimmer.
    Ein freundliches Parteimitglied hatte den Vorfall mit angesehen und kam pflichteifrig herbeigetrabt. »Was ist hier passiert?«, fragte er.
    »Das ist eine Irre!«, erklärte Klaus und deutete auf Liesel, woraufhin der Mann ihr aufhalf. Sein Tabakatem bildete einen geräucherten Hügel vor ihrem Gesicht.
    »Ich glaube nicht, dass du in diesem Zustand weiterspielen kannst, Mädchen«, sagte er. »Wo wohnst du?«
    »Mir geht's gut!«, antwortete sie. »Wirklich, ich schaffe das schon allein.« Lass mich in Ruhe, lass mich bloß in Ruhe!
    In diesem Moment trat Rudi vor, der ewige Vortreter. »Ich bring dich nach Hause«, sagte er. Warum konnte er sich nicht wenigstens dieses eine Mal um seine eigenen Angelegenheiten kümmern?
    »Wirklich«, sagte Liesel, »spiel ruhig weiter, Rudi. Ich schaffe das schon.«
    »Nein, nein.« Er ließ sich nicht beirren. Diese Sturheit! »Es dauert doch nur zwei, drei Minuten.«
    Wieder musste sie nachdenken, und wieder konnte sie es. Als Rudi sie stützen wollte, ließ sie sich erneut zu Boden fallen, diesmal auf den Rücken. »Mein Papa«, krächzte sie. Der Himmel, so sah sie, war gänzlich blau. Nicht einmal der Hauch einer Wolke. »Holst du bitte meinen Papa, Rudi?«
    »Bleib hier.« Seine Stimme erklang rechts von ihr. »Tommi, pass auf sie auf, ja? Sorg dafür, dass sie sich nicht bewegt.«
    Tommi stand stramm. »Klar, Rudi.« Er stand über ihr, zuckend und verzweifelt bemüht, nichl zu lächeln. Liesel behielt den Nazi im Auge.
    Eine Minute später stand Hans Hubermann über ihr. Er war die Ruhe selbst.
    »Papa.«
    Ein trauriges Lächeln bemächtigte sich seiner Lippen. »Na, das musste ja eines Tages passieren.«
    Er hob sie auf und brachte sie nach Hause. Das Spiel ging weiter, und der Nazi hatte schon die Tür einige wenige Häuser weiter erreicht. Niemand öffnete. Rudi rief ihnen nach.
    »Brauchen Sie Hilfe, Herr Hubermann?«
    »Nein, nein, spielen Sie nur weiter, Herr Steiner.« Herr Steiner. Man musste Liesels Papa einfach lieben.
    Sie waren kaum im Haus, da informierte ihn Liesel über die Gefahr. Sie versuchte, den Mittelweg zwischen Schweigen und Verzweiflung zu finden. »Papa.«
    »Nicht sprechen.«
    »Die Partei«, flüsterte sie. Papa blieb stehen. Er unterdrückte das Verlangen, die Tür zu öffnen und auf die Straße zu schauen. »Sie schauen sich die Keller an, wegen der Luftschutzräume.«
    Er setzte sie ab. »Kluges Mädchen«, sagte er und rief dann nach Rosa.
    Ihnen blieb eine Minute, um einen Plan zu entwickeln. Eine Keilerei um Gedanken. »Wir bringen ihn einfach in Liesels Zimmer«, war Mamas Vorschlag. »Unters Bett.« »Und dann? Was, wenn sie auch unsere Zimmer durchsuchen?« »Hast du eine bessere Idee?«
    Ich muss mich korrigieren: Ihnen blieb nicht einmal mehr eine Minute.
    Ein siebenteiliges Klopfen wurde gegen die Tür der Himmelstraße 33 gehämmert. Es war zu spät, um irgendjemanden irgendwohin zu bringen.
    Die Stimme.
    »Aufmachen!«
    Ihre Herzschläge kämpften gegen sich selbst, ein Durcheinander aus Rhythmen. Liesel versuchte, ihr Herz herunterzuschlucken. Es schmeckte nicht fröhlich.
    Rosa flüsterte: »Jesus, Maria ...«
    An diesem Tag war es Papa, der sich zu ungeahnter Größe aufschwang. Er eilte zur Kellertür und warf eine Warnung die Treppe hinunter. Als er wiederkam, sprach er schnell und ohne Stocken. »Hört zu. Wir haben keine Zeit für irgendwelche Tricks. Wir könnten ihn auf hundert verschiedene Arten ablenken, aber es gibt nur eine einzige Möglichkeit.« Er warf einen Blick auf die Tür und sagte: »Wir tun nichts.«
    Das war nicht die Antwort, die Rosa hören wollte. Ihre Augen weiteten sich. »Nichts? Bist du verrückt?«
    Das Klopfen ging weiter.
    Papa blieb hart. »Nichts. Wir gehen nicht einmal mit nach unten - als ob es uns überhaupt nicht kümmert.«
    Alles passierte in Zeitlupe.
    Rosa nahm den Vorschlag an.
    Verkrampft vor Angst, schüttelte sie den Kopf und ging,

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