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Die Bücherdiebin

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Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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Nahm Max jetzt die Stelle ihres Bruders ein? Und wenn es so war, wie konnte sie sich dann solcherart ihres eigenen Fleisches und Blutes entledigen? Vielleicht hegte sie tief in ihrem Innern den Wunsch, dass Max sterben möge. Immerhin war der Tod gut genug für ihren Bruder gewesen. Warum also nicht auch für einen Juden?
    »Denkst du das wirklich?«, wisperte sie über das Bett gebeugt. »Nein.« Sie konnte es nicht glauben. Ihre Antwort hielt stand, während die Taubheit der Nacht wich und die verschiedenen Formen - groß und klein - auf dem Nachttisch sichtbar wurden. Die Geschenke.
    »Wach auf«, sagte sie.
    Max wachte nicht auf.
    Es dauerte noch weitere acht Tage.
    In der Schule knirschten Knöchel an der Tür.
    »Herein«, sagte Frau Olendrich.
    Die Tür öffnete sich, und ein ganzes Klassenzimmer voller Kinder schaute voller Überraschung auf Rosa Hubermann, die im Türrahmen stand. Einige keuchten bei dem Anblick auf - ein Kleiderschrank von einer Frau mit einem Hohnlächeln aus Lippenstift und ätzenden Augen. Sie. War eine Legende. Sie trug ihre besten Kleider, aber ihre Haare waren gelöst und völlig durcheinander. Und sie sahen tatsächlich aus wie ein Tuch aus elastischen grauen Strähnen.
    Die Lehrerin fürchtete sich ganz offensichtlich. »Frau Hubermann...« Ihre Bewegungen rutschten durcheinander. Suchend blickte sie in die Runde. »Liesel?«
    Liesel schaute Rudi an, stand auf und ging, so schnell sie konnte, zur Tür, um der Peinlichkeil baldmöglichst ein Ende zu bereiten. Die Tür schloss sich hinter ihr, und jetzt war sie allein im Flur, mit Rosa.
    Rosa schaute zur Seite.
    »Was ist los, Mama?«
    Rosa drehte sich um. »Tu bloß nicht so unschuldig, du Saumensch!« Liesel fühlte sich von der Geschwindigkeit der Worte wie aufgespießt. »Meine Bürste!« Ein Lachen tröpfelte unter der Tür hindurch, zog sich jedoch umgehend zurück.
    »Mama?«
    Ihr Gesicht war ernst und froh zugleich. »Was zum Teufel hast du mit meiner Bürste angestellt, Saumensch, dreckiges? Ich habe dir schon hundert Mal gesagt, dass du deine Finger davon lassen sollst. Gehorchst du etwa? Nein, natürlich nicht!«
    Die Tirade ging noch etwa eine Minute so weiter, während Liesel verzweifelt einen oder zwei Vorschläge einwarf, wo sich die gesuchte Bürste befinden konnte. Alles endete unvermittelt, als Rosa Liesel an sich zog, nur für ein paar Sekunden. Ihr Flüstern w ar kaum hörbar, obwohl sie so nah beieinander standen. »Du hast mir doch gesagt, ich soll dich anschreien. Du hast gesagt, dass dann keiner Verdacht schöpfen würde.« Sie schaute nach rechts und nach links. Ihre Stimme war so dünn wie Nadel und Faden. »Er ist aufgewacht, Liesel. Er ist wach.« Aus ihrer Tasche zog sie den Zinnsoldaten mit der zerkratzten Haut. »Er sagte, ich soll dir das hier geben. Das Geschenk hat er am liebsten.« Sie gab es Liesel, hielt ihre Arme fest und lächelte. Ehe Liesel noch antworten konnte, hob Rosa wieder ihre Stimme. »Na? Antworte mir! Hast du noch eine Idee, wo du die Bürste liegen gelassen haben könntest?«
    Er lebt, dachte Liesel. »Nein, Mama... tut mir leid, Mama. Ich ...«
    »Du bist aber auch zu gar nichts zu gebrauchen.« Sie ließ Liesel los, nickte und ging davon.
    Ein paar Augenblicke blieb Liesel einfach stehen. Der Flur war riesig. Sie betrachtete den Zinnsoldaten in ihrer Handfläche. Instinktiv wollte sie sofort nach Hause rennen, aber die Vernunft gestattete es nicht. Stattdessen steckte sie den zerschundenen Soldaten in ihre Tasche und kehrte ins Klassenzimmer zurück.
    Alle warteten.
    »Dumme Kuh«, sagte sie leise.
    Wieder lachten alle. Außer Frau Olendrich. »Was hast du gesagt?«
    Liesel war so gut gelaunt, dass sie sich unangreifbar fühlte. »Ich sagte«, strahlte sie, »dumme Kuh.« Es dauerte keine halbe Sekunde, da klebte ihr die Hand der Lehrerin im Gesicht.
    »Sprich gefälligst nicht so über deine Mutter«, sagte sie, aber ihre Handlung zeigte kaum Wirkung. Das Mädchen stand einfach nur da und versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken. Heute hätte sie hundert Watschen ertragen.
    »Jetzt setz dich wieder auf deinen Platz.«
    »Ja, Frau Olendrich.«
    Neben ihr wagte Rudi zu sprechen.
    »Jesus, Maria und Josef«, flüsterte er. »Ich kann ihre Hand auf deinem Gesicht sehen. Eine große, rote Hand. Fünf Finger.«
    »Gut«, sagte Liesel, denn Max war am Leben.
    Als sie an diesem Nachmittag nach Hause kam, saß er im Bett und hatte den schlaffen Fußball auf dem Schoß liegen. Sein Bart

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