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Die Bücherdiebin

Die Bücherdiebin

Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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und Vorlesen. Ihr Mund war trocken, aber die Bücherdiebin schaffte vierundfünfzig Seiten.
    Die meisten Kinder schliefen fest und hörten nicht die Sirenen, die erneut Sicherheit verkündeten. Ihre Eltern weckten sie oder trugen sie die Kellertreppe hinauf in eine Welt aus Dunkelheit.
    Weit entfernt brannte es, und ich hatte gerade über zweihundert ermordete Seelen aufgelesen. Ich war auf dem Weg nach Molching, um eine weitere zu holen.
    Die Luft über der Himmelstraße war rein.
    Die Sirenen hatten etliche Stunden lang abgewartet, für den Fall, dass eine neuerliche Bedrohung auftauchte, und der Rauch hatte sich in die Atmosphäre verzogen.
    Es war Bettina Steiner, die das kleine Feuer und den Streifen Rauch bemerkte, weiter unten, in der Nähe der Amper. Er zog in den Himmel, und das Mädchen hob den Finger. »Schaut mal.«
    Das Mädchen hatte es zuerst bemerkt, aber es war Rudi, der handelte. In seiner Hast vergaß er, den Werkzeugkasten abzustellen. Er sprintete zum Fuß der Himmelstraße, sauste durch ein paar Seitenstraßen und trat dann in den Wald. Liesel folgte ihm auf dem Fuße (nachdem sie ihre Bücher bei der heftig protestierenden Rosa abgeladen hatte), und dann kamen vereinzelte Leute aus verschiedenen Luftschutzkellern.
    »Rudi, warte!«
    Rudi wartete nicht.
    Liesel konnte lediglich den Werkzeugkasten zwischen den Bäumen erkennen, während er dem ersterbenden Glühen und dem umnebelten Flugzeug entgegenrannte. Es hockte rauchend auf einer Lichtung neben dem Fluss. Der Pilot hatte versucht, dort zu landen.
    Zwanzig Meter vor dem Flugzeug blieb Rudi stehen.
    Wir kamen beide beinahe gleichzeitig dort an, und ich bemerkte ihn, wie er da stand und nach Luft schnappte.
    Die Glieder der Bäume lagen im Dunkeln verstreut.
    Um das Flugzeug herum waren Zweige und Nadeln aufgehäuft, wie Brennstoff. Zu seiner Linken hatten sich drei Kerben in die Erde gebrannt. Das langsamer werdende Ticken erkaltenden Metalls jagte die Minuten und Sekunden, bis es Rudi und Liesel so vorkam, als würden sie schon seit Stunden dastehen. Die wachsende Menge versammelte sich hinter ihnen. Ihr Atem und ihre Sätze klebten an Liesels Rücken.
    »Na?«, sagte Rudi. »Wollen wir mal nachschauen?«
    Er ging durch die Reste der Bäume dorthin, wo der Rumpf des Flugzeuges in den Boden gegraben war. Die Nase lag im fließenden Wasser, und die Flügel waren nach hinten abgeknickt.
    Rudi umkreiste das Flugzeug langsam, vom Heck aus rechts herum. »Da ist überall Glas«, sagte er. »Wahrscheinlich von der Windschutzscheibe.« Und dann sahen sie den Körper. Rudi Steiner hatte noch nie ein so bleiches Gesicht gesehen. »Komm nicht her, Liesel.« Aber Liesel kam doch.
    Sie konnte das fast bewusstlose Gesicht des feindlichen Piloten sehen. Die hohen Bäume schauten, und der Fluss strömte dahin. Das Flugzeug gab gelegentlich ein Husten von sich, und der Kopf im Innern rollte von links nach rechts. Er sagte etwas, was sie selbstverständlich nicht verstanden.
    »Jesus, Maria und Josef«, flüsterte Rudi. »Er lebt.«
    Der Werkzeugkasten schlug rumpelnd gegen die Flanke des Flugzeugs und zog den Klang von weiteren menschlichen Stimmen und Schritten nach sich.
    Der Feuerschein war nun vergangen, und der Morgen war still und schwarz. Nur der Rauch stellte sich ihm in den Weg, aber auch der würde schon bald erschöpft sein.
    Die Wand aus Bäumen verstellte den Blick auf das brennende München. Mittlerweile hatten sich die Augen des Jungen nicht nur an die Dunkelheit gewöhnt, sondern auch an das Gesicht des Piloten. Die Augen waren wie Kaffeeflecke, und Schnittwunden überzogen seine Wangen und sein Kinn. Der gekräuselte Stoff seiner Uniform lag unordentlich auf seiner Brust.
    Trotz Rudis Warnung kam Liesel noch näher, und ich sage euch, dass wir einander in genau diesem Moment erkannten.
    Ich weiß, wer du bist, dachte ich.
    Es waren einmal ein Zug und ein hustender Junge. Da waren einmal Schnee und ein in Tränen aufgelöstes Mädchen.
    Du bist gewachsen, dachte ich, aber ich erkenne dich.
    Sie wich nicht zurück, versuchte auch nicht, gegen mich anzukämpfen, aber ich bin mir sicher, dass irgendetwas dem Mädchen verriet, dass ich da war. Konnte sie meinen Atem riechen? Konnte sie meinen verfluchten, kreisenden Herzschlag hören, der sich wie die Sünde, die er ist, in meiner tödlichen Brust um sich selbst dreht? Ich weiß es nicht, aber sie erkannte mich. Sie schaute mir ins Gesicht, und sie schaute nicht weg.
    Der Himmel wurde äschern,

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