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Die Bücherdiebin

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Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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du geworden bist!« In seinen Augen stand tiefe Traurigkeit. Sie liefen über. »Liesel... Sie haben mich vor ein paar Monaten erwischt.« Die Stimme war verkrüppelt, aber sie kroch zu ihr. »Auf halbem Weg nach Stuttgart.«
    Von inmitten der Menge aus betrachtet, war der Strom aus Juden ein trübes Durcheinander aus Armen und Beinen. Zerfetzte Uniformen. Die Soldaten hatten sie noch nicht gesehen, und Max sprach eine Warnung aus. »Du musst mich gehen lassen, Liesel.« Er versuchte sogar, sie wegzuschieben, aber das Mädchen war zu stark. Max' hungernde Arme konnten sie nicht bewegen, und so ging sie weiter, inmitten des Schmutzes, des Hungers und der Verwirrung.
    Nach einer langen Reihe aus Schritten bemerkte sie der erste Soldat.
    »He!«, rief er hinein. Er deutete mit der Peitsche auf sie. »He, Mädchen, was machst du da? Komm da raus!«
    Als sie ihn nicht beachtete, benutzte der Soldat seinen Arm, um die klebrige Masse aus Menschen zu teilen. Er schob sie beiseite und ging zwischen ihnen hindurch. Er türmte sich über Liesel auf, die sich wehrte und die erstickte Miene von Max Vandenburg erblickte. Sie hatte ihn schon verängstigt erlebt, aber noch nie so wie jetzt.
    Der Soldat nahm sie.
    Seine Hände vergriffen sich an ihrer Kleidung.
    Sie fühlte die Knochen in seinen Fingern und die Kugeln seiner Fingergelenke. Sie rissen an ihrer Haut. »Ich sagte, geh da raus!«, befahl er. Jetzt zerrte er das Mädchen zur Seite und stieß sie gegen die Wand aus zuschauenden Deutschen. Es wurde wärmer. Die Sonne brannte ihr ins Gesicht. Das Mädchen war schmerzhaft aufgeschlagen, aber jetzt stand sie wieder. Sie atmete tief durch und wartete. Dann ging sie wieder hinein.
    Diesmal kam Liesel von hinten.
    Vor sich konnte sie das deutliche Geäst aus Haaren sehen und ging darauf zu.
    Diesmal streckte sie nicht die Hand aus. Sie blieb stehen. Irgendwo in ihr drin steckten die Seelen von Worten. Sie kletterten heraus und stellten sich neben sie.
    »Max«, sagte sie. Er drehte sich um und schloss kurz die Augen, während sie fortfuhr. »Es war einmal ein seltsamer kleiner Mann«, sagte sie. Ihre Arme hingen locker herab, aber ihre Hände lagen zu Fäusten geballt an ihren Oberschenkeln. »Aber es war auch einmal eine Worteschüttlerin.«
    Einer der Juden auf dem Weg nach Dachau blieb ebenfalls stehen.
    Er stand völlig still, während die anderen verdrießlich um ihn herumliefen und ihn allein ließen. Seine Augen torkelten. Es war so einfach. Die Worte wurden von dem Mädchen zu dem Juden gereicht. Sie kletterten an ihm empor.
    Als sie wieder sprach, stürzten Fragen aus ihrem Mund. Heiße Tränen kämpften in ihren Augen um Raum, weil sie sie nicht herauslassen wollte. Es war besser, entschieden und stolz zu bleiben. Sollten doch die Worte die Arbeit erledigen. »>Bist du es wirklich?<«, sagte sie. »>War es deine Wange, von der ich den Samen nahm?<«
    Max Vandenburg stand weiter still. Er ging nicht in die Knie.
    Menschen und Juden und Wolken - alles hielt inne. Alles sah zu.
    Max stand da und schaute zuerst das Mädchen an, dann den Himmel, der weit und blau und herrlich war. Mächtige Strahlen - Balken aus Sonne - fielen hierhin und dorthin auf die Straße, prächtig anzusehen. Wolken bogen ihre Rücken, um hinter sich zu schauen, während sie weiterzogen. »Es ist so ein schöner Tag«, sagte er, und seine Stimme lag in Stücken. Ein großartiger Tag, um zu sterben. Ein großartiger Tag, um zu sterben, einfach so.
    Liesel ging auf ihn zu. Sie hatte den Mut, die Hände auszustrecken und sein bärtiges Gesicht zu halten. »Bist du es wirklich, Max?«
    Solch ein herrlicher deutscher Tag, und solch eine aufmerksame Zuschauermenge.
    Er ließ seinen Mund ihre Handfläche küssen. »Ja, Liesel, ich bin es.« Er hielt ihre Hand an sein Gesicht und weinte in ihre Finger. Er weinte, als die Soldaten kamen und eine kleine Ansammlung von anmaßenden Juden stehen blieb und zuschaute.
    Im Stehen wurde er ausgepeitscht.
    »Max«, weinte das Mädchen.
    Dann lautlos, während man sie wegschaffte.
    Max.
    Jüdischer Faustkämpfer.
    Maxi Taxi. So nannte dich dieser Freund in Stuttgart, als du auf der Straße gekämpft hast, weißt du noch? Weißt du noch, Max? Du hast es mir erzählt. Ich erinnere mich an alles ...
    Das warst du - der Junge mit den harten Fäusten, und du sagtest, du würdest dem Teufel ins Gesicht schlagen, wenn er käme, um dich zu holen.
    Erinnerst du dich an den Schneemann, Max?
    Erinnerst du dich? Im

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