Die Büchse der Pandora
je auf Gottes Erde wandelten!«
»Du vergisst, dass ich ihn im Krieg gefahren habe, als er General war. Ah! Die guten alten Zeiten!«
»Das waren sie«, bestätigte Tommy. »Wunderschöne Frauen kamen an mein Bett, um mir die Hand zu halten – damals im Lazarett. Trotzdem schicke ich denen nicht allen ein Hochzeitsgeschenk. Ich glaube nicht, dass die Braut sich sehr über deine Gabe freuen wird, Tuppence.«
»Wunderbar schlank, genau richtig für die Jackentasche, findest du nicht?«, sagte Tuppence, ohne auf seine Bemerkungen einzugehen.
Tommy schob es in die Jackentasche.
»Genau richtig«, sagte er lobend. »Hallo, da kommt Albert mit der Nachmittagspost. Höchstwahrscheinlich will uns die Herzogin von Pertheshire engagieren, damit wir ihren kostbaren Pekinesen wiederfinden.«
Gemeinsam gingen sie die Post durch. Plötzlich stieß Tommy einen langen Pfiff aus und hielt einen der Briefe in die Höhe.
»Ein blauer Umschlag mit russischer Briefmarke. Weißt du noch, was der Chef gesagt hat? Nach ebensolchen Briefen sollen wir Ausschau halten.«
»Wie aufregend«, sagte Tuppence. »Endlich passiert etwas. Mach ihn auf und sieh nach, ob auch der Inhalt nach Plan ist. Der Schinkenhändler, war es nicht so? Warte kurz. Wir wollen doch sicherlich Milch zum Tee. Heute Morgen wurde keine gebracht. Ich schicke Albert, welche zu holen.«
Als sie Albert auf seinen Botengang geschickt hatte und aus dem Vorzimmer zurückkehrte, stand Tommy mit dem blauen Briefbogen in der Hand da.
»Genau, wie wir vermutet haben, Tuppence«, verkündete er. »Fast Wort für Wort, was der Chef gesagt hat.«
Tuppence nahm ihm den Brief aus der Hand und fing an zu lesen.
Er war in sorgsamem, gestelztem Englisch verfasst und stammte angeblich von einem Gregor Feodorsky, der voller Sorge auf Nachricht von seiner Frau hoffte. Die Internationale Detektei wurde dringend gebeten, keine Kosten zu scheuen und ihr Bestes zu geben, um sie aufzuspüren. Aufgrund einer Krise auf dem Schweinefleischmarkt konnte Feodorsky selbst Russland derzeit unmöglich verlassen.
»Ich frage mich, was das wirklich bedeutet«, sagte Tuppence nachdenklich, während sie das Blatt auf dem Tisch glatt strich.
»Eine verschlüsselte Nachricht, würde ich sagen«, antwortete Tommy. »Aber das ist nicht unsere Aufgabe. Unsere Aufgabe ist es, den Brief so schnell wie möglich an den Chef weiterzuleiten. Wir überprüfen nur, ob er echt ist, indem wir die Briefmarke aufweichen und schauen, ob da drunter die sechzehn steht.«
»Einverstanden«, sagte Tuppence. »Aber ich glaube doch…«
Sie stockte mitten im Satz, und Tommy, von ihrer unerwarteten Pause überrascht, schaute auf und sah die kräftige Figur eines Mannes im Türrahmen stehen.
»Ich muss mich entschuldigen«, sagte der Fremde und trat mit dem Hut in der Hand ein. »Ich fand Ihr Vorzimmer leer und diese Tür offen vor, da habe ich es gewagt, einzudringen. Dies ist doch Blunts Internationale Detektei, nicht wahr?«
»Aber gewiss.«
»Dann sind Sie vielleicht Mr Blunt? Mr Theodore Blunt?«
»Ich bin Mr Blunt. Sie wollten zu mir? Das ist meine Sekretärin Miss Robinson.«
Anmutig senkte Tuppence den Kopf, wobei sie den Fremden weiterhin durch die gesenkten Augenwimpern musterte. Sie fragte sich, wie lange er schon im Türrahmen gestanden, wie viel er gehört und gesehen hatte. Auch entging es ihrer Aufmerksamkeit nicht, dass sein Blick, selbst während er mit Tommy sprach, immer wieder zu dem blauen Blatt Papier in ihrer Hand zurückwanderte.
Tommys Stimme, scharf und mit warnendem Unterton, holte sie zu den Anforderungen des Augenblicks zurück.
»Mitschreiben bitte, Miss Robinson. Nun, Sir, wollen Sie so freundlich sein, mir den Fall zu schildern, in dem Sie um meinen Rat ersuchen?«
Tuppence griff nach Papier und Stift.
Der kräftige Mann sprach mit recht schroffer Stimme.
»Mein Name ist Bower. Dr. Charles Bower. Ich lebe in Hampstead, wo ich eine Praxis betreibe. Ich bin zu Ihnen gekommen, Mr Blunt, weil sich in letzter Zeit einige äußerst seltsame Vorkommnisse zugetragen haben.«
»Ja, Dr. Bower?«
»Im Laufe der vergangenen Woche wurde ich zweimal telefonisch zu einem Notfall gerufen und musste in beiden Fällen feststellen, dass diese Notrufe nicht echt waren. Beim ersten Mal dachte ich noch, jemand hätte sich einen Scherz mit mir erlaubt, doch als ich beim zweiten Mal in die Praxis zurückkehrte, fiel mir auf, dass einige meiner privaten Unterlagen verschoben und in Unordnung gebracht
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