Die Chaosschwestern sind die Größten!
die klitzekleinste. Alles ist total hoffnungslos. Aurora kommt nur frei, wenn ich ins Gefängnis gehe. Und Iris und Cornelius weinen bestimmt die nächsten drei Jahre, wenn sie hören, dass ihre Tochter eine Diebin ist.
Und – schluck, schluck, schluck – da muss ich echt beinahe selbst heulen.
Ja, Abhauen ist wohl der einzige Ausweg. Aber was wird dann mit Aurora?
Ich muss wenigstens bei uns zu Hause Bescheid sagen, wo Aurora ist. Ich kann sie nicht einfach so im Stich lassen, bloß weil es für mich keine Rettung mehr gibt.
Uuuuuh, als ich an zu Hause denke, kriege ich so ein fieses Drücken im Bauch, dass ich mich nicht nur schrecklich, sondern auch ganz tief elendig einsam fühle.
Und immer noch strömen die Leute mit leeren Taschen in den Laden rein und mit fett gefüllten raus. Rein, raus.
Da muss ich wieder an die Omi mit dem lumpigen Mantel und der abgewetzten Tasche denken. Ich wette, die würde auch gern in so einen Laden reinmarschieren und genug Geld haben, um mit leckeren und bezahlten Sachen wieder rauszumarschieren. Was für ein armes Leben! Mir tut die Omi echt leid.
BIS mir einfällt, dass natürlich eigentlich die Omi Schuld an meinem Elend ist! Ohne die würde ich jetzt glücklich durch die Stadt spionieren. Aurora würde fröhlich herumflattern. Ich hätte nicht vor lauter Unglück gebrüllt, dass ich ausziehe, sondern könnte irgendwann ohne Probleme einfach nach Hause gehen. DANK DER OMI aber habe ich Probleme. So dicke, dass die niemand auf der Welt mehr lösen kann.
NEIN! Nicht heulen! Jetzt muss ich zu Hause anrufen. Damit die wissen, wo Aurora ist.
Ich fummele in meiner Hosentasche und finde die Geldkarte, die Iris mir gegeben hat, um im Notfall telefonieren zu können. (Einen Notfall habe ich mir allerdings immer ganz anders vorgestellt. Nämlich, dass jemand ANDERES in Not ist. Und nicht ich .) Unten am Fluss ist eine Telefonzelle.
Als ich Livis Stimme höre, wird mir so warm und ich werde so sehnsüchtig – ach, wie schön war mein früheres Leben, in dem ich keine Probleme hatte –, dass sich in meinem Hals ein Kloß zusammenballt und die Tränen aus meinen Augen stürzen, ohne dass ich was dagegen tun kann.
»Malea? Wo bist du? Was ist passiert?«, ruft meine liebe Livi in den Hörer, und ich kann ihre vor Schreck aufgerissenen Augen direkt vor mir sehen.
Und da kriege ich so unfassbar dolle Sehnsucht auch nach meiner langweiligen Miesmuschel-Schwester, dass ich nur noch schluchzen kann.
Oh, Livi, Livi, rette mich!, möchte ich eigentlich rufen. Aber das wäre natürlich total dämlich. Und überhaupt – wie sollte Livi mich denn retten?
»Ich komme«, ruft Livi. » Bleib, wo du bist!«
Buhuhuuuuu! Ich kann nur noch heulen und heulen. Aber ich reiße mich zusammen und schaffe es, wenigstens noch zu sagen, dass der Kerl Aurora hat.
Ich bin mir nicht sicher, ob Livi verstanden hat, was los ist, aber das soll sie ja auch nicht. Sie soll nur Aurora retten.
Ich will mich gerade wieder auf den Weg zu meiner Hecke machen, um den Laden zu beobachten, bis Livi auftaucht (und dann werde ich wohl abhauen – wohin läuft man eigentlich, wenn man von zu Hause wegläuft?), da höre ich quietschende Reifen hinter mir.
Echt, wie manche Leute in der Stadt Auto fahren! Was für ein Idiot! Ich drehe mich um und stehe … direkt vor Cornelius’ Auto.
Bevor ich richtig begreife, dass mein Vater plötzlich hier ist, hüpft Livi vom Beifahrersitz und ist neben mir. »Malea! Süße! Alles in Ordnung?«
Ich starre sie an wie einen von Remas Geistern. Ob alles in Ordnung ist? NEIN, NATÜRLICH NICHT ! Alles ist so grausam schrecklich NICHT in Ordnung, dass … dass … ich einfach nur heulen kann.
»Malea, süße, süße Malea!«, murmelt Livi und nimmt mich in den Arm und drückt mich so fest, als hätte sie mich drei Jahre nicht gesehen.
Cornelius will ebenfalls schon auf mich zustürzen, doch da wird er von einer Verkehrspolizistin festgehalten. (Das passiert ihm durchaus gelegentlich mal.)
» HALLO-HALLOOO !«, donnert die Polizistin und versperrt ihm den Weg. »Sie wollen hier ja wohl nicht mitten auf dem Gehweg stehen bleiben?«
»Hrrrghh«, macht Cornelius, so wie er das immer macht, wenn er weiß, dass er keine guten Karten hat.
Trotz der Tränen muss ich beinahe grinsen. Doch dann merke ich, wie lieb ich auch Cornelius habe und wie sehr ich mich nach allen sehne und dass ich fiese weit weg von allen sein werde, sobald ich abgehauen bin, und so schluchze ich doch noch eine
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