Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6
erstaunt an. »Bei den Göttern, Herr, mußt du aber betrunken gewesen sein, daß du das vergessen hast. Der Goldene General und die guten Drachen...«
»Ach ja«, unterbrach Tanis eilig.
»Ich halte hier am Fischmarkt an«, sagte David und sprang vom Wagen. »Sie werden es wissen.«
»Wir kommen mit dir.« Tanis machte den anderen Zeichen.
»Was gibt’s Neues?« rief David, während er auf eine Gruppe von Männern und Frauen zulief, die vor einem Geschäft standen.
Einige Männer drehten sich sofort um und sprachen alle auf einmal. Tanis, der hinter dem Jungen ging, fing nur Bruchstücke der aufgeregten Unterhaltung auf. »Goldener General gefangengenommen!... Stadt dem Untergang geweiht... Leute fliehen... böse Drachen...«
Die Gefährten verstanden absolut nichts. Die Leute schienen nur widerstrebend in Anwesenheit von Fremden reden zu wollen – warfen ihnen düstere, mißtrauische Blicke zu, besonders in Anbetracht ihrer eleganten Kleidung.
Die Gefährten dankten David noch einmal für die Mitnahme in die Stadt, dann ließen sie ihn bei seinen Freunden zurück. Nach einer kurzen Diskussion entschieden sie, zum Marktplatz zu gehen, in der Hoffnung, mehr Einzelheiten über die Ereignisse zu erfahren. Die Menge wurde immer dichter, je weiter sie gingen, bis sie sich schließlich ihren Weg durch die vollen Straßen bahnen mußten. Die Leute rannten hin und her, fragten nach den neuesten Nachrichten, schüttelten verzweifelt die
Köpfe. Gelegentlich sahen sie Stadtbewohner mit schnell zusammengepackten Bündeln auf die Stadttore zusteuern.
»Wir sollten uns Waffen kaufen«, schlug Caramon grimmig vor. »Die Neuigkeiten klingen nicht gut. Wer ist wohl dieser Goldene General ? Die Leute scheinen eine Menge von ihm zu halten, wenn sein Verschwinden sie in solch eine Unruhe versetzt.«
»Wahrscheinlich ein Ritter von Solamnia«, antwortete Tanis. »Und du hast recht, wir sollten uns Waffen kaufen.« Er faßte in seinen Gürtel. »Verdammt! Ich hatte eine Börse mit lustigen alten Münzen, aber sie ist verschwunden! Als ob wir nicht schon genug Ärger hätten...«
»Warte mal!« knurrte Caramon und faßte an seinen Gürtel. »Was ist das... Meine Börse war hier noch vor einer Sekunde!« Er wirbelte herum und erhaschte einen Blick auf eine kleine Gestalt, die mit einer verschlissenen Börse in der Hand in der Menge untertauchte. »He! Du! Die gehört mir!« brüllte Caramon. Die Leute grob auseinanderschiebend, sprang er dem kleinen Dieb nach. Er streckte seine riesige Hand aus, bekam eine Wollweste zu packen und hob die sich windende Gestalt hoch. »Jetzt gib sie mir zurück...« Der riesige Krieger keuchte. »Tolpan!«
»Caramon!« schrie Tolpan.
Caramon ließ ihn vor Erstaunen fallen. Tolpan blickte wild um sich. »Tanis!« schrie er, als er den Halb-Elfen durch die Menge kommen sah. »O Tanis!« Tolpan lief mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. Der Kender vergrub sein Gesicht in Tanis’ Gewand und brach in Tränen aus.
Die Bewohner von Kalaman standen auf den Mauern ihrer Stadt. Noch vor wenigen Tagen hatten sie dasselbe getan, nur war ihre Stimmung festlich gewesen, als die Ritter und die guten Drachen ihren triumphalen Einzug in die Stadt hielten. Jetzt waren sie gedämpft, grimmig vor Verzweiflung. Sie sahen über die Ebenen, als die Sonne den Zenit erreicht hatte. Es war gleich Mittag. Sie warteten schweigend.
Tanis stand neben Flint, seine Hand ruhte auf der Schulter des Zwerges. Der alte Zwerg war beim Anblick seines Freundes fast zusammengebrochen.
Es war ein trauriges Wiedersehen gewesen. Eilig und mit gebrochenen Stimmen hatten Flint und Tolpan abwechselnd ihren Freunden erzählt, was seit ihrer Trennung in Tarsis einige Monate vorher geschehen war. So erfuhren die Gefährten von der Entdeckung der Drachenlanzen, der Zerstörung der Kugel der Drachen und Sturms Tod.
Tanis senkte seinen Kopf, vom Kummer über die Neuigkeiten überwältigt. Einen Moment lang konnte er sich die Welt ohne seinen ehrenhaften Freund nicht vorstellen. Als Flint Tanis’ Kummer sah, begann er, über Sturms großartigen Sieg und den Frieden, den er im Tod gefunden hatte, zu berichten.
»Er ist jetzt in Solamnia ein Held«, sagte Flint. »Sie erzählen sich bereits Geschichten über ihn, so wie sie es bei Huma machen. Sein großes Opfer hat die Ritterschaft gerettet, so wird erzählt. Er hätte nichts anderes gewollt, Tanis.«
Der Halb-Elf nickte stumm. Dann versuchte er zu lächeln. »Erzähl weiter«, sagte
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