Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi
Fluchtpläne.« Seine Miene verdüsterte sich noch mehr. »Verdammt, Hexenmeister, was hast du eigentlich vor?«
»Gibt es ein Versteck oder nicht?«, fragte Andrej kühl. Abu Dun setzte zu einer vermutlich noch geharnischteren Antwort an, stülpte dann aber nur trotzig die Unterlippe vor und fuhr auf dem Absatz herum, um so schnell davon zustürmen, dass Andrej fast Mühe hatte, nicht den Anschluss zu verlieren.
Kurz bevor es außer Sicht kam, sah Andrej noch einmal zu dem Feldlager der Machdiji zurück. Blasse Staubwolken stiegen in mehr oder weniger regelmäßigen Mustern auf. Vielleicht versuchten die Machdiji nur, ihre entlaufenen Tiere wieder einzufangen, oder machten Jagd auf versprengte Janitscharen, die den Anschluss an den Haupttrupp verloren hatten. Aber genauso gut konnte es auch sein, dass sie bereits die Jagd auf Abu Dun und ihn eröffnet hatten.
Auch auf der anderen Seite bot die Ruine eher den Anblick einer zufälligen Anhäufung von Felsbrocken und Trümmern, mit einem einzigen Unterschied: Gleich vor Abu Dun erhob sich ein von der Last der Jahrtausende auf die Seite gedrückter steinerner Türsturz, bis in Brusthöhe mit Trümmern und felsenhart zusammengebackenem Staub verstopft. Dennoch war zu erkennen, dass dahinter ein schmaler Gang tiefer in das Gebäude hineinführte. Abu Dun beantwortete seine Frage, bevor er sie überhaupt aussprechen konnte. »Muss in eine Art Keller oder so führen«, sagte er. »Ich war nicht unten, aber es sieht gut aus.«
Dieser Meinung war Andrej ganz und gar nicht, aber die Auswahl war nicht besonders groß, sodass er sich die Mühe sparte zu widersprechen. Er lud sich das bewusstlose Mädchen wieder auf die Arme, bückte sich unter dem tonnenschweren Sturz durch und schloss für einen Moment die Augen, damit sie sich an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnten. Viel gab es allerdings nicht zu sehen. Der Gang war halb verschüttet und endete nach einem Dutzend Schritte vor einer undurchdringlichen Barriere aus heruntergefallenen Steinen und Geröll. Auf halber Strecke aber gab es tatsächlich eine Treppe, deren steinerne Stufen sich in vollkommener Schwärze verloren.
»Bring sie nach unten«, sagte Abu Dun. »Ich kann mich doch auf deine Ehrbarkeit verlassen, oder? Ich meine: Ein Mann zweifelhaften Rufs wie du, noch dazu ein Ungläubiger, mit einem hilflosen jungen Mädchen ganz allein in einem dunklen Keller …?«
»Und was machst du?«, wollte Andrej wissen. Abu Dun war schon unter normalen Umständen für die eine oder andere Dämlichkeit gut, aber in seinem augenblicklichen Zustand traute er ihm buchstäblich alles zu.
»Ich komme gleich nach«, antwortete Abu Dun, »also beeil dich lieber, womit auch immer. Ich schließe nur rasch die Tür.«
Andrej warf ihm einen schrägen Blick über die Schulter zurück zu und sah, dass der Nubier den frei gebliebenen Teil des Eingangs mit Felsbrocken zu verbarrikadieren begann, von denen der Leichteste nicht einmal von drei normal gewachsenen Männern angehoben werden konnte.
Blieb nur zu hoffen, dass es keinen zweiten Zugang zu diesem Keller gab.
Um sich ganz auf seinen Tastsinn zu konzentrieren, schloss Andrej die hier unten ohnehin nutzlosen Augen und folgte den ausgetretenen Stufen in die Tiefe. Es waren mehr als ein Dutzend, eine erstaunliche Tiefe angesichts der Tatsache, dass der Boden an dieser Stelle hart wie Stein war, und des unübersehbaren Alters dieses Kellers, der aus einer Zeit stammen musste, in der es weder eiserne Werkzeuge noch Maschinen gegeben hatte. Unten angekommen, war er vollkommen blind, hatte aber ein so intensives Gefühl von Weite und Alter, dass es ihm fast den Atem nahm.
Abu Dun rumorte noch eine kurze Weile oben und folgte ihm dann, wobei er sich mit den flachen Händen an beiden Seiten des steilen Treppenschachtes abstützte, um auf den gefährlich schmalen Stufen nicht den Halt zu verlieren.
Vorsichtshalber wich Andrej, der ihn kommen hörte, ein paar Schritte von der Treppe zurück. Er konnte sich Angenehmeres vorstellen, als unter einem stürzenden Abu Dun begraben zu werden.
»Was immer ihr zwei Turteltäubchen auch vorhattet, ich hoffe, ihr wart erfolgreich, aber jetzt bin ich hier und habe ein Auge auf euch. Also benimm dich anständig, Ungläubiger!«
»Hör mit dem Unsinn auf«, sagte Andrej. »Ich mag es nicht, wenn du so redest.«
»Ich weiß«, sagte Abu Dun.
»Was zweifellos der Grund ist, warum du es tust.«
Abu Duns Antwort bestand nur aus einem kehligen
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