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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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räusperte sich ein paarmal übertrieben, gefolgt von einem Schmatzen, und Andrej wurde plötzlich klar, dass er schon eine ganze Weile seinen eigenen Gedanken nachhing. Er wollte irgendetwas Unverfängliches sagen, aber ihm fiel nichts ein.
    Abu Dun stellte auch keine weitere Frage mehr, sondern kramte und hantierte eine Weile unruhig in der Dunkelheit herum. Schließlich klickte es, Funken sprühten aus einem Feuerstein und wurden zu einer winzigen rauchenden Flamme, die rasch zu einem (kaum nennenswert größeren) Feuer heranwuchs.
    »Anscheinend sind wir nicht die Ersten, die an diesem lauschigen Plätzchen Unterschlupf suchen«, sagte Abu Dun, während er behutsam in die winzige Flamme blies, um sie weiter anzufachen. »Ich hätte nie gedacht, mich das eines Tages selbst sagen zu hören, aber ich bin froh, dass meine Landsleute nicht zum ordentlichsten Volk der Welt gehören. Das Zeug hier reicht bestimmt für ein paar Stunden.«
    Wenn nicht gar den ganzen Tag, verbesserte ihn Andrej in Gedanken. Was Abu Dun als Zeug bezeichnet hatte, das waren Holz- und Reisigreste, Stoff und anderes brennbares Material, das Abu Dun unter Zuhilfenahme seines Tast- und Geruchssinnes zusammengesucht hatte und das nur einen Bruchteil alles Brennbaren darstellte, das er im tanzenden Licht der kaum daumengroßen Flamme erkannte. Sie waren ganz offensichtlich nicht die ersten, die in diesem uralten Keller Unterschlupf suchten, wovor auch immer. Zurückgelassen hatten ihre Vorgänger allerdings außer ein wenig Brennmaterial nichts Nützliches. In einer Ecke lag ein Haufen zerrissener Kleider, die Abu Dun zweifellos schon für später eingeplant hatte, ein zerbrochenes Werkzeug, über dessen ursprünglichen Sinn er gar nicht erst nachzudenken versuchte, und eine Anzahl Dinge, die er der Einfachheit halber kurzerhand unter dem Sammelbegriff Unrat zusammenfasste.
    Immerhin konnte er im blassen Licht Muridas Gesicht erkennen.
    Und ihre Augen, die weit offen standen und ihn anstarrten.
    »Du bist wach?«, fragte er ehrlich überrascht.
    »Schon seit einer ganzen Weile«, antwortete Murida. »Und ich kann dir versichern, dass meine Brüder diesen Ort kennen und hier nach mir suchen werden.«
    »Kaum«, sagte Abu Dun, und auch Andrej bezweifelte das, war aber noch viel zu perplex, dass ihm Muridas Aufwachen entgangen war, um etwas zu sagen.
    »Wenn ihr mich gehen lasst, lege ich ein gutes Wort für euch ein«, fuhr Murida fort. »Wir haben nichts gegen euch.
    Der Machdi weiß um die Schwächen der Menschen und gibt jedem die Gelegenheit, seine Fehler wiedergutzumachen. Lasst mich gehen, und ich rede mit ihnen. Sie werden euch am Leben lassen.«
    »Das ist beruhigend«, sagte Abu Dun.
    »Ich meine es ernst«, beharrte Murida. Sie stemmte sich auf die Ellbogen hoch und drehte den Kopf nach rechts, nach links und wieder zurück, fast als hätte sie Mühe, Andrej zu sehen, obwohl er doch unmittelbar neben ihr saß, und erst dann wurde ihm klar, dass das tatsächlich so war.
    Abu Dun und ihm reichte das winzige Flämmchen, um zu sehen, ihren normalen Augen offenbar nicht. Vermutlich war er nicht mehr als ein Schatten für sie, der ihre Angst nur noch schürte. Trotzdem fuhr sie mit weit aufgerissenen Augen und an seinen Umriss gewandt fort: »Euch wird nichts geschehen, wenn ihr mich auf der Stelle freilasst. Ich habe Einfluss. Sie werden auf mich hören, und ihr könntet euch uns anschließen.«
    »Es ist gut, Mädchen«, sagte Andrej, doch Murida schüttelte nur den Kopf und fuhr beinahe beschwörend fort: »Ich weiß, dass du ein Ungläubiger bist und ein Mann, dem unsere Sache nichts bedeutet. Aber das ist gleich. Der Machdi fragt nicht, wer ein Mann ist –« »Oder eine Frau«, spöttelte Abu Dun. »– oder wo er herkommt und was er getan hat«, fuhr Murida unbeeindruckt fort. Ihre Stimme hatte etwas fast schon Missionarisches, fand Andrej, und etwas, das ihm ganz und gar nicht gefiel. »Wenn es euch nicht um unsere Sache geht, dann verstehe ich das. Wir haben Geld. Wir können euch bezahlen, wenn es euch nur darum geht.« »Was soll das?«, fragte Andrej scharf. Muridas Worte waren gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt. Tatsächlich hatten sie einen Gutteil ihres Lebens als Söldner verbracht, und auch wenn sich die Zeiten änderten und die Nachfrage nach Schwertern, die man mieten konnte, sank, so würde es wohl noch eine Weile dauern, bis sie sich tatsächlich eine neue Einkommensquelle suchen mussten. Aber in diesem Moment und

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