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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hinter ihnen ab. Es fielen nur noch vereinzelte Schüsse, und auch diese verstummten nach wenigen weiteren Atemzügen ganz. Wie Sharif es vorausgesagt hatte, hatten seine Männer den Angriff schon nach einigen wenigen Augenblicken wieder abgebrochen, nachdem sie für genügend Ablenkung gesorgt hatten. Spätestens jetzt würden die Machdiji anfangen, ihre Wunden zu lecken und sich zu fragen, was hinter diesem selbstmörderischen Angriff steckte. Es konnte nur noch einige wenige Augenblicke dauern, bis ihnen aufging, dass einer aus ihren Reihen fehlte. Sie brauchten ein Versteck, und das schnell.
    Abu Dun musste wohl zu demselben Ergebnis gekommen sein. Obwohl das bedauernswerte Pferd unter seinem Gewicht torkelte und immer wieder ins Straucheln geriet, ritt er ein gutes Stück voraus und hätte seinen Vorsprung vielleicht sogar noch vergrößert, hätte er sein Tier nicht plötzlich und mit einem so brutalen Ruck zum Stehenbleiben gezwungen, dass es nun endgültig das Gleichgewicht verlor und nur deshalb nicht stürzte, weil er es sofort wieder in die Höhe riss.
    »Dort hinten!« Abu Duns ausgestreckte Hand deutete auf einen kantigen Umriss am Horizont, der sich trotz der noch frühen Stunde bereits im Sonnenglast aufzulösen schien. Auf den ersten Blick (und auch auf den zweiten oder dritten) hätte er natürlichen Ursprungs sein können, aber Andrej vertraute Abu Duns Instinkt und lenkte sein Pferd ohne eine überflüssige Frage in die angegebene Richtung. Doch auch als sie näherkamen, sah der Hügel eher wie ein natürliches Gebilde aus und nicht wie etwas von Menschenhand Geschaffenes, ein Wust zyklopischer Felsen, von der Witterung und der Natur und den Jahrtausenden übereinandergeworfen wie das liegen gelassene Spielzeug eines Riesenkindes, das das Interesse daran verloren hatte und einfach weggegangen war.
    Erst als sie fast auf Steinwurfweite herangekommen waren, fiel Andrej die eine oder andere Linie auf, die ihm zu regelmäßig erschien, eine Bruchkante, die zu gerade war oder eine Ansammlung vermeintlicher Trümmer, die sich eine Winzigkeit zu sehr in Größe und Form ähnelten. Es war eine Ruine, doch sie musste jahrtausendealt sein, und nicht einmal seine Fantasie reichte aus, sich vorzustellen, was dieses Gebäude einstmals gewesen war.
    »Warte hier«, beschied ihm Abu Dun, während ersieh bereits aus dem Sattel schwang. Noch bevor seine Füße den Boden ganz berührt hatten, stieß sein Pferd ein erleichtertes Schnauben aus und sprengte davon, als wären sämtliche Dämonen der Hölle hinter ihm her.
    Andrei verdrehte die Augen und saß ebenfalls ab. Während Abu Dun mit weit ausgreifenden Schritten das restliche Stück zur Ruine zurücklegte, lud er sich das noch immer bewusstlose Mädchen auf die Schulter und versetzte dem Pferd einen herzhaften Schlag auf das Hinterteil, woraufhin es ebenfalls davon galoppierte. Nicht ganz so schnell wie Abu Dun, aber auch alles andere als langsam folgte er ihm und kam gerade oben an, als der Nubier den ersten Rundgang um das verfallene Bauwerk beendet hatte.
    Abu Dun blickte finster den Pferden nach. »Warum hast du das getan?«, fragte er schmatzend. Von Pflanzensaft grüner Speichel lief aus seinem Mundwinkel, aber er machte sich nicht die Mühe, ihn wegzuwischen.
    »Weil dein Pferd weggelaufen ist«, antwortete Andrej. »Ich nehme an, das arme Tier hatte Angst, von deiner übergroßen Liebe und Fürsorge erdrückt zu werden.«
    Abu Dun nickte. »Ich kann so schnell laufen wie ein Pferd«, gab er zu bedenken, und das entsprach sogar durchaus der Wahrheit, wenn auch nur für kurze Zeit. Trotzdem schüttelte Andrej den Kopf.
    »Wir verstecken uns besser, bis es dunkel wird«, sagte er. »Eine gute Idee«, antwortete Abu Dun in einem Tonfall, der das genaue Gegenteil ausdrückte. »Aber nur, falls es deiner Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, Sahib: Es ist gerade erst hell geworden.«
    Andrej legte demonstrativ den Kopf in den Nacken und blinzelte aus zusammengekniffenen Augen zur Sonne hoch. »Tatsächlich«, sagte er dann. »Nun, umso mehr Zeit bleibt uns, uns richtig auszuruhen und einen guten Plan zu ersinnen, bevor es wieder dunkel wird. Gibt es hier ein Versteck?«
    »Ein hübsches Gasthaus, gleich auf der anderen Seite«, bestätigte Abu Dun. »Die Auswahl an Getränken ist bescheiden, das Essen schlecht und die Bedienung hässlich wie die Nacht, aber sie sind auf Flüchtlinge spezialisiert, denen der Ärger auf dem Fuß folgt, und sie verkaufen auch

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