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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Lachen, und Andrej hörte, wie er indem niedrigen Raum auf und ab zu gehen begann. Sein Turban scharrte wie Sandpapier an der Decke entlang, und irgendetwas zerbrach knirschend unter seinen Stiefeln. Das Gefühl von Weite, das Andrej gehabt hatte, musste ihn wohl getäuscht haben, denn Abu Dun stieß schon nach wenigen Schritten und in jeder Richtung auf Widerstand. Andrej lauschte, als seine Fingerspitzen über den rauen Stein der Wände tasteten.
    »Das ist ein seltsamer Ort«, sagte er schmatzend.
    »Andererseits … was erwarte ich? Du scheinst dich mit deiner Herzallerliebsten ja wohl immer in finsteren Kellern zu treffen. Irgendwann musst du mir verraten, wo darin der besondere Reiz liegt.«
    Andrej sagte das Einzige dazu, was ihm sinnvoll erschien - nämlich nichts-, und nach einer Weile hielt Abu Dun auch in seinem ruhelosen Auf und Ab inne und setzte sich raschelnd. Was natürlich nicht hieß, dass er die Klappe hielt.
    »Eine Frage hätte ich da allerdings noch, Hexenmeister.
    Was tun wirhier eigentlich?«
    »Wir warten ab, bis die Sonne untergeht und es dunkel geworden ist.«
    »Und warum?«
    »Weil wir dann leichter entkommen?«
    »Das meine ich nicht.« Stoff raschelte, als Abu Dun unter seinen Mantel griff. Dann schmatzte er genüsslich. »Hatte unser Freund Sharif uns nicht eigentlich aufgetragen, Informationen zu sammeln und dabei möglichst unauffällig zu bleiben?«
    »Mir nicht«, antwortete Andrej. Behutsam legte er Murida auf den Boden, versuchte sie in eine halbwegs bequeme Lage zu bringen, soweit es auf dem mit Trümmern und Schutt übersäten Boden überhaupt möglich war, und lauschte in sie hinein. Ihr Atem ging flach, und ihr Herz schlug ebenso ruhig wie gleichmäßig. Sie würde noch eine ganze Weile bewusstlos bleiben, und Andrej begann sich zu fragen, ob er zu hart zugeschlagen hatte. Menschen waren so zerbrechlich.
    »Ich verstehe«, seufzte Abu Dun. »Und wann wolltest du mir das sagen?«
    »Du weißt es jetzt. Reicht das nicht?«
    Abu Dun grummelte eine Antwort, die er vermutlich gar nicht verstehen sollte, und wieder folgte ein Rascheln, dann ein Schmatzen. »Ich bin ein bisschen enttäuscht von dir, Hexenmeister«, sagte er. »Ich dachte, wir wären Freunde und würden einander vertrauen.«
    Seine Worte versetzten Andrej einen dünnen Stich, denn er sprach genau das aus, was Andrej nicht erst seit diesem Tag quälte. War der Mann, dessen Stimme er in dieser vollkommenen Dunkelheit lauschte, wirklich noch sein Freund?
    »Du hättest mir doch sagen können, dass sich dein Herz zu diesem holden Geschöpf hingezogen fühlt«, fuhr Abu Dun kauend fort und fügte mit einem anzüglichen Kichern hinzu:
    »Oder irgendein beliebiges anderes Körperteil.«
    »Hör damit auf«, sagte Andrej Er konnte Abu Duns Nicken hören. »Magst du es nicht, wenn ich so rede, oder magst du es nur nicht, wenn ich so über dieses Mädchen rede?«
    Andrej schwieg, schon weil Abu Duns Worte der Wahrheit vielleicht näher kamen, als er sich selbst eingestehen wollte. Als er auf Muridas gleichmäßige Atemzüge lauschte, stieg ihm ihr Geruch in die Nase, weiblich und verlockend, zugleich aber auch von einer Frische und Jugendlichkeit durchdrungen, die ihn mit einem fast schmerzhaften Sehnen erfüllte, stellte sie doch das Einzige dar, das er verloren hatte und trotz all seiner Macht niemals zurückerlangen konnte.
    War es vielleicht einfach nur ihre Jugend, die ihn anzog? Fast wünschte sich Andrej sogar, dass es so wäre, denn es hätte sehr vieles sehr viel leichter gemacht. Aber zugleich wusste er auch, dass es nicht so einfach war. Leicht hatte es ihm das Schicksal noch nie gemacht, und die Regeln dieses grausamen Spieles würden sich, dessen war er sich sicher, nicht ändern. Es war so, wie Abu Dun gesagt hatte: Im Vergleich mit ihm waren alle Frauen jung, auf die er traf, und ein jahrhundertelanges Leben hatte ihn auch gelehrt, die Vorzüge einer reifen Frau zu schätzen, die glatte Haut und einen jugendlich straffen Körper allemal aufwogen, und dabei noch um so vieles mehr zu bieten hatten. Aber mit diesem Mädchen war es … anders. Ja, es waren auch ihre Frische und sprudelnde Energie, die ihn von der ersten Sekunde an in ihren Bann geschlagen hatten, doch da war auch noch mehr. Tief, ganz tief in Murida meinte er etwas zu spüren, das ihn gleichermaßen erschreckte wie faszinierte, etwas Vertrautes und zugleich Fremdes. Aber vielleicht spürte er auch all das ja nur, weil er es spüren wollte.
    Abu Dun

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