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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Abu Dun-an, aber dann gab er sich einen Ruck und zwang sogar ein (beinahe) überzeugendes Lächeln auf sein Gesicht. »Hauptmann Sharif lässt euch sein Bedauern ausdrücken«, sagte er, nun wieder völlig gefasst. »Er wurde aufgehalten und bittet euch, noch ein wenig Geduld zu haben. Es kann noch ein wenig dauern, bis er zu euch kommt.«
    »Ein wenig?«, erkundigte sich Abu Dun kauend. »Vielleicht eine Stunde oder allenfalls zwei.« Wieder maß der Soldat Abu Dun mit einem Blick, den Andrej nicht zu deuten vermochte, der ihm aber noch weniger gefiel als das erste Mal.
    »Wir finden den Weg nach draußen«, sagte er kühl. »Ganz wie ihres wünscht«, antwortete der Janitschar. »Ich soll euch nur ausrichten, dass Hauptmann Sharif es begrüßen würde, noch einmal mit euch zu sprechen, bevor ihr den Palast verlasst. Aber es ist natürlich eure Entscheidung.«
    Die Antwort des Mannes gefiel Andrej nicht, ohne dass er hätte sagen können, warum. Doch als er Abu Dun einen fragenden Blick zuwarf, bekam er genau die Antwort, mit der er gerechnet hatte. »Das Essen ist hier besser. Und die Unterkunft auch«, schmatzte Abu Dun.
    »Eine Stunde«, sagte er. Ungefähr so lange würde Abu Dun brauchen, um die Schlacht gegen die aufgefahrenen Köstlichkeiten zu gewinnen … und vermutlich würde er kurz danach auch unleidlich werden. »Und keinen Augenblick länger.«
    Aus der verabredeten Stunde wurden zwei, dann drei, und irgendwann hörte Andrej auf, die Minuten zu zählen … und auch, sich über Abu Dun zu wundern.
    Er war nicht besonders gut in Form, wie es schien. Andrej hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass er das gesamte Festmahl allein vertilgte, das für ein Dutzend normaler Männer ausgereicht hätte, doch er knabberte nur noch eine Weile an dem einen oder anderen herum, und als Andrej ihn schließlich fragte, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei, bekam er nur eine geblaffte Antwort, die ihn davon abhielt weiterzufragen.
    Und wenn er ehrlich war, dann war ihm die Situation gar nicht einmal so unrecht. Nicht nur was das Essen und die Einrichtung anging, hielt ihre Unterkunft in der Altstadt einem Vergleich mit diesen Räumlichkeiten nicht stand. Und was die vermeintliche Freiheit anging, die sie dort erwartete, machte sich Andrej nichts vor: Sharif konnte ihrer dort ebenso mühelos habhaft werden wie hier und vermutlich auch ebenso schnell. Warum also nicht an einem bequemeren Ort warten?
    Fast zu seiner eigenen Überraschung fiel er sogar in einen leichten Schlummer, kaum dass er sich auf einen der bequemen Diwans niedergelassen hatte, wachte aber schon bald wieder auf, geweckt von Unruhe und einem heftigen Rumoren und Hantieren. Abu Dun bewegte sich hastig in der grauen Düsternis, die sich über das große Zimmer gelegt hatte, nachdem die meisten Lampen erloschen waren. Seltsamerweise beruhigte Andrej diese Erkenntnis eher. Der Vorrat an Öl schien eng begrenzt gewesen zu sein. Anscheinend hatten ihre Gastgeber nicht damit gerechnet, sie allzu lange zu beherbergen.
    Andrejs innere Uhr sagte ihm, dass Mitternacht schon seit einer ganzen Weile vorüber war, was ihn überraschte. Er blinzelte einige Male, um seinen Blick zu klären. Abu Dun rumorte weiter. Andrej konnte nicht erkennen, was er tat, denn er wandte ihm den Rücken zu, doch es hörte sich an, als bräche er irgendetwas Hartes genüsslich in Stücke.
    »Was tust du?«, fragte er.
    Abu Dun nuschelte eine Antwort, die Andrej erst verstand, als er sie wiederholte. »Ich bilde mir ein, es wäre sein Rückgrat.«
    Sein Ton gefiel Andrej nicht. Er war derbe Scherze wie diese von seinem nubischen Freund gewohnt, doch jetzt lag ein harter Ton in seiner Stimme. Andrej lächelte nicht, als ersieh langsam auf die Ellbogen hochstemmte. »Wessen?«
    Als er keine Antwort erhielt, stand er auf und trat an seine Seite. »Was tust du da?«, fragte er noch einmal. Abu Dun antwortete auch diesmal nicht, sondern warf etwas zu Boden, das in Stücke zerbrochen klappernd davonschlitterte, warf ihm einen Blick aus zu schmalen Schlitzen zusammengepressten Augen zu und griff nach einer Frucht, um krachend hineinzubeißen. Die nächsten Worte überlegte sich Andrej sehr genau. Abu Dun war schon den ganzen Abend über reizbar gewesen, und er wollte ihn gewiss nicht dazu provozieren, etwas wirklich Unbedachtes zu tun. »Vielleicht sollten wir besser gehen, bevor der Wirt glaubt, wir kommen gar nicht mehr, und unser Zimmer anderweitig vermietet.« »Weil die Gäste ja vermutlich

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