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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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sagte er mit einer Stimme, die ebenso einem Kind in Todesfurcht wie einem qualvoll Sterbenden gehören konnte. »So begegnen wir uns wieder auf den Leichen unserer Sklaven. Wer hätte gedacht, dass mein Regen dich einmal verbrennen würde?«
    Pherodos verzog keine Miene. »Ligur, Klaue des Hungers«, erwiderte er gelassen. »Du verstehst nichts von Feuer und Glut, und daran wird auch der Regen aus den Tränen deiner Sklaven nichts ändern. Du bist noch derselbe Knochensack, den ich einst um den Ersten Kreis brachte, und wie es aussieht, hat der dritte deinem Verstand auch nicht gutgetan.«
    »Du bist es, der nackt in meinem Regen steht und sich das Fleisch von den Knochen brennen lässt«, zischte Ligur und spuckte eine stinkende schwarze Flüssigkeit vor Pherodos’ Füße. »Schon lange nimmt mein Gift es auf mit deinem Feuer!«
    »Schmerz ist mein Geschäft«, sagte Pherodos beinahe sanft. Sein müdes Lächeln schickte dieselben Zornesflecken in Ligurs Wangen wie in alten Zeiten. »Du wirst das nie verstehen, und ich habe keine Lust, meine Zeit mit Erklärungen zu verschwenden. Schlimm genug, dass wir in dieser Sache Seite an Seite reisen müssen.«
    Ligur schnaufte verächtlich. Offensichtlich war er über die Pläne des Fürsten unterrichtet und ausnahmsweise einmal ganz Pherodos’ Meinung. »Wie dem auch sei«, fuhr dieser fort. »Dein Reich ist gestürzt wie das meine, und du kennst den Auftrag, der uns erteilt wurde. Bhrorok ist daran gescheitert, doch uns wird dieses Schicksal nicht treffen, dafür werde ich sorgen. Unter meiner Führung werden wir den Jungen fangen, der die Kraft unseres Herrn in sich trägt. Wir werden die Ketten zerbrechen, die ihn schon viel zu lange gefangen halten – und dann wird die Nacht zurückkehren und die Welt verwandeln.«
    Ein Funke tanzte durch Ligurs Blick, der ihm fast etwas Lebendiges gab. »Wohl gesprochen«, entgegnete er. »Nur eine Kleinigkeit hast du übersehen, kaum der Rede wert.« Er löste die linke Klaue aus dem Fell der Hyäne und reckte sie in die Luft. Seine Nägel bohrten sich so tief in seine Handfläche, dass schwarzes Blut über seinen Arm lief. »Zu lange habe ich den Kreis des Ewigen Regens regiert, als dass ich mir von einem Feuerspucker wie dir sagen lassen würde, wohin ich meine Schritte lenken soll. Ich werde uns führen!«
    Pherodos lachte, doch seine Miene verfinsterte sich. »Ich vergaß, dass du nur einen Meister kennst.« Er ließ den Blick über die tiefen Bissspuren gleiten, die Ligurs Leib bedeckten. »Aber nichts befriedigt deinen Hunger dauerhaft, nicht einmal du selbst. Wie oft hast du versucht, dich selbst zu fressen? Bedauerlich, dass es dir nicht gelungen ist, nicht wahr?«
    Ligurs Gesicht verfärbte sich zu einem ungesunden Grün. Er hatte es noch nie fertiggebracht, seine Empfindungen für sich zu behalten, und während Pherodos spöttisch die Brauen hob, glommen die Haifischaugen in schwarzer Bosheit auf. »Ein Narr warst du damals«, zischte Ligur. »Und ein Narr bist du jetzt. Du wirst nie begreifen, was wahrer Hunger ist!«
    Mit diesen Worten riss er den Arm hinab, verwandelte die Regentropfen in Scherben und schickte sie durch Pherodos’ Körper wie durch weiches Menschenfleisch. Schon spürte dieser das schwarze Gift des Regens in seinen Gliedern. Er wusste, dass es seine Muskeln lähmen und zerreißen würde, und als Skelfir laut wieherte, traf ihn dessen Blut wie ein Schlag. Pherodos’ Brüllen sprengte die Scherben rings herum, und er rief nach dem Licht, das sich in der Dämmerung verbarg, dem verfluchten Rest jenes Zaubers, der sein Reich vernichtet hatte. Er war vor ihm davongekrochen, doch Pherodos würde ihn nicht verglühen lassen. Grollend erhob er seine Stimme, schlang sie als Fessel um Ligurs Kehle und zwang das Licht in seine Faust. Es grub sich in sein Fleisch, aber er ertrug die Helligkeit und umfasste Ligur mit seinem Blick. Keuchend rang dieser mit der unsichtbaren Fessel, Pherodos sah noch das Entsetzen in seinen Augen aufflammen. Dann warf er das Licht hoch in die Luft und ließ es donnernd zerbrechen. Tausend Flammen waren es, die auf Ligur niederstürzten und ihn von seiner Hyäne rissen. Pherodos roch den Duft von verkohltem Fleisch. Er lächelte, als Ligur zu wimmern begann, und erst als dessen Rückgrat in der grausamen Hitze des Lichtes brach, ließ er es von den Schatten ersticken. Ligur stöhnte, während seine Knochen sich wieder zusammenfügten, und Pherodos schnaubte leise. Er hatte das

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