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Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht

Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht

Titel: Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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Blut stamme von Orris' Vogel, aber wenn er sich geirrt hatte, wenn Sartols Vogel Peredurs Eule getötet hatte, würde das ebenfalls gegen Sartol sprechen.
    Eine weitere Erinnerung: ein unheimliches Aufheulen, das aus dem Schattenwald erklungen war, kurz bevor Baden und Trahn auf Sartol stießen, und nur ein paar Augenblicke, bevor sie gesehen hatten, wie Sartols Vogel wieder auf die Schulter des Eulenmeisters zurückkehrte. Trahn sah sich ein letztes Mal im Gehölz um, dann ging er wieder hinaus auf die Lichtung. Er marschierte auf den Rand des Schattenwaldes zu, in die Richtung, aus der das seltsame Klagen gekommen war. Wieder brauchte er nicht lange zu suchen. Am Rand des dichten Waldes, nur ein paar Fuß von der grasbewachsenen Lichtung entfernt, fand er den Kadaver von Orris' hellem, rostfarbenem Falken. Er hatte einen einzelnen roten Fleck an der Brust, wo Sartols Eule eine scharfe Klaue in sein Herz gebohrt hatte, und wie bei Peredurs Eule war auch diesem Vogel der Kopf abgerissen worden. Sartols Eule hatte diesen Vogel getötet - es war daher nicht klar, ob das Blut an ihren Krallen auch von Peredurs Vogel gestammt hatte. Die Krallen von Orris' Falken waren nicht blutig, aber immerhin hatte es die ganze Nacht und einen Teil des Morgens geregnet, also sagte das nicht viel. Dennoch spürte Trahn, wie er bei jeder neuen Entdeckung aufgeregter wurde. Peredurs Eule und Orris' Falke waren auf ganz ähnliche Weise getötet worden, beide von einem Vogel, der stark genug gewesen war, ihnen die Köpfe abzureißen. Es war klar, dass Sartols Eule Orris' Falken getötet hatte - hatte sie auch Peredurs Vogel zerrissen?
    Eine weitere Erinnerung vom Vorabend ging Trahn nun durch den Kopf. Als Baden, Sartol und er das Gehölz betreten hatten, hatte Jessamyns Eule sie angezischt. Aber was, wenn das nicht den Magiern, sondern Sartols Vogel gegolten hatte? Wenn Orris Jessamyn angegriffen hatte, dann hatte ihre Eule zweifellos versucht, sie zu beschützen, und Trahn fragte sich, ob Orris' Falke bei einem Kampf gegen Jessamyns weiße Eule eine Chance gehabt hätte. Er bezweifelte nicht eine Sekunde, dass Sartols kräftiger Vogel der Eule hätte standhalten können.
    Trahn schüttelte grimmig den Kopf. Er hatte nur wenig gefunden, was Sartols Schuld oder Orris' Unschuld zweifelsfrei bewiesen hätte; er konnte sich nur darauf berufen, wie gut er die Vögel kannte, und darüber hinaus auf sein Misstrauen gegen Sartol und seinen störrischen Glauben an Orris' Loyalität gegenüber dem Orden. Und er wurde das Gefühl einfach nicht los, dass Badens Leben in Gefahr war. Einen Augenblick, als er wieder auf das Lager zuging, dachte er daran, sich des Ceryll-Var, der Verbindung der Kristalle, zu bedienen, um Baden zu warnen, aber er wusste, wie sein Freund reagieren würde. »Du hast keine Beweise«, würde Baden sagen. »Du lässt zu, dass deine Gefühle deinen Verstand beeinflussen.« Und vielleicht hätte er damit ja auch Recht. Außerdem, dachte Trahn resigniert, wenn Sartol den Orden wirklich verraten hatte, würde eine solche Kontaktaufnahme Baden gefährden. Der hagere Eulenmeister war sich des Risikos bewusst gewesen, als er zusammen mit Sartol nach Norden aufgebrochen war. Im Augenblick musste Trahn einfach akzeptieren, dass er nichts anderes tun konnte, als nach den jungen Magiern Ausschau zu halten und zu hoffen, dass Baden auf sich selbst aufpassen konnte.
    Trahn spähte über die Schulter hinweg abermals zum Rand von Therons Hain, und in diesem Augenblick hörte er, wie die Pferde in der Ferne nervös zu wiehern begannen. Sofort rannte er auf das alte Bauernhaus zu, in dem er und Baden die Tiere am Abend zuvor untergebracht hatten und wo nun noch sechs Pferde angebunden waren. In diesem Teil des Landes gab es Bären, Wölfe und Raubkatzen, und alle wären in der Lage gewesen, ein angebundenes Pferd zu töten. Je näher Trahn den Ruinen der alten Stadt kam, desto lauter und erschrockener wurde das Wiehern, und er verfluchte sich dafür, dass er selbst verlangt hatte, dass sie die Pferde so weit vom Lager entfernt unterbrachten. Kurz bevor er die Ruinen erreichte, wurde es schlimmer - viel, viel schlimmer. Der Lärm, den die Pferde machten und der beunruhigend genug gewesen war, wurde leiser und verklang weitab von dem alten Bauernhaus, und dann hörte er Hufschlag, der sich nach Westen entfernte. Mit einem äußerst unangenehmen Gefühl im Magen eilte Trahn weiter zur Ruine. Aber die
    Tiere waren natürlich längst verschwunden.

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