Die Company
bemüht haben, es in Gang zu halten, es geht zu Ende, Pawel Semjonowitsch. Ihre Seite verliert.«
Starik stemmte sich auf einen Ellbogen und starrte mit irren Augen auf die abblätternde Farbe an der Decke. »Siehst du es?«, rief er.
»Was?«
»Die Schwarze Königin! Sie läuft in den Wald, wo die Dinge keinen Namen haben. Schneller! Schneller, bevor es dich fängt! «
Erschöpft sackte Starik zurück auf die Matratze.
Jewgeni griff nach unten und tastete nach dem Stromkabel, das mit der kleinen Pumpe verbunden war. Er fand es und riss es aus der Steckdose. Das Summen der Pumpe brach abrupt ab, und in der Totenstille war nur noch das gurgelnde Keuchen des Mannes zu hören, dessen Lunge sich jetzt unaufhaltsam mit Flüssigkeit füllte. Wenn die Krankenschwester am Morgen kam, um nach Starik zu sehen, würde er längst tot sein. Schon jetzt ging sein Atem schwerer. Als er wieder sprach, von der Schwarzen Königin faselte, erklang zwischen jedem Wort ein hohles, metallisches Röcheln, wenn er angestrengt Luft einsog.
Jewgeni wich vom Bett des Ertrinkenden zurück, drehte sich um und eilte aus der Klinik.
Jelzin hatte seit Anfang des Putsches kein Auge zugetan. Physisch und psychisch ausgelaugt, ließ er sich in einen Sessel sinken und konzentrierte sich, so gut er konnte, auf Asas Mund, während sie berichtete, was sie im letzten Telefonat von ihrem Informanten in der Lubjanka erfahren hatte. Krjutschkow drängte auf einen Angriff, um noch in derselben Nacht die Entscheidung herbeizuführen. Folgende Strategie war geplant: Noch vor Tagesanbruch würden die Protestierenden vor dem Weißen Haus mit Wasserwerfern und Tränengas auseinander getrieben werden, dann würden Eliteeinheiten des KGB und Fallschirmjäger vordringen und die Türen des Gebäudes mit Granatwerfern sprengen. Zum selben Zeitpunkt würden Hubschrauber Soldaten auf dem Dach absetzen, die das Gebäude nach Jelzin durchkämmen sollten; falls Jelzin sich der Festnahme widersetzte, sollten sie ihn töten. Wenn alles nach Plan verlief, müsste das Ganze in wenigen Minuten vorbei sein.
Jelzin ließ die Informationen auf sich wirken. Er murmelte irgendwas davon, dass es ein Gottesgeschenk sei, einen Spion im Zentrum des Putsches zu haben. Dann rief er die Veteranen und setzte sie ins Bild. Nach kurzer Beratschlagung erteilte Jelzin seine Befehle. Auf dem Platz vor dem Weißen Haus sollten Eimer mit Wasser bereitgestellt werden, damit die Demonstranten Tücher fürs Gesicht nass machen konnten, um sich gegen das Tränengas zu schützen. Die Barrikaden sollten verstärkt und weitere Molotow-Cocktails verteilt werden, um die Wasserwerfer aufzuhalten. Auf das Dach des Weißen Hauses sollten umgehend Büromöbel geschafft werden, um den Hubschraubern die Landung zu erschweren. Jelzin selbst würde sich mit seinen leitenden Beratern in einem unterirdischen Bunker verschanzen. »Die Flamme des Widerstandes brennt, solange ich am Leben bin«, sagte er müde.
Indessen meldeten sich auf der Sitzung am ovalen Tisch in der Lubjanka zunehmend kritische Stimmen zu Wort. Einige von den Truppenkommandeuren, die mit der Niederschlagung der Konterrevolution betraut worden waren, äußerten ihre Bedenken:
»Wie sollen unsere Hubschrauber auf einem Dach landen, auf dem sich Möbel türmen?«
»Was, wenn Jelzin in dem Chaos die Flucht gelingt?«
»Wir müssen jeden schlimmsten Fall in Erwägung ziehen. Was passiert, wenn wir zigtausend Verteidiger töten und Jelzin trotzdem nicht ergreifen?«
»Was, wenn Jelzin in den Ural fliegt und seine Drohung wahr macht, ein Schattenkabinett aufzustellen?«
»Und wenn unsere Truppen sich weigern, auf die Menschen an den Barrikaden zu schießen? Was dann?«
»Oder noch schlimmer, wenn der Angriff unserer Truppen zurückgeschlagen wird?«
Da sich das Blatt zu wenden drohte, versuchten die Anführer des Putsches verzweifelt zu retten, was zu retten war, sahen sie doch, dass die derzeitige Pattsituation den Konterrevolutionären in die Hände spielte; solange das Weiße Haus nicht eingenommen war, würde die Menge Jelzin unterstützen. Und wenn Jelzin sich behauptete, müssten alle, die auf der Seite des Putsches waren, nicht nur um ihre Karriere, sondern auch um ihr Leben bangen.
Ein General, der den Sturmangriff aufs Weiße Haus zunächst befürwortet hatte, sagte verunsichert: »Ich weiß nicht – wenn das schief geht, ist der Ruf der Armee für immer dahin.«
»Die Parteiführung zieht den Schwanz ein, wenn die
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