Die Cromwell Chroniken 02 - Grabes Hauch
Meditation und Selbstverteidigung“, führte Cendrick seinen Monolog fort. „Äh, falsch! Ich meine natürlich: hatten wir Meditation. Ich werde diesen Pseudo-Kurs sofort abwählen. Du auch?“
„Hm … weiß ich noch nicht.“
Katharina hatte gerade ihre Mails gecheckt: Keine neue Nachricht. Sie seufzte enttäuscht. Ihr Bruder bezog das Seufzen auf seinen dozierten Monolog.
„Ja, Meditation ist echt reine Zeitverschwendung. Wenn Mutter nicht dafür wäre, hätte ich mich von Anfang an geweigert, den Kurs zu besuchen. Äh … wo waren wir? Ach ja: Pater Ignatius. Er hat ja bereits gesagt, dass er sein Fach nicht prüfen wird. Da sollten wir also keine Probleme haben.“
Cat kramte ihr Handy hervor und spähte auf das Display. Keine SMS. Verstimmt lehnte sie sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück. Warum hat er sich noch nicht gemeldet? Flint und sie hatten ihre Handynummern sowie E-Mail-Adressen ausgetauscht. Irgendwie hatte sie gehofft, dass er bald von sich hören lassen würde, doch das hatte er nicht getan.
Während Cendrick weiter vor sich hin quasselte, hing sie ihren düsteren Gedanken nach. Sie hatte nicht zurückkommen wollen. Sie liebte ihre Familie zwar, aber im Moment konnte Cat sie nicht ausstehen. Ständig wurde sie von jemandem auf die Ordensprüfung angesprochen. Ob sie bereits gelernt habe. Ob sie eine Vorstellung habe, was geprüft würde. Wie genau sie sich darauf vorbereite. Ob sie diesen oder jenen Zauberspruch bereits beherrsche und viele andere nervige Fragen. Sie wusste, dass alle es nur gut mit ihr meinten und sie unterstützen wollten, doch diese Form der Unterstützung nützte ihr nichts.
„Summa summarum wären das zwischen vier und sechs Kurse“, schloss Cendrick seinen Vortrag.
„Hm?“
Katharina hatte ihm nicht zugehört.
„Je nachdem eben, ob Frey in Kräuterkunde und Mytsereu in Illusionen etwas abfragen. Aber ganz unter uns: Was will diese Frau schon abfragen?“
Mytsereu war eine der Dozentinnen, bei der sich Katharina immer wieder fragte, wo ihre versteckten Qualitäten lagen. Ihre offensichtlichen Fähigkeiten waren schnell entdeckt: Die Frau glich einer lebenden Barbie. Zehn Jahre jünger und in Amerika beheimatet, dann hätte sie sich für eine Misswahl zur Verfügung stellen können. Die Amis hätten sie sicher geliebt. Mytsereu hatte mehr Sexappeal als der Ozean Wassermoleküle. Zu ihrem ablenkenden Äußeren brannte sie zusätzlich noch fantasieanregendes Räucherwerk in ihrem Kursraum ab, sodass zumindest die männliche Studentenschaft nicht mehr viel mit Studieren im Sinn hatte, sobald sie das Zimmer betrat. Katharina empfand das Verhalten der Dozentin als sittenwidrig. Hätte sie nicht den Eindruck gehabt, ungeheuer viel bei der Frau zu lernen, sie hätte sich schon längst bei Sir Fowler über sie beschwert. Selbstverständlich konnte das Cendrick – Mann, der er war – nicht von sich behaupten. Vermutlich erinnerte er sich auch gar nicht an den Kursinhalt wegen seiner fortwährenden sexuellen Tagträumereien.
„Wie dem auch sei: Das ist nichts, was wir van Gentens nicht schaffen würden.“
Cendrick lächelte selbstbewusst und erhob sich von Katharinas Bett. An der Tür wandte er sich noch einmal zu seiner Schwester um.
„Ich drehe mal eine Runde. Vielleicht besuche ich auch ein paar Leute. Kommst du mit?“
„Nein. Geh du mal lieber alleine. Ich … will mich noch um ein paar Sachen kümmern.“
Sie deutete vage auf den Laptop.
„Alles klar.“
Er zwinkerte ihr kurz zu und verschwand aus dem Raum. Die Zimmertür fiel hinter ihm ins Schloss.
Cat drückte den „Senden/Empfangen“-Button erneut. Nichts. Immer noch keine Nachricht.
Das werden sehr lange und sehr langweilige Semesterferien.
Mit dieser Einschätzung sollte sie Recht behalten.
Kapitel 3
FROHE KUNDE FÜR CROMWELL
Unsere Helden sind zurück!
Die Redaktion des Cauldron, Toad & Witch’s Tooth heißt Cromwells bekanntesten Zirkel
willkommen zurück in unseren „heiligen Hallen“ und wünscht einen guten Start ins zweite Semester!
Natürlich wollen wir ganz genau erfahren, was unsere Helden im Alltag bewegt. Darum spitzt die Ohren! Und Augen auf! In den nächsten Ausgaben der Studentenzeitschrift werdet ihr mit Starportraits verwöhnt!
(mx)
Es war der erste Morgen nach den Semesterferien. Der Mai stand vor der Tür und die Temperaturen waren gestiegen. Die Sonne verwöhnte die Menschen von morgens bis abends mit ihren Strahlen und lud die Studenten zu
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