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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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gefühlvolle Peter auf nichts, was ihm zustehe, verzichten werde. »Woher kommt das (ich habe das beobachtet),« flüsterte mir in jener Zeit einmal Stepan Trofimowitsch zu, »woher kommt das, daß alle diese enragierten Sozialisten und Kommunisten gleichzeitig so unglaublich geizig, habgierig und egoistisch sind, und zwar in der Weise, daß, je mehr einer Sozialist ist, je weiter er dabei geht, er auch um so egoistischer ist; woher kommt das? Rührt das wirklich auch von der Empfindsamkeit her?« Ich weiß nicht, ob an dieser Bemerkung Stepan Trofimowitschs etwas Wahres ist; ich weiß nur, daß Peter über den Verkauf des Waldes und anderes Nachrichten erhalten hatte, und daß Stepan Trofimowitsch wußte, daß sein Sohn darüber orientiert sei. Ich bekam auch gelegentlich Briefe Peters an seinen Vater zu lesen: er schrieb nur äußerst selten, einmal im Jahre und noch seltener. Nur in der letzten Zeit, wo er seine nahe bevorstehende Ankunft meldete, schickte er zwei Briefe fast unmittelbar nacheinander. Alle seine Briefe waren kurz und trocken und bestanden nur aus Anordnungen, und da Vater und Sohn sich noch von Petersburg her nach moderner Sitte duzten, so hatten Peters Briefe eine entschiedene Ähnlichkeit mit den Verfügungen, die in älterer Zeit die Gutsbesitzer aus den Residenzen denjenigen ihrer Untergebenen zugehen ließen, welche sie mit der Verwaltung ihrer Güter betraut hatten. Und da kamen nun auf einmal diese achttausend Rubel, um die sich die Sache drehte, nach Warwara Petrownas Vorschlage herbeigeflogen, wobei sie deutlich zu verstehen gab, daß sie von anderswoher schlechterdings nicht würden herbeigeflogen kommen. Natürlich erklärte sich Stepan Trofimowitsch einverstanden.
    Sowie Warwara Petrowna ihn verlassen hatte, ließ er mich rufen; vor jedem andern Besuch aber schloß er sich den ganzen Tag über ein. Natürlich weinte er ein bißchen; er redete viel und gut, befand sich in starker Verwirrung und machte gelegentlich Wortspiele, mit denen er sehr zufrieden war; dann kam eine leichte Cholerine, kurz, alles nahm seinen ordnungsmäßigen Gang. Darauf zog er ein Bild seiner schon vor zwanzig Jahren verstorbenen Frau, der Deutschen, hervor und wimmerte kläglich: »Wirst du es mir verzeihen?« Überhaupt benahm er sich, wie wenn er den Verstand verloren hätte. Vor Kummer tranken wir auch ein bißchen. Übrigens schlief er bald und ruhig ein. Am Morgen band er sich sein Halstuch äußerst kunstvoll, zog sich elegant an und trat oft vor den Spiegel, um sich zu besehen. Er bespritzte sein Taschentuch mit Parfüm, indessen nur ganz wenig, und kaum sah er durchs Fenster, daß Warwara Petrowna kam, als er auch schleunigst ein anderes Taschentuch nahm und das parfümierte unter das Kissen schob.
    »Nun, das ist ja schön!« lobte ihn Warwara Petrowna, als sie hörte, daß er einwilligte. »Erstens haben Sie eine edle Entschlossenheit bewiesen, und zweitens haben Sie auf die Stimme der Vernunft gehört, auf die Sie in Ihren Privatangelegenheiten nur so selten hören. Besondere Eile ist übrigens nicht erforderlich,« fügte sie hinzu, als ihr der Knoten seines weißen Halstuches ins Auge fiel; »schweigen Sie vorläufig davon, und ich werde ebenfalls schweigen. Nächstens ist Ihr Geburtstag, da werde ich mit ihr zusammen bei Ihnen sein. Geben Sie eine Abendgesellschaft, Tee, aber bitte ohne Spirituosen und ohne kalten Imbiß; übrigens werde ich alles selbst arrangieren. Laden Sie Ihre Freunde dazu ein; wir wollen zusammen die Auswahl treffen. Tags zuvor können Sie mit ihr reden, wenn es nötig sein sollte; aber auf Ihrer Abendgesellschaft wollen wir nichts proklamieren und keine Verlobung feiern, sondern es nur so andeuten und zu verstehen geben, ohne alle Feierlichkeit. Und dann zwei Wochen darauf soll die Hochzeit stattfinden, möglichst ohne Aufsehen. Sie könnten sogar beide gleich nach der Trauung auf einige Zeit verreisen, zum Beispiel nach Moskau. Vielleicht werde ich mit Ihnen mitfahren. Aber die Hauptsache ist: schweigen Sie bis dahin!«
    Stepan Trofimowitsch war erstaunt. Er wollte stotternd einwenden, das ginge doch nicht, er müsse doch mit der Braut reden; aber Warwara Petrowna fuhr ihn in gereiztem Tone an:
    »Wozu das? Erstens wird vielleicht überhaupt nichts daraus werden ...«
    »Wie meinen Sie das: es wird nichts daraus werden?« murmelte der Bräutigam, der wie betäubt war.
    »Nun ja. Ich werde erst noch einmal sehen ... Übrigens wird alles so geschehen, wie ich gesagt habe,

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