Die Delegation
glaubwürdig zu verkaufen.
Julie bedauerte selbst ihre Skepsis. Der Fall ›Verena Cumber‹ wäre ein überzeugendes Modell für telepathische Kommunikation gewesen. ›From mind to mind‹ – von Kopf zu Kopf – ohne Sprache. Aber dummerweise standen uns die ›Sender‹ dieser Information, Roczinskis Extraterristen, nicht mehr zur Verfügung.
Wenn es Julie gelang, die ›Tochter des Häuptlings‹ und mein Bild von ›David und Goliath‹ zu übernehmen, wenn ich mir die beiden Worte Kustermann sieben von einem alten Spielwart übertragen lasse, noch ehe dieser den Satz formuliert und in den Wald gerufen hat – warum sollen Wesen, die uns vielleicht um Jahrtausende überlegen sind, nicht kompliziertere Informationsketten auf telepathischem Wege senden und empfangen können?
Es wäre doch denkbar, daß eines Tages technische Hilfsmittel entdeckt werden, mit denen man ›PSI‹, die dabei wirkende Energie, sinnvoll verstärken kann.
Möglicherweise haben die Extraterristen entsprechende Geräte benutzt.
»Ja, wenn diese Leute existieren würden!« – Juliette verharrte weiter in Skepsis.
»Sofern sie existieren, natürlich!«
»Und außerdem wissen wir heute noch nichts über ›PSI‹, wir wissen nicht, wie diese Kraft beschaffen sein könnte. Elektromagnetische Wellen sind es nicht.«
Wie soll man eine Energie verstärken, deren Qualität noch nicht erkannt worden ist?
»Übrigens, Professor Oberth hat mal in einem Vortrag die Möglichkeiten einer ›quasimateriellen Raumfahrt‹ erwähnt und dabei die Behauptung zitiert, buddhistische Mönche glaubten an eine Materialisation von Seele und Gedanken, an den Aufbau von materiell vorhandenen, also greifbaren Körpern zu jeder Zeit, an jedem beliebigen Ort. Warum also nicht auch in einem anderen Sonnensystem?
Er fand diese Hypothese zwar unbeweisbar, aber auch unwiderlegbar. Sie sei nicht unwissenschaftlich, sondern ›außerwissenschaftlich‹, wie er es nannte.« Was meinte die Parapsychologin dazu?
»Euer Charly hat recht: Die NASA könnte tatsächlich viel Geld sparen, wenn eine Art psychokinetischer Raumfahrt jemals Wirklichkeit werden könnte, so wie telekinetische Phänomene ›wirklich‹ sind. Der Aktenschrank in Rosenheim zum Beispiel oder die Tassen und Teller der Russin Kulagina. Die bewegt Gegenstände auf einem Tisch durch Gedankenkraft. Das ist erwiesen. Ich bin vielleicht etwas konservativ, aber diese Theorie auf die Raumfahrt zu übertragen, das erscheint mir nicht realistisch, sondern eben nur ›denkbar‹, und das ist zu wenig. Solange es uns nicht gelingt, mit Gedankenkraft über kurze Distanzen hier auf dieser Erde zu reisen …«
»Vom Restaurant zurück, hierher zum Hotel?« Aber das fand Juliette denn doch zu simpel. »Vielleicht«, meinte sie, als wir die Halle betraten, »ist diese Delegation nur in Gedanken hierhergereist, lichtjahreweit, wie du immer sagst, in Sekundenschnelle, schneller als das Licht, weil eben zeitlos. Und sichtbar nur für die, die dieses Phänomen gedanklich erfassen konnten.«
»Es existieren Fotografien.«
»Fotografien sind auch spirituell herstellbar. Ted Seriös, ein außergewöhnliches Medium, erzeugt Fotos in einer Polaroidkamera durch Gedankenkraft. Ich habe Kopien dieser Bilder in meinem Labor.«
Schade. Durham lag nun nicht mehr auf unserem Weg. Unser Reiseetat war sorgfältig eingeteilt. Aber das hätte mich schon sehr interessiert: Gedanken-Fotos, das überstieg zur Zeit noch mein Vorstellungsvermögen.
»Das einzige, was absolut gegen die Theorie einer ›Gedanken-Delegation‹ spricht, das wäre diese Pyramide, diese Kristallpyramide der Miß Cumber«, sagte Juliette. »Die hat doch existiert, materiell, faßbar, oder nicht?«
Juliette war stets bereit, eine Antwort, eine Lösung, wieder in Frage zu stellen. Gerade hatte ich angefangen, mich für ihre sehr kühne Idee zu erwärmen, da machte sie alles wieder kaputt.
Ich war eben Filmemacher, ein Mann der Fiktion, der Phantasie, und sie war Wissenschaftlerin – wenn auch manchmal etwas außerhalb der Legalität, wie mir schien. »Ja, die Kristallpyramide der Miß Cumber hat wohl existiert. Sie war auf den Filmen deutlich zu erkennen. Goldstone hättest du befragen können, in seiner Gegenwart wurde sie in der Handtasche gefunden.«
»Und wo ist sie jetzt? Die wäre doch ein Beweis für eine materielle Existenz dieser Leute gewesen. Eine gedachte Delegation schmuggelt vermutlich keine materielle Pyramide in unsere Welt.«
»Weiß
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