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Die Delegation

Die Delegation

Titel: Die Delegation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Erler
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war’s!«
    Kufner stand in der Tür und hielt seine Hand mit der brennenden Zigarette nach draußen in den Gang. Er mußte mit gutem Beispiel vorangehen, er war Abteilungsleiter. »Zufrieden?«
    »Ja, herzlichen Dank. War ganz informativ. Ich wüßte natürlich gerne, wie’s weitergeht…«
    »Das wissen Sie doch bereits!« Kufner hatte so ein hinterhältiges Lächeln für mich. »Nein, wieso?«
    Rüdiger warf Kufner einen Blick zu – die beiden hatten wohl ein Komplott gegen mich geschmiedet? – und fragte: »War Mister Wingard nicht bei dir?«
    Ich hatte Wingard mit keinem Wort erwähnt. Das hatte ich ihm versprochen, das war meine Gegenleistung dafür, daß er mir eine Woche Bedenkzeit gab. Ich hatte im Augenblick keine sehr große Hoffnung, innerhalb einer Woche einen Interessenten zu finden, der bereit wäre, für den höchst zweifelhaften Nachlaß des Herrn Roczinski zwanzigtausend Dollar auf den Tisch zu blättern.
    »Freitag nachmittag habe ich ihn gesprochen. Stimmt. Woher wißt ihr das?«
    »Wir haben uns das ausgerechnet!« Rüdiger grinste. »Und woher kennt ihr ihn?«
    »Er war auch bei uns. Schon Donnerstag früh. Am Abend hat die ARD dann diesen verspäteten Nachruf auf unseren Roczinski gebracht. Wir hatten das alles so schön verschummelt. Also war er vermutlich auch bei denen.« Frau Beilke hatte die Rollen im Schnellgang wieder auf Anfang gerollt. Jetzt nahm sie ihren Mantel vom Haken. Das war eine sehr effektvolle Geste, die sie meisterhaft beherrschte: das war mehr als ein Signal zum Aufbruch, das war ein Hinauswurf.
    Auf dem Gang rückte Kufner näher an mich heran. »Wieviel haben Sie ihm bezahlt? Oder ist das indiskret?«
    »Nichts. Hören Sie mal – Sie überschätzen Regisseure! Wo soll ich zwanzigtausend Dollar hernehmen?«
    »Von uns hat er dreißigtausend verlangt. Er wird also billiger. Ich habe ihn einfach rausgeworfen. Allerdings erst nachdem ich ihm die Unterschiede zwischen dem kommerziellen Fernsehen in den USA und unseren öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten klargemacht habe. Bei uns prüft der Bundesrechnungshof, jede Mark muß voll verantwortet werden – aber das hat er, glaube ich, gar nicht kapiert.
    Jetzt liegt der Fall bei unserem Justitiar. Denn den größten Teil des Materials, das Wingard uns verhökern will, hat Roczinski schließlich als Angestellter unseres Senders gedreht. Nach seiner Kündigung hat er Rohmaterial belichtet, das unser Eigentum war. Unsere Redaktion in Washington hat ihm das mitgegeben.
    Ich würde also vorschlagen: Finger weg! Im übrigen: Wenn das Material für uns irgendeinen Wert hätte, läge es bereits in meinem Archiv. Dann könnte Herr Wingard gegen uns klagen, der Fall des betrügerischen Autokaufs würde dann geklärt werden – aber nicht auf diese Weise! – Die Tasche ist keine hundert Dollar wert.«
    »Hat Wingard Ihnen das Material aus der Tasche gezeigt?«
    »Nein!« sagte Kufner.
    »Woher wissen Sie dann, daß es wertlos ist?«
    »Wertlos für uns! Ich weiß, was auf den Rollen drauf ist – zumindest auf den ersten sechs.«
    »Woher?«
    »Raten Sie mal.«
    »Wahrscheinlich besitzen Sie Kopien. Das Material wurde doch in den USA entwickelt. Das Labor hat Ihnen eine Kopie gemacht.«
    »Falsch. Es ist ein Farb-Umkehr-Original, das Material in der Tasche. Soviel wir wissen, existieren keine Kopien.«
    »Gebe auf…«
    »Ganz einfach: Als Roczinski sich nicht mehr meldete, haben wir seinen Kameramann zurückbeordert, das war Gerd Hanniek. Der hat dann genaue Protokolle der gedrehten Szenen angefertigt – am liebsten hätte er uns die Rollen mitgebracht, aber Roczinski hatte sie weggeschlossen.«
    »Kann man die Protokolle mal lesen?«
    »Bedaure, streng vertraulich. Liegt bei der Chefredaktion und bei der Rechtsabteilung. Auf diesem Protokoll basierte nämlich die Entlassung von Roczinski. Übrigens fristlos.«
    »Kann man mit diesem Hanniek mal sprechen?«
    »Sicher. Er dreht gerade in Sambia.«
    »Wann kommt er zurück?«
    »Keine Ahnung. Andere Abteilung.«
    Wir standen wieder vor Kufners Büro. Er machte keine Anstalten, mich hineinzubitten. Es brannte auch kein Licht mehr im Vorzimmer. Aber eine Frage hatte ich noch: »Warum wurde das Material, das ich eben am Tisch gesehen habe, nicht gesendet?«
    »Das wurde nach Rücksprache mit der Chefredaktion entschieden. Es liegt nicht in unserem Interesse, den UFO-Glauben weiter anzuheizen. Die Kongreßreportage, gut, das war ja eine runde Sache, die war schon raus. Roczinski rief

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