Die Delegation
das Schlüsselwort für alle Vorurteile…!«
51
Unter Roczinskis Papieren fand ich eine Notiz:
Radioteleskop Sugar Grove/Westvirginia. Gehört US-Marine. Keine Drehgenehmigung, keine Besuchserlaubnis. Gelände umzäunt und bewacht. Drei erfolglose Anrufe. Schließlich (viertes Mal) Antwort auf meine Anfrage: ›Über Signal 400 Megahertz sei man informiert, messe ihm jedoch keine wissenschaftliche Bedeutung bei.‹
Vier Telegramme auf den gelben Vordrucken der WESTERN UNION, adressiert an GERMAN TV/ROCZINSKI MOTEL THE VIKING ELKINS WVA.
– JA WIR EMPFANGEN SIGNALE RICHTUNG ALPHA – CANMAJOR – STOP – KEIN KOMMENTAR OHIO STATE UNIVERSITY RADIO OBSERVATORY – NORMALES FORSCHUNGSPROGRAMM WIRD WEGEN SIGNAL 400 MGHTZ NICHT UNTERBROCHEN JODRELL BANK OBSERVATORY – MANCHESTER G. B.
– IMPULSE VON SIRIUS KOMMEN KLAR AN – STOP – SIGNALE AUF GLEICHER FREQUENZ URSPRUNG ERDE WURDEN HIER IN AUSTRALIEN NICHT REGISTRIERT GOOBANG VALLEY OBSERVATORY – AUSTRALIA
–SUEDLICHE HEMISPHAERE MIT SIRIUS AUSSERHALB UNSERES EMPFANGSWINKELS DA ANTENNE FEST MONTIERT UND NICHT SCHWENKBAR. FRANK B. DYCE. ARECIBO IONOSPHERIC OBSERVATORY.
In einem tiefen Bergtal bei Arecibo auf Puerto Rico liegt das größte Radioteleskop der Welt. Der Durchmesser der halbkugelförmigen Antenne: eintausend Fuß – über dreihundertdreißig Meter.
Es untersteht der Cornell University in Ithaca, N. Y. Ob Puerto Rico auf unserem Wege liegen würde, wußten wir damals noch nicht.
Für alle Fälle beantragten wir eine Drehgenehmigung. Das National Radio Astronomy Observatory in Green Bank, unser nächstes Ziel, hatte uns keine erteilt.
52
Vielleicht ist es auch nur eine Anekdote: Eine wissenschaftliche Tagung stand unter dem Motto: Gibt es intelligentes Leben im Kosmos? Der Radioastronom Frank D. Drake, Initiator des Projektes OZMA, findet auf seinem Rednerpult einen Zettel: Gibt es intelligentes Leben auf unserem Planeten? »Nun ja«, sagte Drake daraufhin, »ich glaube schon – die Delphine! Und ausgerechnet zu denen haben wir keinen Kontakt!«
Drake ist Astronom und nicht Verhaltensforscher. Ihm erscheint eine Art, die seit Urzeiten versucht, sich selbst auszurotten, und die ihre gesamte technologische Erkenntnis in den Dienst dieses selbstmörderischen Strebens stellt, wenig intelligent. Auch aus dieser Sicht müssen wir seinen Satz verstehen: »Kaum jemand im Kosmos ist dümmer als wir!« Es ist zweifellos schwer, sich mit Delphinen zu verständigen, die sind zwar intelligent, haben aber keine technische Zivilisation entwickelt. Intelligenz allein genügt also nicht zur Verständigung. Wenn wir uns mit Hilfe von Radiosignalen auf die Suche nach belebten Welten machen, bleibt ein möglicher Kontakt auf technische Zivilisationen beschränkt.
Das engt die Zahl der Gesprächspartner ein. Trotzdem bleiben nach der Berechnung der am Projekt OZMA beteiligten Wissenschaftler von Green Bank noch etliche hunderttausend, wahrscheinlich sogar -zig Millionen technischer Zivilisationen allein in unserer Galaxis, in unserem Milchstraßensystem, als Kontaktobjekte übrig.
Green Bank liegt in einem weiten, flachen Tal des Appalachen-Gebirges. Die Gebirgszüge ringsherum schirmen das Forschungsgelände weitgehend gegen irdische Störsignale ab. Die zusätzliche ›radio quiet zone‹, ein Gebiet mit absolutem Sendeverbot, umfaßt 150 mal 200 Kilometer. Wagen mit Benzinmotoren müssen auf einem Parkplatz außerhalb des Geländes abgestellt werden – wegen der störenden Zündfunken. Auf dem Gelände selbst sind nur Dieselmotoren zugelassen.
Indian summer. Die Berge Westvirginias hatten sich in einen Farbenrausch gestürzt: Rot, Gelb und Braun und tausend Zwischentöne von Orange bis Violett. Wir fuhren durch die Bergwälder der Appalachen und filmten das vorbeifliegende, vorüberhuschende, sich im Licht der tiefstehenden Sonne vermischende Farbenspiel. Dann lag das Tal unter uns.
Acht gigantische Antennen richteten ihre Schalen himmelwärts. Der nationale Horchposten für das Weltall. »Waren Sie schon in Charlottesville, in der Zentrale? Haben Sie eine Drehgenehmigung?«
Man kann Fragen auch umgehen: »Wir sind angemeldet – von Europa aus!«
Aber auf diese Anmeldung hin hatten wir keine offizielle Drehgenehmigung erhalten. Es kamen nur zwei sehr vage und vorsichtig formulierte amtliche Schreiben. Filmaufnahmen, so hieß es, stünde zwar nichts im Wege, sofern die laufenden Arbeiten im Observatorium dadurch
Weitere Kostenlose Bücher