Die Deutschen
auch für Bayern bindend; das Verhalten der Regierung gegenüber dieser Verfassung sei Hochverrat; der bayerischen Regierung müsse deshalb der Gehorsam verweigert werden und für die Zeit, in der das Vaterland in Gefahr sei, möge man einen »Landesverteidigungsausschuß« mit zehn Mitgliedern wählen. Die Volksversammlung stimmt am folgenden Tag allen Beschlüssen der vorbereitenden Versammlung zu. Der neugewählte Landesverteidigungsausschuß verlangt von allen Beamten der Pfalz den Eid auf die Reichsverfassung, bei Strafe der Dienstentlassung. Am 5. Mai ruft der Ausschuß zur allgemeinen Bewaffnung auf und knüpft Verbindungen mit den revolutionären Parteien in Rheinpreußen, Rheinhessen, Baden und sogar mit der demokratischen Zentrale in Paris. Die Garnisonen gehen ebenso wie die auf Weisung der Münchener Regierung aus Frankfurt beorderten bayerischen Heeresabteilungen zum größten Teil zu den Revolutionären über. Am 17. Mai bilden die Vertrauensmänner der pfälzischen Kreise in Kaiserslautern eine provisorische Regierung. Eine ihrer ersten Maßnahmen ist der Beschluß, das pfälzische Heer durch Aushebung auf 30000 Mann zu bringen und in Brigaden einzuteilen.
Schließlich befindet sich die ganze Pfalz im Aufstand, mit Ausnahme der beiden Festungen Landau und Germersheim. Den revolutionären Führern strömt eine begeisterte, aber militärisch ungeschulte Masse zu, deren Wunsch nach Waffen und Munition man nicht befriedigen kann.
Am 17. Mai schließt die Regierung der Rheinpfalz mit der gleichgesinnten Regierung in Baden ein Abkommen, durch das die Pfälzer Erhebung sich mit der badischen vereint. Doch dieser Beschluß hat keine praktische Auswirkung.
Der Aufstand in Baden beginnt mit einer Meuterei der Truppen der Bundesfestung Rastatt. Am 11. Mai kommt es zum offenen Aufstand; die Soldaten versagen ihren Vorgesetzten jeglichen Gehorsam. Auch die aus Karlsruhe herbeigeführten Dragoner und Kanoniere wenden sich gegen ihre Befehlshaber. Die gesamte Festung Rastatt ist nun in der Hand der Empörer. In fast allen badischen Garnisonen spielen sich die gleichen Vorgänge ab. In Bruchsal werden die politischen Gefangenen befreit.
Ähnlich wie in der Pfalz werden auch in Baden am 12. und 13. Mai Kongresse der Abgeordneten und Volkskongresse abgehalten. Es werden weitgehende politische Entschlüsse gefaßt, und schließlich wird die demokratische Republik proklamiert. Am 14. Mai wird ein Landesausschuß eingesetzt und zum Präsidenten der Advokat Lorenz Brentano gewählt. Der Großherzog flieht außer Landes, und die Staatskassen fallen in die Hände der Aufständischen.
Die Leitung der militärischen Operationen wird dem Polen Mieroslawski übertragen, einem der fähigsten strategischen Köpfe im Lager der Revolution. Brentano hält vom Balkon des Rathauses eine sehr gemäßigte Rede, in der er zum Ausdruck bringt, daß er »auf Einladung des Gemeinderates die Zügel der Regierung ergriffen habe«.
Brentano will weniger eine Revolution als einen Regierungswechsel. Er versucht deshalb auch, die revolutionäre Bewegung in Baden von den anderen revolutionären Entwicklungen in Deutschland zu isolieren, obwohl der Revolution in Baden die Truppen, die Kassen, die Eisenbahnen und alle staatlichen Einrichtungen zur Verfügung stehen.
Wie die Revolution in Baden sich hätte entwickeln können, stellt Friedrich Engels auf folgende Weise dar:
»Der Aufstand in Baden kam unter den günstigsten Umständen zustande, in denen eine Insurrektion sich nur befinden kann. Das ganze Volk war einig in dem Haß gegen eine wortbrüchige, achselträgerische und in ihren politischen Verfolgungen grausame Regierung. Die reaktionären Klassen, Adel, Bürokratie und Bourgeoisie waren wenig zahlreich. Eine große Bourgeoisie besteht überhaupt in Baden nur embryonisch. Mit Ausnahme dieser wenigen Adeligen, Beamten und Bourgeois, mit Ausnahme der Karlsruher und Baden-Badener vom Hof und von reichen Fremden lebenden Krämer, mit Ausnahme einiger Heidelberger Professoren und eines halben Dutzends Bauerndörfer um Karlsruhe war das ganze Land ungeteilt für die Bewegung. Die Armee, die in anderen Aufständen erst besiegt werden mußte, die Armee, von ihren adligen Offizieren mehr als irgendwo anders schikaniert, seit einem Jahre von der demokratischen Partei bearbeitet, seit kurzem durch Einführung einer Art allgemeiner Wehrpflicht noch mehr mit rebellischen Elementen versetzt, die Armee stellte sich hier an die Spitze der Bewegung und
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