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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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Truppen zu ihrem unmittelbaren Schutz nach Frankfurt rufen und damit zugleich einen gesetzlichen Vorwand für das Umsichgreifen des Aufstands liefern, alle zu ihrer Verfügung stehenden Kräfte zu einer geschlossenen Einheit zusammenfassen, kurz, rasch und ohne Zögern jedes zu Gebote stehende Mittel benützen, um die eigene Stellung zu stärken und die des Gegners zu schwächen. Von alledem taten die tugendhaften Demokraten in der Frankfurter Versammlung das gerade Gegenteil …«
    Die Wirklichkeit sieht wesentlich nüchterner und tragischer zugleich aus. Die wachsende Hoffnungslosigkeit des gesetzlichen Kampfes für die Reichsverfassung verdrängt die aufrechten Demokraten von der Spitze des Reichsministeriums. Viele sehen, daß sie »keine positive Politik mehr machen können« und erklären aus diesem Grunde den Austritt aus der Nationalversammlung. Die Mittelparteien haben die Paulskirche verlassen und die Linke muß in Frankfurt den Zugriff der preußischen Regierung befürchten. So entschließt man sich mit 71 gegen 64 Stimmen, das Parlament von Frankfurt nach Stuttgart zu verlegen.
    Dort erlassen die Mitglieder der »deutschen Reichsregentschaft« einen Aufruf an das deutsche Volk, der mit den Worten schließt: »Deutsche! In verhängnisvollem Augenblicke wenden wir uns an Euch. Noch ist es Zeit, durch unsere eigne Kraft des Vaterlandes Größe, Einheit und Freiheit zu retten, ihm Achtung zu verschaffen nach Außen und Frieden im Innern! Noch ist es Zeit, unter den Bürgschaften der deutschen Reichsverfassung eine auf Freiheit gegründete Ordnung der Dinge wiederherzustellen.
    Ruhe und Frieden, die unerläßliche Bedingung des Erblühens von Handel und Gewerbe, werden nicht eher zurückkehren, bis der unvermeidliche Kampf zwischen dem Absolutismus und der Freiheit zu Gunsten der Freiheit beendet ist. Steht alle zu uns mit Eurer vollen Willens- und Tatkraft! Der gerechten Sache ist der Sieg gewiß.« Diesen Worten folgen indessen keine klaren Anweisungen, auf welche Weise und mit welchen Mitteln die Freiheit zu erkämpfen sei und die Reichsverfassung in die Wirklichkeit umgesetzt werden könne. Am 7. Juni wurde jener Aufruf erlassen; am 17. Juni teilt die württembergische Regierung dem Parlament mit, daß man »das Tagen der Versammlung und das Schalten der Reichsregentschaft nicht länger dulden« könne.
    Am 18. Juni führt Ludwig Uhland die rund hundert Abgeordneten, die geblieben sind, durch die Stuttgarter Kasernenstraße zum Sitzungssaal. Sie halten sich eng umfaßt, als Kavallerie versucht, sie auseinanderzusprengen. Ein Zivilkommissar verbietet ihnen das Betreten des Saales. Kommandorufe ertönen, Trommeln werden gerührt, die Soldaten schlagen mit flacher Klinge auf die Volksvertreter ein, und ein General betrachtet durch die Lorgnette die Vorgänge.
    Der deutsche Aufstand des Jahres 1849 hat den Namen »Reichsverfassungskampagne« erhalten, weil er unter der Parole »Für die Reichsverfassung« geführt wurde.
    Der pfälzischbadische Aufstand
    und das Ende der Nationalversammlung 1849

    Die bayerische Regierung lehnt am 27. April 1849 die Anerkennung der Frankfurter Verfassung ab, verspricht zwar die im März 1848 gewährten oder in Aussicht gestellten freiheitlichen Zugeständnisse, setzt aber hinzu, daß man die Grundbedingung jener Freiheiten, die gesetzliche Ordnung, mit allen der Regierung zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und einem maßlosen Streben nach praktisch unausführbaren Neuerungen kräftig entgegentreten werde. Die Mehrheit der Kammer erklärt, daß sie die von der Nationalversammlung beschlossene und verkündete Reichsverfassung anerkenne, sich alle gesetzlichen Mittel zu ihrer Durchführung vorbehalte und sich als erstes mit einer Adresse an den König wenden wolle. Der Versuch der Regierung, durch Ausschluß der pfälzischen Abgeordneten eine ihr genehmere Mehrheit in der Kammer zu bilden, verschärft den Konflikt. Mit den Pfälzern verlassen alle Abgeordneten der Linken den Sitzungssaal und erklären, daß sie erst wieder teilnehmen würden, wenn die pfälzischen Abgeordneten zugelassen seien.
    Der geschäftsführende Ausschuß der pfälzischen Volksvereine lädt für den 27. April bedeutende Persönlichkeiten des Landes zu einer vorbereitenden Versammlung in Neustadt ein und für den 2. Mai alle Bürger der Pfalz zu einer großen Volksversammlung, um gegen die Münchner Regierung Front zu machen: die in der Nationalversammlung endgültig beschlossene Verfassung sei

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