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Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Titel: Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Falk;Beckedahl Lüke
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Bereich »moderne Informations- und Kommunikationstechnologien«.
    Otto war kurz vor seinem Wechsel in die Bundesregierung nebenberuflich zu seiner Bundestagsabgeordnetentätigkeit Partner einer Kanzlei geworden und leitete dort für wenige Monate ein Beratungsteam rund um das Thema »Telekommunikation, Medien und Technologie«. Es ist ja grundsätzlich gut, wenn Politiker auch konkrete praktische Erfahrungen in ihre Arbeit einbringen können. Im Fall Otto ruht seine Partnerschaft zwar für die Zeit seiner Tätigkeit als Staatssekretär, es bleibt aber trotzdem ein Grundunwohlsein darüber, ob man in einem solchen Fall dauerhaft zwischen privatwirtschaftlichen Interessen und einer Aufgabe in der Bundesregierung trennen kann oder ob hier   – und das muss nicht mal beabsichtigt sein   – nicht ein zu großer Interessenwiderspruch besteht.
    Politik ist menschengemacht, und die Entscheidungen, die in ihr getroffen werden, sind oft einfach nur falsch. Es ist sehr viel bequemer, sich Verschwörungstheorien einfallen zu lassenund nach Indizien hierfür zu suchen, als aktiv gegen Verfehlungen einzutreten, nach Fehlern zu suchen und diese öffentlich zu machen. Denn das ist unbequem. Von seinem Sofa aus auf Twitter oder Facebook zu artikulieren, dass man Politik grundsätzlich doof findet, kann ein Schritt in die Richtung sein, aber nur ein allererster. Doch es gibt positive Beispiele dafür, dass es sich lohnt, etwas weiter zu gehen und selbst die Geschicke in die Hand zu nehmen.
    Mit wenigen Ressourcen viel erreichen
    Anfang des Jahrtausends war die europäische Netzaktivisten-Szene noch überschaubar. Die ersten Schlachten rund um das Netz waren geschlagen, aber der lange Weg der Netzpolitik hatte gerade erst begonnen. Was fehlte, war eine bessere Vernetzung und Koordinierung der vielen Akteure. Im Frühjahr 2002 trafen sich Vertreter von rund zehn national agierenden Netz-Bürgerrechtsorganisationen im Chaos Computer Club in Berlin, um den Grundstein für ein europäisches Netzwerk der Aktiven zu legen: European Digital Rights (EDRi). Das Vorbild waren die USA, wo es eine Vielzahl von Organisationen wie die »Electronic Frontier Foundation« oder »Public Knowledge« geschafft hatte, Druck auf die Politik auszuüben und gleichzeitig als Ansprechpartner für Netzfragen zur Verfügung zu stehen. EDRi sollte fortan als Vernetzungsinstanz eine Plattform bieten, um sich europäisch besser zu koordinieren, voneinander zu lernen und allen eine Möglichkeit zu bieten, auf E U-Ebene mit einem gemeinsamen, europäischen »Hut« aufzutreten.
    Seitdem ist das gut gelungen. 2011 hat EDRi 28   Mitgliedsorganisationen aus 18 europäischen Staaten, dazu kommen noch einige befreundete Organisationen mit Beobachterstatus. Der Weg dahin war nicht einfach: Die europäische digitale Bürgerrechtsszene besteht aus vielen kleinen, in der Regel nur national arbeitenden Organisationen und Initiativen mit wenig Geld und Aktivisten. Gleichzeitig waren die Aktiven lange Zeit überfordert mit der Vielzahl von Bürgerrechtseinschränkungen, die in Europa nicht erst seit 2001 diskutiert und eingeführt worden sind. Die vielen Freiwilligen, die sich ehrenamtlich für Netzpolitik engagierten,blieben in der Regel auf ihre Heimatländer beschränkt. EDRi lieferte aber das Netzwerk und Scharnier nach Brüssel.
    Die größte Herausforderung war es, eine Finanzierung für ein Büro in Brüssel zu organisieren. Im Gegensatz zu den USA finden sich in Europa nicht unzählige Stiftungen, die ein zivilgesellschaftliches Engagement finanzieren, zumal die Kombination mit dem Themenfeld Netzpolitik noch weniger abgedeckt ist. Doch mittlerweile beschäftigt EDRi drei Personen in Brüssel, die als Ansprechpartner und Schnittstelle für E U-Kommission , E U-Parlament und verwandte Institutionen zur Verfügung stehen, politische Prozesse beobachten und sich als zivilgesellschaftlicher Player dort einmischen, wo es um Netzfreiheiten und digitale Bürgerrechte geht. Und das mit wachsendem Erfolg. EDRi ist zum Frühwarnsystem für netzpolitische Fragen auf der E U-Ebene geworden. Zudem kann man in frühen Stadien politischer Prozesse noch mehr bewegen und das Schlimmste verhindern, als wenn der Zug schon mit voller Fahrt rollt. Ein Beispiel verdeutlicht dies: 2009 war das Jahr der Diskussion über Netzsperren und das Zugangserschwerungsgesetz. Gegen Ende des Jahres schien die Diskussion vorüber, das Vorhaben wurde auf Eis gelegt, eine gesellschaftliche Debatte über

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