Die Dirne und der Bischof
Treue beweisen, indem Ihr das Wertvollste schützt, was ich hier auf der Festung zurücklasse: meine Tochter Elisabeth!«
Nein, gern hatten die beiden Ritter diese Aufgabe nicht übernommen, und an jenem Tag im dunklen Gang vor der geschlossenen Tür wurde Elisabeth auch klar, warum! Sie hatten über ihren Plan gesprochen, den Bischof zu umgarnen, sein Vertrauen zu gewinnen und dann zuzuschlagen und seinem Leben auf unauffällige Weise ein Ende zu setzen. In Panik war Elisabeth vor der Tür erstarrt, unfähig zu entscheiden, was sie nun tun sollte, als die Tür aufgeflogen war und sie in die erstaunten Gesichter der beiden jungen Ritter gestarrt hatte. - So wie jetzt in diesem Augenblick auch. Seitz von Kere öffnete in sprachlosem Erstaunen den Mund.
Bernhard von Seckendorf fasste sich schneller.
»Warum nur kommt es mir vor, als hätte ich genau diese Situation schon einmal erlebt? Vielleicht, weil es Menschen gibt, die nicht aus ihren Fehlern lernen und eine zweite Chance nicht zu nutzen wissen? Auch gut. Dann bringen wir heute das zu Ende, was uns das letzte Mal nicht gelungen ist.«
Das war die Stelle, an der sie kehrtmachen und den Gang hinunter fliehen sollte. Elisabeth sah sich, wie sie damals die hinderlichen Röcke gerafft hatte und in panischem Entsetzen durch den Gang geflohen war. Die schnellen Schritte hinter ihr kamen rasch näher. Auch ohne sich umzusehen, wusste sie, dass sie gegen diese beiden jungen Männer in Hosen und Stiefeln keine Chance zu entrinnen hatte. Wenn sie nur die Treppe erreichen könnte. Vielleicht war dort jemand unterwegs, der ihr zu Hilfe eilen würde.
Ihre Hand hatte den Türknauf beinahe erreicht, als sie grob zurückgerissen wurde. Sie taumelte und schlug gegen die Wand. Rote Blitze zuckten durch ihren Kopf. Eine Hand griff nach ihren Haaren und riss ihren Kopf zurück. Eine andere umschloss ihren Hals. Sie sah in Bernhard von Seckendorfs schönes Gesicht, das nun von Hass entstellt wurde.
»Das war ein Fehler, den du bereuen wirst!« Sie konnte nur stöhnen.
Seitz von Keres Gestalt tauchte in ihrem Gesichtsfeld auf. Er hob etwas Großes in die Höhe und ließ es dann auf ihre Stirn zusausen. Sie fühlte noch den Schmerz vom Kopf durch ihren Körper schießen. Sie fiel. Dann hatte Elisabeth das Bewusstsein verloren.
Nun, mehr als ein Jahr später, blickte Elisabeth wieder in Bernhard von Seckendorfs Gesicht, fand aber statt des Hasses ein überlegenes Lächeln. Er war sich sicher, dass er es dieses Mal zu Ende bringen würde. Endgültig!
Elisabeth wusste, dass sie ihnen nicht entkommen konnte, dennoch fuhr sie herum, um davonzulaufen. Doch dieses Mal waren die Ritter gewarnt und ergriffen sie, noch ehe sie den ersten Schritt gemacht hatte. Sie wurde an beiden Armen gefasst und zurückgerissen. Elisabeth taumelte in das Zimmer. Sie stolperte über den Saum ihrer Röcke und fiel auf die Knie. Zwei Hände legten sich um ihren Hals und schlossen sich immer enger.
»Ich mache niemals den gleichen Fehler zweimal«, raunte der Ritter von Seckendorf in ihr Ohr.
Elisabeth strampelte und schlug um sich, bis Seitz von Kere ihre Arme einfing und die Handgelenke umschloss. Der Druck um ihren Hals verstärkte sich. Der Schmerz wurde unerträglich. Sie konnte nicht mehr atmen. Die Lunge brannte und begann zu zittern, ihr Kopf wollte bersten. Elisabeth fühlte, wie das Leben aus ihr wich. Das Bild vor ihren Augen wurde trüb. Es war das Letzte, was sie auf dieser Welt sehen sollte. Ritter Seitz von Kere in seinem Gemach, der ihre Arme festhielt, während sein Freund darauf wartete, dass ihre Seele entwich und ihr Körper erschlaffte.
Doch dann nahm Elisabeth mit ihren schwindenden Sinnen am Rand ihres Blickfeldes eine rasche Bewegung wahr. Die Tür wurde aufgestoßen, und eine Gestalt in einem einfachen grauen Gewand stürzte herein. Elisabeth sah eine lange Klinge aufblitzen, ehe sie dem Ritter von Seckendorf in den Rücken fuhr. Sie konnte den Ruck spüren, der durch seinen Körper lief. Er stieß ein Stöhnen aus. Der Griff um ihren Hals lockerte sich. Luft drang in ihre Lungen. Elisabeth bäumte sich auf. Die Finger rutschten ab, und sie sog gierig frische Luft in sich ein, bis sich ihr Brustkorb spannte. Mit einem dumpfen Schlag fiel der Körper des Ritters zu Boden. Nach einem weiteren Atemzug begann sich das Bild um sie herum zu klären. Elisabeth sah Jeanne, die eine Fackel aus dem Halter riss und auf den Ritter von Kere zustürmte. Er ließ Elisabeths Arme los, um sich
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