Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers
die Vorstellung, dass diese miesen Verbrecher ein Baby stehlen wollten, war ihr einfach unerträglich. Niemand sollte das durchmachen müssen, was Stan und Rose zugestoßen war.
Nicht, solange sie die Möglichkeit hatte, es zu verhindern.
Im Schreibtisch fand sich nichts Interessantes. Fünf Minuten ihrer Zeit waren also vergeudet. Unbeirrt suchte sie weiter, suchte nach doppelten Böden in Schubladen, fand einen Wandsafe hinter einem präparierten Bücherregal. Wie gern hätte sie sich an dem Zahlenschloss versucht, aber dazu fehlten ihr sowohl Zeit als auch Erfahrung.
Als ihr nur noch drei Minuten blieben, fand sie, wonach sie suchte. Ganz offen und für jedermann sichtbar.
Das zweite Schlafzimmer der Suite diente Linda als repräsentativ eingerichtetes Büro. Und hier, mitten auf dem Schreibtisch, lag ein in Leder gebundenes Kontenbuch.
Auf den ersten Blick schien es nichts anderes zu sein als ein penibel geführtes Lieferregister für die Läden des Hotels. Mel hätte es fast angewidert aus der Hand gelegt, als ihr die Daten auffielen.
Ware erstanden 21.1., Tampa.
Übergeben 22.1., Little Rock.
Geliefert 23.1., Louisville.
Nachnahme 25.1., Detroit.
Kommission $ 10.000.
Mit flachem Atem blätterte Mel durch die Seiten.
Ware erstanden 4.5., Monterey.
Übergeben 6.5., Scuttlefield.
Geliefert 8.5., Lubbock.
Nachnahme 11.5., Atlanta.
Kommission $ 12.000.
David, dachte sie. Sie bemühte sich erst gar nicht, die Reihe Flüche zurückzuhalten. Da stand es, schwarz auf weiß, alle Daten, alle Städte.
Babys, die wie Nachnahme-Pakete versandt wurden.
Mit zusammengepressten Lippen las sie weiter und stieß zischend den Atem aus, als sie beim letzten Eintrag angelangt war.
H. B. hat neues blaues Paket bestellt, West Blomfield, New Jersey.
Abzuholen zwischen dem 22.8. und 25.8., Standardversandweg, Annahme und Restzahlung bis 31.8. Zu erwartende Kommission $ 25.000.
„Du Miststück“, stieß Mel hervor und klappte das Buch zu. Sie hielt sich zurück, um nicht irgendeinen Gegenstand zu nehmen und gegen die Wand zu werfen. Stattdessen sah sie sich sorgfältig um, ob auch alles an seinem Platz stand. Sie wollte zur Tür gehen, als sie Stimmen hörte.
„Ach, wahrscheinlich frönt sie irgendwo ihrem nächsten Heulkrampf“, sagte Linda, als sie durch die Wohnungstür hereinkam. „Er wird sie schon finden.“
Mel sah sich fieberhaft um und entschied sich für den Schrank.
„Ich bin nicht unbedingt wild darauf, den ganzen Abend mit ihr zu verbringen“, war jetzt Gumms Stimme zu hören. „Sie wird über nichts anderes als Windeln und Babynahrung reden.“
„Das werden wir überleben, mein Lieber. Denk an das doppelte Honorar.“ Lindas Stimme wurde schwächer, weil sie in das gegenüberliegende Schlafzimmer ging. „Es war eine gute Idee, das Essen hier oben zu arrangieren. Je dankbarer sie sind, desto weniger wer den sie nachdenken. Wenn sie das Kind erst einmal haben, werden sie sowieso keine Fragen mehr stellen.“
„Das meinte Harriet auch. Sie hat Ethan beauftragt, alles Nötige in Gang zu setzen. Wunderte mich, dass sie höchstpersönlich hergekommen ist, um sich die Leute anzusehen. Aber seit der Frost-Affäre ist sie vorsichtiger geworden.“
Mel versuchte gleichmäßig und ruhig zu atmen. Sie legte die Fingerspitzen auf den Stein ihres Rings und konzentrierte sich. Ein Energietransport zwischen zwei Leuten, die einander wichtig sind, das hatte er gesagt. Nun, einen Versuch war es wert. Komm schon, Donovan, beweg deinen Hintern hierher und bring am besten gleich die Kavallerie mit.
Es war riskant, das wusste sie, aber so, wie die Dinge standen, wohl die beste Lösung. Sie griff in ihre Tasche und fühlte beruhigt die Waffe darin.
Nein, nicht so. Sie atmete tief durch, steckte das Kontobuch hinein, anstatt die Waffe herauszunehmen, stellte die Tasche ab und öffnete leise die Schranktür. Aufmerksam lauschte sie Lindas und Gumms Stimme.
„Sie werden die Ware in Chicago an unsere Kontaktperson übergeben“, sagte Gumm jetzt.
„Ich würde ihn gern in Albuquerque übernehmen“, schlug Linda vor. „Für unterwegs werde ich wohl zweitausend extra brauchen.“ Sie drehte abrupt den Kopf, als Mel absichtlich an einen Stuhl stieß. „Was, zum Teufel …?
Was ist hier los?“
Gumm war in Sekundenschnelle in dem Raum und drehte einer sich ungelenk wehrenden Mel den Arm auf den Rücken. „Lassen Sie mich los!
Jasper, Sie tun mir weh!“
„Das passiert oft mit Leuten, die in das Zuhause
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