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Die Doppelgängerin

Die Doppelgängerin

Titel: Die Doppelgängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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vorzeigen. Oder man braucht es zu Vorträgen. Oder um Kunstdiebe zu
täuschen. Da tun’s dann die Repliken.“
    „Ich bin geschockt.“ Tarzan sah seine
Freunde an. „Und soviel Lärm um nichts. Wird das eine Enttäuschung für die...“
    Er ließ den Satz unvollendet.
    „Ihr müßt wissen“, fuhr Selbmann fort, „daß
ich in meinem Stadthaus besondere Sicherheitsmaßnahmen treffe. In einem
Wandsafe (Tresor, Geldschrank), der nicht allzu sicher ist, liegen wertlose
Aktien, die wertlosen Repliken meiner teuersten Marken und etwas Bargeld.
Einbrecher nehmen sich natürlich gleich den Safe vor. Und sind angeschmiert.
Was wirklich wertvoll ist, liegt bei mir offen herum. Und wurde damals bei dem
Einbruch völlig übersehen. Die beiden Marken, beispielsweise, steckten in einem
Buch. Und das stand zwischen vielen anderen im Bücherregal.“
    „Schlau!“ lobte Tarzan mit hohler
Stimme. Er dachte an Inge und Ihre Eltern. Ihm war zum Aus-der-Haut-fahren.
    „Aus dem Geschäft wird also nichts“,
sagte Selbmann. „Aber du hast deinen Wunsch immer noch offen, Peter! Überleg
dir was Vernünftiges. Es kann teuer, sehr teuer sein. Mein Leben ist mir
nämlich auch sehr teuer. Und das verdanke ich jetzt dir.“
    „Ich werde darauf zurückkommen“, nickte
Tarzan.
    Worauf du dich verlassen kannst! dachte
er. Irgendwas schinde ich für deinen betrogenen Bruder noch raus. Aber das
erfährst du erst hinterher. Zunächst mal machen wir freundliche Miene.

14. Die Entführung
     
    Fritz Paulsen saß am Lenkrad, Edwin Funke
neben ihm. Es war Paulsens Wagen, ein alter Kombi. Er parkte im oberen Teil der
Charlotten-Straße. Von hier konnten sie den Hauseingang sehen. Es war
Nachmittag. Immer noch spielten Kinder auf dem Grünstreifen. Funkes Gesicht
drückte Entschlossenheit aus. In Paulsens hinterhältigen Augen leuchtete
Habgier.
    „Du hast sie also gesehen, Edwin?“
    „Ja. Aber nur von weitem. Trotzdem
werde ich sie erkennen. Und du meinst, der Keller ist als Verlies geeignet?“
    „Bestens. Es war früher mal eine
Lagerhalle“, erwiderte Paulsen. „Jetzt verfällt sie. Ist draußen im ehemaligen
Industriegebiet. Da kommt keiner hin. Da findest du nur Ratten und Mäuse.“
    Funke nickte. Den Hauseingang ließ er
nicht aus den Augen.
    In diesem Moment sah er sie.
    Da ist sie ja! dachte er. Und sie schiebt
ihr Rad. Also wird sie wegfahren. Das ist die Gelegenheit, auf die wir warten.
    „Ist das Inge Selbmann?“ fragte
Paulsen.
    „Hübsch, nicht wahr? Laß ihr etwas
Vorsprung. Dann langsam hinterher.“
    Er beobachtete, wie das Mädchen aufs
Rad stieg und in Richtung Innenstadt fuhr.
    Paulsen ließ den Motor an und folgte
ihr.
    Sie machte es den beiden Verbrechern
leicht, indem sie eine Abkürzung benutzte: eine einsame Straße. Sie führte an
einer langer Friedhofsmauer entlang. Auf der anderen Seite war die hohe Hecke
einer großen Gärtnerei.
    Niemand war zu sehen, als der Kombi die
Radfahrerin überholte. Er stoppte. Funke sprang heraus, riß das entsetzte
Mädchen vom Rad und hielt ihr den Mund zu. Sofort war Paulsen neben ihm. Einen chloroform-(Betäubungsmittel-) getränkten
Lappen preßte er ihr auf Mund und Nase. Es dauerte nur Sekunden, bis sie — die
sich vor Angst nur schwach gewehrt hatte — bewußtlos war.

    Paulsen schob sie durch die Hecktür in
den Kombi und breitete Decken und leere Kartons über die Bewußtlose. Funke
stellte ihr Rad an die Friedhofsmauer.
    Mit hohem Tempo preschte der Wagen
davon. Niemand hatte den Überfall beobachtet, obwohl er am hellichten Tage
geschah — und mitten in der Stadt.
    Wenig später erreichten sie die
trostlose Gegend des ehemaligen Industriegebietes, wo die Gebäude verfielen und
die Stadtverwaltung mit ihrer Sanierung (Schaffung gesunder Verhältnisse) demnächst beginnen wollte.
    „Sie kommt zu sich“, meinte Funke. Er sah,
wie sich das Mädchen unter den Decken zu regen begann.
    Niemand war in der Nähe.
    Sie wickelten ihr Opfer in eine Decke,
schleppten das Paket durch eine leere, ehemalige Lagerhalle und dann eine mit
Unrat übersäte Treppe hinunter. In einem finsteren Kellerraum legten sie ihre
Last auf den Boden.
    Entsetzte Augen aus einem blassen
Gesicht sahen zu ihnen auf.
    Sie war bei Bewußtsein, begriff, was
mit ihr geschehen war, und begann zu schluchzen.
    „Du brauchst keine Angst zu haben, Inge“,
sagte Funke. „Sobald deine Eltern uns die beiden Briefmarken aushändigen,
lassen wir dich frei. Aber jetzt mach den Mund auf! Ich will wissen, wie

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