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Die Doppelgängerin

Die Doppelgängerin

Titel: Die Doppelgängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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sie sich prächtig von der Blinddarmoperation erholte.
Schon am Montag sollte sie entlassen werden.
    Toni Ehrlich und Ottmar Paulsen gehörten
nicht mehr zur Klasse. Ihre Schuld war erwiesen. Kommissar Glockner hatte ihre
Fingerabdrücke auf der Fensterscheibe festgestellt. Außerdem lag Ehrlichs
Geständnis vor. Daß Ottmar Paulsen nach wie vor leugnete, machte seine Lage nur
schlimmer. Beim Jugendgericht stand ihnen ein Verfahren bevor; und Schulbesuch
interessierte die beiden nicht mehr. Ehrlich hatte das Internat verlassen und
befand sich wieder bei seinen Eltern. Paulsen hockte schon vormittags mit
seinem Vater biertrinkend in miesen Kneipen herum. Sie führten böse Reden; und
der Weg des Jungen schien vorgezeichnet.
    Die sechste Stunde war heute frei. Zu
viert quetschten sich die TKKG-Freunde in die Telefonzelle „Besenkammer“ im
Flur des Haupthauses.
    Tarzan wählte Hartmut A. Selbmanns
Rufnummer.
    Wieder meldete sich der näselnde
Butler.
    „Ich rief schon vor einigen Tagen an“,
sagte Tarzan. „Sie entsinnen sich vielleicht. Ich bin Tarzan. Ich muß unbedingt
Herrn Selbmann sprechen. Es ist immens (außerordentlich) wichtig.“
    „Tut mir leid“, näselte der Butler. „Ich
bin schon sehr besorgt. Herr Selbmann ist nämlich noch immer nicht
zurückgekehrt, obschon sein Eintreffen für gestern abend vorgesehen war. Und
Pünktlichkeit gehört zu seinen vornehmsten Tugenden. Auch telefonisch vermag
ich ihn nicht zu erreichen. Am Trimi-See bleibt das Telefon still. Ich erwäge
schon, ob ich die Polizei mit einer Vermißtenmeldung behellige. Aber das wäre
wohl doch verfrüht — und der Chef könnte es mir verübeln.“
    „Er ist am Trimi-See?“ fragte Tarzan
erstaunt. „Das ist ja ganz in der Nähe. Ich dachte, er wäre sonstwohin
verreist.“
    „Nein. Zu dieser Jahreszeit hält er
sich überaus gern in seinem Ferienhaus am Trimi-See auf.“
    „Trifft sich gut“, sagte Tarzan. „Heute
nachmittag bin ich nämlich zufällig dort. Dann könnte ich gern mal nach dem
Rechten sehen; und Sie brauchten die Polizei nicht zu behelligen.“
    „Das wäre vielleicht zu erwägen.“ Der
Butler zögerte noch. Aber man merkte ihm die Erleichterung an.
    „Die Adresse?“ fragte Tarzan, denn die
Gemeinde Trimi-See — gleichen Namens wie das Gewässer — verteilte sich rings um
den See.
    „Seepromenade elf“, antwortete der
Butler.
    „Danke! Ich werde Sie benachrichtigen,
ob Herr Selbmann noch dort ist. Auf Wiederhören.“ Er legte auf.
    „Das heißt also“, seufzte Klößchen, „daß
wir nachher zum Trimi-See fahren. Bei der Hitze!“
    „Hab dich nicht so!“ lachte Gaby.
    Sie verließen die Besenkammer, denn
vier Personen hatten dort nur Platz, wenn sie sich wie Ölsardinen verhielten.
    „Es wäre am gescheitesten“, sagte Karl,
„wenn wir gleich von hier aufbrechen. Und gar nicht erst zum Mittagessen
heimfahren.“ Damit meinte er Gaby und sich.
    Der Vorschlag war richtig, denn der
Trimi-See lag etwa fünf Kilometer südlich der Schule hinter einem bewaldeten
Bergrücken. Der Weg zur Stadt führte in entgegengesetzte Richtung, also
schlankweg nach Norden.
    Tarzan sagte: „So machen wir’s. Und
damit ihr nicht verhungert, teilen wir unser Mittagsmahl mit euch. Das heißt,
in den Speisesaal können wir euch leider nicht einladen. Dort haben nur
Heimschüler Zutritt. Aber Willi und ich werden halbe Portionen
hinausschmuggeln. Bei Suppe ist das problematisch. Die sickert einem glatt
durch die Hosentasche, ehe ihr den Löffel reintaucht. Aber heute — zum Glück — gibt
es Eierkuchen. Die sind transportfähig — auch ohne Geschirr. Nicht wahr, Willi?“
    „Jaaah...“ Klößchens Miene drückte
Besorgnis aus. Der Gedanke, an einer halben Portion nicht ganz satt zu werden,
war peinigend.
    Gaby lachte. „Ich habe gar keinen
Hunger. Mir genügt ein klitzekleiner Eierkuchen.“
    Sie und Karl warteten im Klassenzimmer,
während Tarzan und Klößchen zum Essen gingen. Vier dicke Speckeierkuchen, in
eine nicht mehr ganz saubere Papierserviette gehüllt, wurden aus dem Speisesaal
geschmuggelt.
    Gaby und Karl, die inzwischen zu Hause
angerufen und Bescheid gegeben hatten, stärkten sich für die bevorstehende
Fahrt.
    Die Sonne stand hoch, und kein Lüftchen
regte sich, als die vier Freunde über einen holperigen Feldweg radelten. Gräser
wogten im Sommerwind; und weit voraus über dem Wald, kreiste ein Bussard (Raubvogel).
    Klößchen schwitzte und jammerte, weil
er seine Schokolade als Wegzehrung

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