Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
Vom Netzwerk:
Gestalt mit blitzenden Klauen und gefletschten Zähnen auf die Hinterbeine. Es war ein Bär, und das kleine, zusammengekauerte, todgeweihte Wesen am Boden war ein Mensch in Fellkleidung, der regungslos im Schnee lag.
    Wer der arme Kerl auch sein mochte, er hatte keine Chance. Der Bär war größer als alle Bären, die Tyler je im Fernsehen gesehen hatte, sogar größer als ein Eisbär, aber dunkel. Er hatte sich inzwischen auf die Vorderbeine fallen lassen und ging gemächlich auf seinen wehrlosen Feind zu, in dem er offensichtlich keine Gefahr mehr erblickte.
    Hundert Meter entfernt begriff der frierende und zitternde Tyler plötzlich, dass er gerade Zeuge wurde, wie ein Mensch ums Leben kam. Mit klammen Händen wühlte er nach einem Stein, den er werfen konnte, doch der Schnee war zu tief. Hüpfend pflügte er sich durch die weißen Massen, schwenkte die Arme und schrie: »H-he! Nein! L-l-lass ihn in Ruhe! H-h-he!«
    Der Bär hielt inne. Tyler machte noch zwei täppische Schritte, bevor er erkannte, was er getan hatte.
    »Oh, Sch-scheiße«, sagte er.
    Beim Anblick einer neuen Beute, diesmal schon ohne Fell, bäumte der Bär sich auf und drohte mit den Pranken. Er schob den Kopf vor, riss die große, von Zähnen starrende Schnauze auf und brüllte so laut und tief, dass etwas Schnee von den Bäumen rieselte. Er war mindestens doppelt so groß wie Tyler und sah so mächtig und mörderisch wie ein Tyrannosaurus Rex aus.
    Ich werde sterben, dachte Tyler. Und ich weiß nicht mal, wie es dazu gekommen ist …
    Wie eine Fellkugel wälzte sich die kleine Gestalt zu Füßen des Bären blitzschnell herum und ging dann tatsächlich auf das Ungeheuer los. Der Bär wich einen Schritt zurück, krümmte sich, und während sein Brummen zu einem schauderhaften hustenden Brüllen anschwoll, biss er nach seinem eigenen Bauch, wo jetzt der lange Schaft eines Speers wippte, dessen Spitze sich tief in seine Gedärme gebohrt hatte. Die fauchende Bestie tat einen Schritt auf ihren menschlichen Angreifer zu und schlug mit der Tatze nach ihm, aber dieser warf sich zur Seite, und der Hieb ging knapp daneben. Der Bär zögerte einen Moment, doch das Blut troff bereits in den Schnee. Er ging auf alle viere und zog eine Blutspur hinter sich her, als er schwankend hangabwärts auf die Bäume zutappte. Sobalder nicht mehr zu sehen war, rappelte sich der Krieger in der Fellkleidung wieder auf und sah zu Tyler hinüber, der wie vor den Kopf geschlagen knietief im Schnee stand und noch ärger schlotterte, als ihm bewusst wurde, dass er beinahe gefressen worden wäre.
    »Der Große hätte mich getötet«, sagte der Speerwerfer in einem Ton ungläubigen Staunens und mit überraschend hoher Stimme, als ob er nicht älter als Tyler wäre. Was man unter der unförmigen Pelzkapuze von seinem Gesicht sehen konnte, war blutig. »Woher kommst du?«
    Tyler versuchte etwas zu sagen, obwohl er den Verdacht hatte, dass die Worte Kalifornien und Standard Valley hier nicht viel erklären würden, aber seine Zähne klapperten so stark, dass er nichts herausbrachte. Dabei war es gar nicht mehr kalt, merkte er plötzlich. Im Grunde fühlte es sich erstaunlich warm an. Er tat einen Schritt vorwärts und hatte den Eindruck, damit in einen plötzlichen Schneesturm geraten zu sein, denn auf einmal war alles weiß und sein Mund voll eisiger Flocken.
    Er nahm es nur undeutlich wahr, als der vermummte Fremde sein Gesicht aus dem Schnee zog und ihn zu der Höhle schleifte.

    Tyler lag neben dem schwächsten, armseligsten Feuer, das er je gesehen hatte, bestehend aus drei dürren Stöcken und einem feuchten Grasklumpen. Ihm war wieder kalt, bitterkalt, und sein Körper wurde dermaßen von Schauern geschüttelt, dass er Angst hatte, ihm könnten davon die Knochen brechen. Der Mann, den er gerettet hatte, kauerte in der Nähe und wischte sich mit einer Handvoll Schnee das Blut aus dem Gesicht. Die Züge, die dabei unter der roten Schmierschicht zum Vorschein kamen, waren kleiner und jünger, als Tyler erwartet hatte, wobei die verbleibenden Schmutz- und Blutreste noch kein letztes Urteil zuließen.
    Der Fremde sah ihn mit einer Mischung aus Argwohn und Mitleid an. »Wer bist du? Warum hast du für mich dein Leben gewagt? Warum trägst du so seltsame Felle? Kommst du aus dem Geisterland?«
    Das klang irgendwie vertraut, aber Tyler war zu sehr vom Schlottern in Anspruch genommen, um eine Antwort auch nur zu versuchen. Der Höhlenmann, wenn es denn einer war, beobachtete Tyler

Weitere Kostenlose Bücher