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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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konnte. Was hatte ihn in diese kalte Welt gebracht? Ein Gefühl, ein Hauch von etwas, das er nicht erklären konnte. Was konnte ihn zurückbringen? Etwas Ähnliches, hoffte er.
    Eine ganze Weile konnte er nichts sehen oder fühlen außer den ersten Anzeichen des sicheren Erfrierungstodes hier auf diesem wilden Berghang. Da nahm das Mädchen neben ihm seine Hand, und statt ihn abzulenken, erinnerte ihn das bisschen Wärme, das von ihrer Hand ausging, an das, wonach er sich sehnte: Zuhause.
    Etwas wie ein schwaches Licht in der Ferne schien so überraschend auf, dass er beinahe die Augen geöffnet hätte, aber es war kein Licht aus der Außenwelt, es war ein Licht in seinem Innern. Tyler strebte darauf zu, oder es strebte auf ihn zu. Es war nicht einfach – andere Strömungen drangen auf ihn ein, versuchten ihn schiebend und ziehend aus der Bahn zu bringen, aber es gelang ihm mit allen Kräften, sie nicht zu beachten und weiterzustreben. Das Licht wurde stärker, aber der Widerstand, den er spürte, auch, bis Tyler irgendwann das Gefühl hatte, dass er sich durch Wasser kämpfte, das um ihn herum zu Eis erstarrte.
    Lucinda, dachte er. Ihr wird was passieren, wenn ich nicht da bin. Ich muss zu ihr zurück. Sie braucht mich, damit ich ihr Mut mache.
    Und er brauchte sie, erkannte er, damit sie ihn daran erinnerte, dass man noch anders vorgehen konnte, als stur geradeaus zu stürmen.
    Das brachte ihn auf eine Idee: Tyler veränderte den Neigungswinkel und stellte fest, dass er sich nicht durch bissiges Vorankämpfen auf das Licht zubewegte, sondern indem er durch die Zonen des geringsten Widerstands glitt und dabei immer daran dachte, wohin er letztlich wollte. Das Licht kam näher, ein Licht, das er in den Knochen fühlte, so dass er sich fragte, ob von ihm vielleicht ein röntgenstrahlartiges Leuchten ausging. Er streckte sich danach, und da war es. Er trat hindurch.
    Erst als ihn ringsherum die Wärme einhüllte, merkte er, dass das Mädchen aus der Winterwelt immer noch seine Hand hielt.
    Tyler machte die Augen auf, und im ersten Moment stürzte die Enttäuschung auf ihn ein wie eine Brandungswelle. Es war zu dunkel, um etwas zu erkennen, aber er fühlte rauhen Stein unter den Händen. Die nächste Höhle, schon wieder bloß Fels und Erde! Er war nicht zu Hause, er hatte es nicht geschafft!
    Er kroch ein Stück vor, zog die Taschenlampe aus der Sweatshirttasche und leuchtete die steinernen Wände an. Es sah ganz ähnlich aus wie eben noch in der Bärenhöhle. Da bemerkte er über sich eine flache Decke, die zu glatt war, um aus gewachsenem Stein zu sein.
    Das Mädchen war von ihm fortgekrabbelt, weil ihr das Licht offensichtlich Angst machte.
    »Alles in Ordnung«, beruhigte er sie. »Es ist bloß eine Taschenlampe. Siehst du?«
    »Uhawa ganu dut?«, fragte sie mit schreckensgeweiteten Augen.
    »Hä? Kannst du mich nicht verstehen?« Er wunderte sich. Andererseits hätte er die Merkwürdigkeiten auf dieser Farm inzwischen gewohnt sein sollen.
    Der Strahl der Taschenlampe fiel auf die Klappe in der Decke über ihnen, und Tyler erkannte endlich, wo sie waren: im Silo, unter dem Fußboden. Er ließ den Lichtstrahl über den Kellerraum streichen und sah, dass das Silo über einer Spalte im Boden gebaut worden war, einem großen Schlund aus Stein und Erde. Er und das Mädchen namens Letzte waren soeben dort herausgestiegen.
    Die Verwerfungsspalte, dachte Tyler. Tinkers Verwerfungsspalte! Das ist sie!
    Er kletterte die Leiter empor, die unter der Klappe an der Höhlenwand angebracht war, aber sie war natürlich verschlossen, und so sehr er auch rüttelte und schüttelte, sie ging nicht auf. Sie waren in dem verlassenen Gebäude gefangen.
    Was hilft’s?, dachte er und fing an zu schreien. »Hallo! Hilfe! Ist da jemand?« Er hämmerte an die Klapptür. »Ragnar? Simos? Hallo? Hilfe!«
    Er hatte ungefähr fünf Minuten gerufen, als es über ihm rasselte und er das Schloss aufschnappen hörte. Die Klappe ging hoch und fiel mit dumpf hallendem Knall zu Boden, dann kam ein Lichtstrahl durch die Öffnung in der Decke, strich durch den Kellerraum und blendete Tyler. Das Höhlenmädchen knurrte ängstlich. Tyler hielt seinerseits die Taschenlampe hoch wie zur Selbstverteidigung, und das Licht schwenkte von ihm weg. Eine dunkle Gestalt kam die Leiter herunter.
    »Mann, Jenkins, du Idiot«, sagte Colin Needle und schüttelte hämisch den Kopf, während er von Tyler zu dem Höhlenmädchen blickte. »Du kannst einfach keine Ruhe

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