Die Drachen Der Tinkerfarm
geben, was? Na, jetzt hast du richtig Mist gebaut. Du kannst schon mal deinen Koffer packen.«
21
EIN SCHLAG AUF DEN KOPF
E ines gefiel Colin wirklich an diesen Jenkins-Blagen: Sie waren sich selbst die schlimmsten Feinde. Es schien ihnen nie in den Sinn gekommen zu sein, dass er ihnen nachstellen könnte. Beide Zimmer nach Einbruch der Dunkelheit leer? Da musste etwas im Schwange sein. Geräusche im Silo, wo sich sonst nie jemand aufhielt? Wer hätte es sonst sein können?
Aber er hatte Tyler Jenkins nicht allein in der Verwerfungshöhle angetroffen. Es war noch ein fremdes Mädchen dabei, dem Aussehen nach aus dem Paläolithikum. Zu diesen spontanen Manifestationen kam es an der Verwerfungsspalte gelegentlich. Wie wenn am Meeresstrand oder am Flussufer Sachen angespült wurden, nahm er an, ausgeworfen vom Fluss der Zeit. Es war nicht das erste Mal, und es würde nicht dasletzte Mal sein. Aber dass Jenkins sich einen derartigen Fehltritt leistete, das überstieg beinahe Colins Erwartungen.
»Das meine ich ernst«, sagte er. »Geh deinen Koffer packen. Du bist schon so gut wie weg.«
»Du Dreckskerl!« Tyler stampfte auf ihn zu, den Finger ausgestreckt, als wollte er ihn durchbohren. »Wie kommst du dazu, mich ständig zu verfolgen?«
»Gideon hätte euch nie auf die Farm holen sollen.« Colin kehrte ihm den Rücken zu und stieg rasch die Leiter hinauf und durch die Bodenklappe in das leere Silo. »Aber jetzt wird er seinen Irrtum einsehen, denn ich werde ihm sagen, dass du an seinem größten, wichtigsten Geheimnis herumgeschnüffelt hast.« Er stieß die Tür auf und trat in die warme Nacht hinaus.
»Ach ja?«, sagte Tyler. Er stürmte hinter Colin die Leiter hinauf und zur Tür hinaus und schwenkte dabei seine Taschenlampe, als ob sie ein Star-Wars- Lichtschwert wäre. Colin lachte – wollte sich der Kleine etwa mit ihm anlegen? Tyler war einen ganzen Kopf kleiner als er. Trotzdem ging der Idiot auf ihn los, und das Licht schien Colin in die Augen und blendete ihn. Er hatte ihn unterschätzt und bekam die Hände nicht rechtzeitig hoch, um den Faustschlag abzuwehren, mit dem Jenkins ihn am Hals traf. Colin taumelte würgend zurück, und sofort drosch der kleinere Junge so wild auf ihn ein, dass er weiter zurückweichen musste.
»Tyler, hör auf!«, schrie jemand, als Colin ausrutschte und hinfiel.
Jenkins nutzte den Vorteil aus und schlug seitlich auf Colins Kopf ein. Colin holte seinerseits mit der Rechten aus und landete einen satten Treffer in Tylers Gesicht, womit er Boden gutmachte. Er boxte und kratzte und stieß mit dem Kopf, bis er aus der Rückenlage hochkam. Eine fremde Taschenlampebeleuchtete sie jetzt, und die Stimme schrie weiter auf sie ein, während sie übereinander herfielen.
»Tyler, nein, nein! Lass ihn los!« Es war Lucinda.
Sie wälzten sich am Boden wie zwei wilde Tiere. Jenkins war wieder oben, und Colin hieb wie von Sinnen auf alles, was er treffen konnte, als Tyler sich plötzlich aufrichtete. Lucinda hatte ihren Bruder am Kragen seines Sweatshirts gepackt und zog ihn mit aller Kraft zurück. Sie hatte ihn überrumpelt. Tyler kippte nach hinten, wodurch Colin sich befreien konnte.
»Was ist denn in euch gefahren, dass ihr –?«
Bevor sie ausreden konnte, sprang Colin an ihr vorbei und griff ihren Bruder aufs neue an – er musste den Vorteil ausnutzen, den sie ihm verschafft hatte. Wieder gingen die beiden tretend und hauend zu Boden, so dass der Staub nur so aufwirbelte und das Licht von Lucindas Taschenlampe verdüsterte. Endlich, Triumph! Colin hatte den elenden Jenkins niedergerungen und saß auf seiner Brust. Er drückte Tyler den Unterarm auf die Gurgel und hörte das Würgen und Krächzen. Was für ein Genuss!
Da legte sich ein Schatten über Colin, und etwas krachte ihm auf den Kopf, so dass ihm Knochen und Muskeln zu zerfließen schienen. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.
Als er wieder zu sich kam, fühlte er ein Hämmern im Kopf wie nach einer Explosion. Es war, als wäre sein Schädel in heiße Scherben zersprungen, die nur noch ganz lose zusammenhielten.
Mein Kopf, dachte er. Jemand hat mir den Kopf zertrümmert.
Colin versuchte sich hochzustemmen, doch schon von der kleinen Bewegung, die Hände aufzustützen, wurde ihmschwindlig. Er ließ es bleiben. Es war dunkel, wo er lag, was ihm nur recht war. Licht in den Augen hätte sich angefühlt wie ein Schneidbrenner.
»Was läuft hier bloß auf dieser Farm?«, sagte Lucinda gerade. »Herrje, Tyler, wer sind
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