Die Drachenreiter von Pern 05 - Der weiße Drache
hinauf und durch die Flügeltür zum Festsaal gingen. Mit lautem Gekreisch stellten die Feuer-Echsen ihr Luftballett ein und jagten zum Eingang, haarscharf am Kopf des Meisterharfners vorbei.
Der Anblick hob Jaxoms Laune, und er brachte Ruth zurück zu den Ställen. Bei seinem Näherkommen zogen sich die Grafen von den Fenstern zurück. Er hoffte von ganzem Herzen, daß Dorse und seine Kumpane jede Sekunde des Fluges miterlebt hatten – und daß ihnen auch der Händedruck F’nors und sein Gespräch mit den drei wichtigsten Drachenreitern von Pern nicht entgangen war. Dorse mußte nun vorsichtiger sein, da für Jaxom die Chance bestand, ins Dazwischen zu fliegen. Damit hatte sein Ziehbruder wohl nie gerechnet. Jaxom selbst konnte sein Glück noch kaum fassen. War es nicht einfach großartig von N’ton, diesen Vorschlag zu machen? Den Brocken sollte Dorse erst mal verdauen!
Ruth untermalte seine Gedanken mit einem selbstzufriedenen Summen. Sie betraten den alten Stallhof, und der Drache neigte die linke Schulter, damit Jaxom absteigen konnte.
»Wir können jetzt fliegen, Ruth, und uns aus der Burg entfe rnen. Und eines Tages werden wir sogar ins Dazwischen gehen. Dann gehört ganz Pern uns. Du hast deine Sache heute sehr gut gemacht, und es tut mir nur leid, daß ich ein so ungeschickter Reiter war. Aber ich lerne es schon noch – du wirst sehen!«
Ruths Augen wirbelten liebevoll in einem schimmernden Blau, als er Jaxom in den Weyr folgte. Der Junge lobte ihn immer noch, während er den gröbsten Staub und die Hautfitzel entfernte, die sich im Laufe der Nacht in Ruths Schlafmulde gesammelt hatten. Der Drache legte sich hin und hielt den Kopf schräg. Jaxom strich ihm sanft über die Augenwülste. Er ging nicht gern zu einem Fest, bei dem der eigentliche Ehrengast fehlte.
Gewarnt durch das Geschrei der Feuer-Echsen, drückte sich Robinton rasch gegen den rechten Flügel des großen Metallportals und schützte das Gesicht mit den Händen. Er war schon zu oft in Echsenschwärme geraten und ging lieber kein Risiko ein. Allerdings mußte er zugeben, daß sich die Feuer-Echsen in der Harfner-Halle dank Menollys Erziehung einigermaßen gut benahmen. Er lächelte, als er Lessas überraschten und etwas verärgerten Aufschrei hörte. Und er blieb noch einen Moment lang stehen, nachdem die wilde Jagd an ihm vorbeigebraust war. Wie vermutet, stob die Schar Sekunden später wieder ins Freie. Er hörte, wie Baron Groghe seine kleine Königin Merga zur Vernunft rief.
Dann entdeckte ihn seine eigene Bronze-Echse Zair und flog ihm schimpfend auf die Schulter, als habe sich der Meisterharfner absichtlich vor ihr verborgen.
»Braver Kerl!« sagte Robinton und streichelte die aufgeregte Echse mit einem Finger, bis sie ihr Köpfchen an seine Wange schmiegte. »Ich würde dich nie allein zurücklassen, das weißt du doch. Hast du Jaxom auch auf seinem Flug begleitet?«
Zair hörte zu schimpfen auf und gab zufriedene kleine Laute von sich. Dann reckte der Kleine den Hals und schaute in den Hof hinunter. Robinton beugte sich vor, um zu sehen, was Zairs Neugier geweckt hatte, und entdeckte Ruth, der zu den Ställen trottete. Der Harfner seufzte. Fast wünschte er, die Drachenreiter hätten Jaxom nicht gestattet, den weißen Drachen zu fliegen. Wie vorausgesehen, war vor allem Baron Sangel strikt dagegen, daß der Jungbaron die Vorrechte eines Drachenreiters genoß. Und er blieb bestimmt nicht der einzige der älteren Burgherren-Generation, der Jaxom die neue Freiheit mißgönnte. Robinton glaubte zwar, daß es ihm geglückt war, wenigstens Baron Groghe für den Jungen einzunehmen, aber Groghe besaß mehr Verstand als Sangel. Außerdem hatte er eine Feuer-Echse, und das beeinflußte sein Urteil. Robinton überlegte, ob Sangel keine Echse gewollt hatte oder ob es ihm nicht gelungen war, eine für sich zu gewinnen. Er mußte Menolly fragen. Ihr Prinzeßchen legte sicher bald Eier. Ganz nützlich, daß seine Harfnergesellin eine Königin besaß, so daß er Echsen-Eier da verteilen konnte, wo sie am meisten Eindruck machten.
Er starrte noch eine Weile aus dem Fenster, gerührt von dem Anblick. Zwischen Jaxom und Ruth gab es eine Aura der Unschuld und Verwundbarkeit; die beiden hingen stark voneinander ab und beschützten sich gegenseitig.
Jaxom hatte das Licht der Welt im denkbar ungünstigsten Moment erblickt: Geboren aus dem Leib der toten Mutter, war ihm auch der Vater eine halbe Stunde später im Duell gestorben. Robinton dachte
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