Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
für die von ihm selbst angesetzte Besprechung war.
»Kommandant Ongola, übernehmen Sie die Brücke!«
Paul verließ den Kommandoraum nur zögernd und behielt den Hauptschirm im Auge, bis sich die Schiebetür hinter ihm geschlossen hatte.
In den Korridoren des großen Kolonistenschiffes herrschte mit jeder Stunde mehr Gedränge, stellte Paul fest, als er zur Offiziersmesse hinüberschlenderte. Eben erst reanimierte Passagiere klammerten sich an die Geländer, versuchten mit zuckenden Bewegungen die steifen Muskeln zu lockern und bemühten sich, Körper und Geist auf die plötzlich höchst schwierige Aufgabe des aufrechten Stehens und Gehens zu konzentrieren. Die gute alte Yoko würde einer Sardinenbüchse ähneln, wenn erst einmal sämtliche Kolonisten wach waren und auf den Fährentransport nach Pern warteten. Aber die Aussicht auf die Freiheit und Weite einer neuen Welt machte die Enge sicher erträglich.
Paul hatte die verschiedenen Sondenberichte aufmerksam mitverfolgt und sich bereits für einen der drei empfohlenen Landeplätze entschieden. Natürlich verlangte es die Höflichkeit, daß er die Ansicht seiner Offiziere und der beiden anderen Kapitäne dazu einholte, aber die Wahl mußte einfach auf das große Plateau unterhalb jener Gruppe von Schichtvulkanen fallen. Das Wetter war dort im Moment sehr mild, und die nahezu ebene Fläche war weiträumig genug, um alle sechs Fähren aufzunehmen. Die neuen Daten hatten ihn in seinem Entschluß bestärkt, den er bereits siebzehn Jahre zuvor beim Lesen der EV-Protokolle gefaßt hatte. Bei der Landung hatte er ohnehin nie große Schwierigkeiten gesehen; das reibungslose, unfallfreie Entladen bereitete ihm mehr Kopfzerbrechen. Auf Pern schwebte kein Rettungsschiff am Himmel, und auf dem Boden gab es keine Mannschaft, die bei der Katastrophe einspringen konnte.
Die Organisation des Fährentransports nach Pern hatte Paul seinem ehemaligen Kampfgefährten Fulmar Stone übertragen, der während des gesamten Cygnus-Feldzugs nicht von seiner Seite gewichen war. In den letzten beiden Wochen hatten Fulmars Leute die drei Fähren der Yoko sowie die Admirals-Gig auf Herz und Nieren überprüft, um sicherzugehen, daß sich nach fünfzehn Jahren in den Kühlhallen des Flugdecks keine Defekte eingeschlichen hatten. Währenddessen hatte Kenjo Fusaiyuki die zwölf Piloten der Yoko einem harten Simulatordrill unterzogen, der mit den ausgefallensten Landezwischenfällen gespickt war. Die meisten der Männer hatten Einsätze als Kampfflieger hinter sich und besaßen genug Erfahrung, um auch schwierige Situationen zu meistern, aber keiner von ihnen kam auch nur entfernt an Kenjo Fusaiyuki heran. Einige der jüngeren Leute hatten sich über Kenjos Methoden beschwert; Paul Benden hatte sich ihre Klagen höflich angehört - und sie nicht zur Kenntnis genommen.
Paul war überrascht und geschmeichelt gewesen, als Kenjo sich für die Expedition meldete. Irgendwie hatte er erwartet, daß der Mann sich bei einer Forschungsgruppe verpflichten würde, wo er fliegen konnte, solange seine Reflexe nicht nachließen. Dann aber fiel ihm ein, daß Kenjo ein Kyborg war und ein künstliches linkes Bein hatte. Nach dem Krieg hatte das Erkundungs- und Vermessungs-Korps mit einem Mal mehr als genug erfahrenes, gesundes Personal zur Verfügung gehabt, und so war man dazu übergegangen, alle Kyborgs auf Verwaltungsposten abzuschieben. Unwillkürlich ballte Paul die linke Hand zur Faust und strich mit dem Daumen über die drei Ersatzfinger, die stets wie natürliche Gliedmaßen funktioniert hatten, auch wenn das Pseudofleisch gefühllos war. Langsam entspannte er die Hand, und selbst jetzt, nach so langer Zeit, glaubte er immer noch, ein schwaches Knarren in den Plastikknöcheln und im Handgelenk zu hören.
Dann wandte er die Gedanken wirklichen Problemen zu dem Entladen der Kolonistenschiffe, die in einer Parkbahn um Pern bleiben würden. Er wußte, daß unvorhergesehene Verzögerungen oder Pannen den gesamten Transport von Menschen und Material gefährden konnten. Deshalb hatte er gute Leute als Frachtaufseher eingesetzt: Joel Liliencamp sollte die Operation auf Pern koordinieren, während Desi Arthied die Aufsicht an Bord der Yoko übernahm. Ezra und Jim von der Bahrain und der Buenos Aires konnten sich auf ihr Entladepersonal ebenfalls verlassen, aber der kleinste Schnitzer würde ausreichen, um den gesamten Zeitplan durcheinanderzubringen. Der Trick bestand darin, alles im Fluß zu halten.
Der
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