Die Drachenreiter von Pern 15 - Drachenklänge
bist nicht der Einzige, der einen Verlust betrauert«, erklärte F'lon nach dem ersten Schluck.
»Ach?«
»L'tol – eigentlich müsste ich ihn Lytol nennen – hat Larth verloren. Ungefähr zur selben Zeit, als deine Kasia …« Selbst der dreiste F'lon konnte nicht weitersprechen. Er leerte sein Glas und füllte es bis zum Rand aus der Flasche nach.
»L'tol hat Larth verloren?« wiederholte Robinton.
»Ja, und es hätte nicht zu passieren brauchen.« F'lon setzte das Glas so fest auf dem Tisch ab, dass der Stiel brach. Er fluchte, weil ein Splitter seine Hand verletzte und steckte sich den blutenden Finger in den Mund.
»Wie kam es dazu?« fragte Robinton verwunderte. Während eines fädenfreien Intervalls starb nur selten ein Drache.
»C'vrel beschloss, während der Frühlings-Wettkämpfe eine Übung abzuhalten, bei der Feuerstein verwendet wird«, schilderte F'lon in sarkastischem Tonfall. »Die einzelnen Geschwader sollten gegeneinander antreten. S'lils Tuenth tauchte Flammen speiend aus dem Dazwischen auf und fügte Larth an der Flanke schwere Verbrennungen zu. Es befanden sich genug Drachen in der Luft, um Larth zu stützen. Wir brachten ihn auf den Boden zurück, und dabei hat er die ganze Zeit vor Schmerzen geschrien.« F'lon schüttelte sich. »L'tol fiel von seinem Rücken, und die Weyrleute fingen ihn auf. Aber Larth war zu schwer verletzt. Während er auf dem Boden lag, ging er ins Dazwischen .«
F'lon liefen die Tränen über die Wangen. Sein Schmerz ließ Robinton nicht kalt, und tröstend legte er eine Hand auf F'lons Arm.
F'lon wischte sich die Tränen ab. »Wie du siehst, gibt es noch mehr Leute, die trauern.«
»Das weiß ich. Aber ich komme über Kasias Tod nicht hinweg.«
»Wenn das so ist, dann folge ihr nach.«
»Ich soll ihr nachfolgen? Wie meinst du das?« Verblüfft blickte Robinton den Drachenreiter an.
»Nichts einfacher als das. Wir gehen hinaus zu Simanith, der nimmt dich in seine Vordertatzen, dann tauchen wir ins Dazwischen ein und Simanith lässt dich los. Mein Drache und ich kehren nach Benden zurück. Und du bist von deinem Kummer erlöst.«
»Ja, es wäre wirklich ganz einfach«, sinnierte Robinton und dachte an die kalte, schwarze Leere des Dazwischen , in der man nichts hörte, nichts fühlte, praktisch gar nicht mehr existierte.
Tränen traten ihm in die Augen, und sein Herz schien bersten zu wollen. Gewiss, es wäre eine einfache Lösung … aber so einfach auch wieder nicht.
»Nein, es ist kein Patentrezept für Kummer«, sagte F'lon in seine Gedanken hinein. »Wir Menschen hängen am Leben, selbst wenn wir das Liebste, was wir haben, verlieren. Lytol brachte es nicht über sich, als wir ihm den Vorschlag machten. Anfangs war er von dem Taubkraut und dem Fellis-Saft, mit dem man seine Verbrennungen behandelte, so betäubt, dass er keinen eigenständigen Entschluss fassen konnte, und als es ihm dann besser ging, kehrte er ins Hochland zu seiner Familie zurück.«
Robinton horchte auf. »Das Hochland ist zurzeit kein besonders sicherer Aufenthaltsort, wie mir scheint. Vor allen Dingen nicht für einen … ehemaligen Drachenreiter.«
F'lon zuckte die Achseln. »Er wollte es so. Und im Augenblick braucht er seine Familie. Als ich kam, sah ich, dass deine Mutter sich immer noch hier aufhält.«
»Ja. Sie hat mir sehr geholfen. Alle haben sich um mich bemüht.«
»Dann halte dir vor Augen, dass das Leben weitergeht.« Und die aufrichtige Freundlichkeit, die in diesen Worten mitklang, durchdrang den Panzer aus Eis, in den Robinton seine Seele gehüllt hatte.
»Danke, F'lon«, sagte er und stand auf. »Ich möchte jetzt etwas essen, und du siehst aus, als könntest du auch eine kräftige Mahlzeit vertragen.«
Tatsächlich machte F'lon einen verhärmten, mitgenommenen Eindruck, doch bei Robintons Vorschlag stahl sich ein Lächeln auf seine Züge. Er legte seinem Freund einen Arm um die Schultern, drehte ihn in Richtung Tür und bugsierte ihn dann hinunter in die Küche.
***
Kurz darauf besserte sich das Wetter, die Kranken erholten sich allmählich, und das Leben in der Burg nahm wieder seinen gewohnten Verlauf.
Für Robinton war es schwer, in Tillek zu wohnen, denn alles erinnerte ihn an Kasia. Manchmal glaubte er, ihre schlanke Gestalt durch die Gänge huschen zu sehen, oder das Echo ihrer Stimme zu hören. Er trauerte immer noch um sie, doch er strengte sich an, seinen Kummer durch viel Arbeit zu verdrängen.
Aber er wurde aus seiner Apathie gerissen, als
Weitere Kostenlose Bücher