Die Drachenreiter von Pern 15 - Drachenklänge
Vaters unter den Scheffel zu stellen. Für den Jungen ist es auch viel besser, wenn er sich ganz natürlich geben kann. Petiron will oder kann Robies Talent offenbar noch nicht zur Kenntnis nehmen. Das wird sich ändern, sowie der Junge in den Stimmbruch kommt und Petiron merkt, dass sein kleiner Bub zu einem Mann heranwächst.«
»Glaubst du?« vergewisserte sich Merelan nachdenklich und ließ sich Lorras Worte ernsthaft durch den Kopf gehen.
»Es würde mich nicht im Geringsten überraschen«, bekräftigte Lorra mit einem Fingerschnippen. »Und du hör auf, dich ständig zu sorgen. Den Dauerstress hört man deiner Stimme schon an. Entschuldige meine Offenheit, aber sonst sagt es dir ja keiner. Außer Petiron, sowie es ihm auffällt, und das wäre sicher nicht sehr erquicklich. Bin ich jetzt zu weit gegangen?« erkundigte sie sich vorsichtig.
»Nein, Lorra, du hast nur die Wahrheit ausgesprochen.« Begütigend legte Merelan ihre Hand auf Lorras drallen Arm. »Ich hätte nicht gedacht, dass es jemand gemerkt hat. Mit Gesangsübungen versuche ich, die Stimmbänder zu lockern.«
»Es ist nicht leicht, gelassen zu bleiben, wenn man immerzu hin und hergerissen wird zwischen dem Ehemann und dem eigenen Kind«, räumte Lorra ein. Sie nahm Merelans nervös zuckende Finger in ihre kräftige Hand. »Ich bin keine Heilerin, aber ein Glas Wein kann jetzt sicher nicht schaden. Ich brauche auch eine kleine Stärkung.« Sie stand auf und holte einen Weinschlauch sowie zwei Gläser. Merelan wollte dankend ablehnen, aber Lorra akzeptierte kein Nein. »Petiron kriegt eine ganze Menge nicht mit, und er wird es gar nicht merken, wenn dein Atem nach Wein riecht. Du musst innerlich wieder zur Ruhe kommen, und dabei hilft dir mein Trunk.«
Merelan warf einen Blick durch die Tür und sah Robie, der bei den Küchenmädchen in guter Obhut war. Er lachte ausgelassen, und sein rundes Gesichtchen war mit violettem Beerenkompott verschmiert. Beruhigt lehnte sich Merelan zurück und nahm ihr Glas in Empfang.
»Hat Meister Gennell dir schon von dem neuen Mädchen erzählt?« fragte Lorra.
»Halanna?« Als Lorra nickte, fuhr Merelan fort: »Ich erhielt einen Brief von dem Harfner der Burg, Maxilant. Er schreibt, er habe ihre Stimme ausgebildet, so gut er es vermochte, aber das Mädchen brauche nun eine kundigere Anleitung, und nicht den Unterricht von einem Amateur wie ihm.« Sie lächelte über Maxilants Bescheidenheit.
»Petiron wird sich über einen neuen Kontraalt freuen«, meinte Lorra. Sie sang gleichfalls in dieser Stimmlage, doch niemals als Solistin. »Ist das Leben nicht seltsam? Man weiß nie, wie die Dinge sich entwickeln.«
»Nein, das weiß man wirklich nicht.« Während Merelan schlückchenweise den Wein trank, spürte sie, wie sich ihre Nervosität legte und einer wohligen Gelöstheit Platz machte.
»Sie ist im gleichen Alter wie die Mädchen aus der Burg, deshalb habe ich sie zusammen mit ihnen im Cottage untergebracht«, erzählte Lorra. »Nach der Sonnenwendfeier kehren sie wieder nach Hause zurück, aber ich dachte mir, sie könnten Halanna helfen, sich an die hiesige Routine zu gewöhnen.«
Bei dem Ausdruck »Routine« musste Merelan unwillkürlich schmunzeln. In der Harfnerhalle verlief kein Tag wie der andere, und in dem Karree herrschte eine faszinierende, aufregende, mitunter hektische Atmosphäre.
Sie erinnerte sich noch lebhaft an ihre eigene Ankunft und nahm sich vor, der jungen Halanna nach Kräften beizustehen, damit sie das von ihr erwartete Lern- und Probenpensum bewältigte. Falls Lorra im Hinblick auf Petirons Begeisterung über einen neuen Kontraalt Recht hatte – und dem war aller Wahrscheinlichkeit so –, wollte sich Merelan persönlich an der Ausbildung des jungen Mädchens beteiligen.
Es würde ihr Freude bereiten, eine Schülerin zu unterrichten, und sie gleichzeitig ein wenig von den ständigen Spannungen zu Hause ablenken. Sie wäre viel zu beschäftigt, um sich in Gedanken immer neue Konfrontationen zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn auszumalen.
Kapitel 3
Halanna traf ein, und jeder, der sie kennen lernte, hielt sie für eine hochnäsige, verwöhnte junge Frau von siebzehn Lenzen, die an allem in der Harfnerhalle etwas auszusetzen fand. In erster Linie monierte sie ihre Unterbringung in einem Cottage.
Sie sei an ein eigenes Zimmer gewöhnt, beschied sie Isla, ihrer Pflegemutter. Sie könne unmöglich zusammen mit anderen Mädchen in einem Raum schlafen. Wieso gab es so wenig frisches
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