Die Drachenreiter von Pern 17 - Drachenwege
ausgegraben?«, erkundigte sie sich. Sie machte ein enttäuschtes Gesicht, als Kindan verneinend den Kopf schüttelte. Er wusste, dass Margits Ehemann in derselben Schicht arbeitete wie sein Vater.
»Wozu brauchst du dann das Verbandmaterial, Kindan?«, fragte sie.
»Dask wurde verletzt, als er ein paar Männer nach draußen führte, die sich retten konnten«, erklärte er und zeigte auf drei Kumpel, die gerade von den Heilern des Camps versorgt wurden.
»Du willst, dass ich dir mein gutes Verbandzeug für den Wachwher gebe?«, protestierte sie.
»Wenn Dask verblutet, ehe er deinen Mann findet, ist es deine Schuld!«
»Du bist ein vorlauter, frecher Bengel!«, schimpfte Margit und schlug mit einem Tuch nach ihm, das sie in der Hand hielt. Geschickt wich er aus, schnappte sich zwei Rollen Verbandzeug vom Tisch und flitzte zur Mine zurück. Um ein Haar wäre er gegen einen mit Felsbrocken gefüllten Karren geprallt, der von zwei Männern zum Ausleeren vor den Eingang geschoben wurde.
Als Kindan wieder den eingestürzten Stollen erreichte, war er völlig außer Atem. Im Schein der Glühkörbe sah er das grünliche Sekret, das Dasks Körper bedeckte, doch der Wachwher fuhr fort, sich durch den Gesteinsschutt zu wühlen. Kindan drängte sich dicht an das Tier heran, und dabei hörte er, dass Dask vor Anstrengung und Schwäche keuchte. Als das Tier einmal innehielt, weil ein erneuter Schauer aus Staub und Trümmerstücken von der Decke herabregnete, versuchte Kindan, mit einer Bandage die tiefe Nackenwunde zu verschließen, aus der das Blut bei jeder Bewegung des Wachwhers herausspritzte.
Beruhigende Worte murmelnd, bemühte er sich, Dasks Arbeitstempo zu dämpfen. Die Kreatur wandte ihm den Kopf zu, funkelte ihn mit seinen großen Augen wütend an und gab ein warnendes Zischen von sich. Dann begann der Wachwher mit vermehrtem Eifer zu buddeln, und Blut rann in kleinen Rinnsalen aus den klaffenden Schnitten in der Haut.
»Er muss sofort aufhören, sonst verblutet er!«, schrie Kindan Natalon zu.
In diesem Moment hörten sie Rufe von der anderen Seite des Einsturzes. Diese Lebenszeichen feuerten die Kumpel an, ihre letzten Kräfte zu mobilisieren. Dask wühlte wie von Sinnen, seine Aktivitäten wurden immer unkontrollierter, und erneut hagelte es von der Firste Steine auf den verzweifelten Kindan. Immer tiefer arbeitete sich der Wachwher in den Tunnel vor.
Laute Schreie ertönten, als seine gewaltigen Pranken das letzte Hindernis beseitigten; nun konnte man die aufmunternden Rufe der befreiten Kumpel deutlich verstehen.
»Lauf zum Eingang zurück, Kindan«, befahl ihm Natalon, »und sag den Männern, sie sollen mit Tragen hierher kommen.«
Kindan wollte nicht von Dasks Seite weichen, aber Natalon zog ihn von dem Wachwher fort und versetzte ihm einen Stoß in den Rücken, der ihn ein paar Meter weit stolpern ließ. Noch vor Erreichen des Mineneingangs brüllte Kindan den gespannt wartenden Helfern die gute Nachricht entgegen, und auch, dass Natalon nach Tragen verlangte. In ihrem Eifer, zu erfahren, wer die Geretteten waren, drängten sich die Männer an Kindan vorbei. Der folgte ihnen in langsamerem Tempo, völlig ausgepumpt und nach Luft schnappend.
Als er die Einsturzstelle wieder erreichte, sah er zu seinem Entsetzen, dass Dask zusammengesunken auf dem Boden des Stollens lag; seine großen Augen schimmerten in einem fiebrigen Glanz. Kindan kniete neben ihm nieder, doch Dask hob nicht einmal den Kopf. Während man den ersten der geretteten Kumpel auf einer Trage ins Freie beförderte, versuchte Kindan die Blutung am Hals zu stillen.
»Ach, Dask, was hast du nur gemacht?«, jammerte Kindan, als er den flatternden Puls des Tieres spürte.
Mit einer sichtlichen Anstrengung krümmte Dask seinen Hals, legte den Kopf auf Kindans Schoß und seufzte traurig. Der Junge kraulte den Wachwher hinter den Ohren und tröstete das sterbende Tier, so gut er es vermochte. Nachdem der treue Dask die verschütteten Bergleute befreit und die Retter an die richtige Stelle geführt hatte, hauchte er sein Leben aus.
Während man einen der verunglückten Kumpel nach dem anderen aus dem Stollen holte und sie auf Tragen an die Oberfläche brachte, hielt Kindan unentwegt Ausschau nach seinem Vater und seinen Brüdern.
Erst als Natalon verkündete, der letzte Überlebende sei nach draußen gebracht worden, gab Kindan die Hoffnung auf.
»Jetzt beginnen wir mit der Bergung der Toten«, fuhr Natalon fort. Er kam zu Kindan und
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