Die Drachenschwestern (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
einer Damenhandtasche durch Bern zu spazieren. „Sehr wohl, Madame!“ Seine Augen blitzen amüsiert.
„Und nenn mich nicht Madame, was ist das mit euch Männern, dass ihr solche Mühe habt, euch meinen Namen zu merken.“
„Da hast du recht“, brummte er, „Hexe passt besser!“, was ihm sofort einen Fausthieb in die Rippen einbrachte. Auf die Gefahr hin, einen weiteren Schlag einstecken zu müssen, neckte er sie, in der Hoffnung, mehr über seine allfällige Konkurrenz in Erfahrung zu bringen: „Welche Männer außer mir haben denn noch Probleme mit deinem Namen?“
„Lance“, setzte sie an, um gleich darauf ausweichend zu antworten, „vergiss es. Ich habe nur so vor mich hin geredet.“
Tim glaubte ihr zwar kein Wort, beschloss dann aber, das Thema auf sich beruhen zu lassen. Gegen Kajas Sturkopf kam er sowieso nicht an, das wusste er aus Erfahrung. Schließlich kannte er sie lange genug. „Lass uns gehen. Simon wartet sicher schon.“
Er führte sie zu einem kleinen Café wenige Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Es herrschte eine zwanglose Atmosphäre in dem alten Lokal. Auf der linken Seite standen zwei lange Holztische, offenbar dazu gedacht, viel Platz zum Essen zu bieten und gleichzeitig Raum für Begegnungen zu lassen. Dem Eingang gegenüber blickte man durch eine Glasfront auf einen hübschen kleinen Innenhof, der im Sommer wohl als Biergarten diente. Im Inneren waren vor den Fenstern alte Sofas platziert worden. Offensichtlich ein begehrter Platz am Samstagmorgen, um bei Kaffee und Gipfeli die Tageszeitung zu lesen. Einige der Anwesenden hatten sich allerdings zusammengesetzt und nutzten die schachbrettartige Oberfläche der Bistrotischchen für ein morgendliches Spiel. Durch eine Tür, die in einen Nebenraum führte, schallten lautes Gelächter und die unverkennbaren Geräusche eines ernstzunehmenden Tischfußballturniers. Rechter Hand befand sich die gläserne Theke, die mit grob gezimmerten Holzplanken eingefasst war. Auf großen Tafeln waren das Tagesmenu, die täglich gleich bleibenden Snacks und die Getränke aufgeführt. Begleitet von dem Satz: Wir bedienen sie gerne an ihrem Platz. Kaja konnte sich kaum sattsehen und war sich nicht sicher, ob sie in einem Studententreffpunkt oder einem Philosophenlokal gelandet war. Aus den Lautsprechern, die gut sichtbar links und rechts der Bar aufgestellt waren, ertönte in angenehmer Lautstärke die Musik vom Buena Vista Social Club. Kaja liebte diese Musik, die Lebensfreude und Melancholie so perfekt miteinander verschmolz. Unwillkürlich lächelte sie und fing an, die vertraute Melodie mit zu summen. Tim fing ihr Lächeln auf und erwiderte es. Es war richtig gewesen, ihr diesen Ort hier, sein Lieblingslokal, wenn er in der Schweiz war, zu zeigen. Er fasste sie sanft am Arm und beugte sich ein wenig vor, um sicher zu gehen, dass sie ihn verstand. Kaja war so beschäftigt damit, die verschiedenen Eindrücke zu ordnen, dass sie erst gar nicht bemerkte, dass Tim mit ihr sprach. Erst als sie seinen warmen Atem an ihrem Ohr spürte und ihr Herz einen Purzelbaum schlug, hörte sie ihn belustigt fragen: „Hörst du mir überhaupt zu?“
Betroffen drehte sie sich zu ihm um und wollte sich für ihre Unaufmerksamkeit entschuldigen. Dieser Gedanke war im nächsten Augenblick allerdings schon wieder vergessen. Durch ihre abrupte Drehung kam sie so dicht vor ihm zu stehen, dass sie seine Körperwärme spüren konnte. Sie legte den Kopf ein wenig in den Nacken und starrte ihn an. Anscheinend unfähig, sich zu bewegen oder sich zu äußern. Sekunden oder Minuten verstrichen auf diese Weise ohne dass sich einer der beiden rührte. Kaja hätte beim besten Willen nicht sagen können, wie viel Zeit vergangen war. Seine Nähe brachte sie völlig aus dem Konzept und weckte in ihr ein Gefühl, von dem sie gar nicht gewusst hatte, dass es existierte. Wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange, schoss es Kaja in einem Anflug von Galgenhumor durch den Kopf. Wenigstens schien es ihm nicht besser zu ergehen. Diese Beobachtung entspannte sie so weit, dass sie schmunzeln musste. Sie trat einen Schritt zurück und stieß ihm gleichzeitig ihren Zeigefinger in die Brust, in der Hoffnung, dass er auf diese Weise nicht merken würde, dass sie vor ihm zurückgewichen war. Kaja gab prinzipiell nie nach und sie lief auch nie vor irgendetwas weg. Na ja, zumindest fast nie, korrigierte sie sich im Stillen, als sie an ihre Flucht nach Frankreich dachte.
„Wolltest du mir
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