Die drei Die Spur des Spielers drei Fragezeichen
irgendwann, wie sich hinter der Fliegentür zwei kleine Gestalten bewegten.Chastity und Charity belauschten das Gespräch offenbar. Doch Justus verriet sie nicht.
»Also, Irene war meine Nachbarin seit … wie lange jetzt schon? Zwanzig Jahren? Na, jedenfalls eine ganze Weile. Sie wohnte da drüben.« Mrs Kretchmer wies auf ein Haus schräg gegenüber, das ähnlich nobel wirkte wie ihr eigenes, wenngleich der Vorgarten nicht ganz so viel hermachte, sondern sogar eher ein bisschen verwildert aussah. »Sie war eine etwas einfältige Person, ist auch nie zur Kirche gegangen und hatte kaum Kontakt zu ihren Nachbarn. Dass sie in dieser Gegend wohnte, lag auch nur daran, dass sie reich geheiratet hatte, ihr Mann war Unternehmer. Aber der ist nun auch schon seit zehn Jahren tot.« Sie senkte ihre Stimme und beugte sich verschwörerisch vor. »Marcie Bronkowitz – die wohnt dort vorn – hat sie allerdings zufällig mal in Santa Monica gesehen, wie sie sich mit einem anderen Mann getroffen hat! Und da lebte ihrer noch! Ja, ja, stille Wasser sind tief … Aber sieh dir einfach ihren Garten an! Am Garten eines Menschen erkennst du, mit wem du es zu tun hast, sage ich immer. Hat deine Tante eigentlich immer noch keinen?«
Justus brauchte einen Moment, um mitzubekommen, dass Mrs Kretchmer ihm eine Frage gestellt hatte. »Sie hat ein kleines Kräuterbeet und ein bisschen Gemüse. Und Blumen auf der Veranda.«
»Ja, ja, Mathilda Jonas war schon immer sehr … pragmatisch. Wo war ich stehen geblieben?«
»Bei Irene Hammontree«, sagte Justus.
»Ja, richtig. Irene. Sie war nicht mehr die Jüngste und sie hatte niemanden hier in der Gegend, also habe ich mich alsgute Nachbarin ein bisschen um sie gekümmert. Das ist ja selbstverständlich. Als sie krank wurde, hat sie testamentarisch verfügt, dass ihr Besitz unserer Kirchengemeinde gespendet werden soll. Mich hat sie gebeten, alles zu regeln, wenn es mal so weit ist. Tja, und dann ging es schneller, als wir alle dachten: Eines Morgens ist sie einfach nicht mehr aufgewacht. So einen Tod wünscht man sich doch, nicht wahr?« Sie seufzte und blickte versonnen auf die Straße. »Ich bin zusammen mit ein paar Damen vom Frauenclub einmal durch ihren Haushalt, um die interessanten Sachen für den nächsten Basar auszusortieren, und für den Rest habe ich deinen Onkel angerufen.«
»Hatte sie denn keine Verwandten?«, erkundigte sich Justus.
»Es gab da einen Neffen, glaube ich, aber zu dem hatte sie kaum Kontakt. Ich habe ihn das erste Mal auf der Beerdigung gesehen. Dein Onkel hat den ganzen Krempel jedenfalls zum Glück sofort abgeholt, denn die Schwester meines Mannes hatte schon länger ein Auge auf das Haus geworfen und das muss ja erst mal leer geräumt sein, bevor es verkauft werden kann. Aber wenn alles klappt, dann macht der Makler schon nächste Woche den Vertrag fertig.« Mrs Kretchmer strahlte ihn vollkommen schamlos an.
»Wie schön für Sie«, brachte Justus heraus. Damit war wenigstens die Frage geklärt, warum die Haushaltsauflösung so rasch nach Mrs Hammontrees Tod vonstattengegangen war. »Und von was für einem Einbruch sprachen Sie vorhin?«
»Ach so, ja, der Einbruch! Ich war heute Morgen noch einmal drüben, weil ich nicht ganz sicher war, ob ich gestern das Licht im Keller ausgeschaltet hatte, und da war doch tatsächlich die Vordertür aufgebrochen! Es ist nichts gestohlen worden, da war ja auch nichts mehr, aber ich habe natürlich trotzdem die Polizei gerufen. Aber die hat überhaupt nichts gemacht. Einen ›ganz gewöhnlichen Einbruch‹ nannten die Polizisten das. Da habe wohl jemand die Todesanzeige in der Zeitung gesehen – die ist nämlich vorgestern erst erschienen, weil dieser Neffe es nicht für nötig hielt, überhaupt eine zu schalten, und da hat der Frauenclub sich erbarmt und selbst eine Todesanzeige in die Zeitung gesetzt … wo war ich stehen geblieben? Ach ja, die Einbrecher haben wohl die Anzeige gesehen und sich gedacht, dass in dem Haus noch was zu holen sei. Konnte ja keiner wissen, dass es schon leer war. Aber was ist denn an einem Einbruch, bitte schön, ganz gewöhnlich, frage ich mich! In was für einer Welt leben wir denn! Jetzt muss erst mal das Schloss erneuert werden, bevor meine Schwägerin einziehen kann!«
»Und Sie sind sicher, dass nichts gestohlen wurde?«
»Absolut sicher. Das Haus war komplett leer geräumt.«
Justus räusperte sich. »Unter den Sachen, die mein Onkel mitgenommen hat, war auch ein
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