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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Und im übrigen habe ich erst heute ein Inserat aufgegeben und will mich nur nach persönlicher Rücksprache endgültig entscheiden. Jedenfalls kommt für diesen Posten nur ein vertrauenswürdiger Mensch in Frage, der mit Kindern gut umzugehen versteht — wie gesagt, eine Dame mit Erfahrungen auf diesem Gebiet.«
    Kathi ließ das Tablett von der Hüfte sinken. Der Metallspiegel warf einen Blitz durchs Zimmer.
    »Na, wir werden ja sehen!« sagte sie und sog Luft am oberen Eckzahn vorbei. Es war ein schauerliches Geräusch, es ging auf die Nerven wie Fingerknacken oder kreischende Griffel auf Schiefertafeln — und es klang unheilverkündend.

FRÄULEIN ZÖGLING

    Sie hieß Sieglinda Zögling und war vorher nur in erstklassigen Häusern gewesen, nachdem sie die pädagogische Ausbildung abgeschlossen hatte und noch ein Jahr am Fröbel-Institut Hospitantin gewesen war. Zuletzt hatte sie drei Jahre als >Erste Hausdame< auf dem Schloß des verwitweten Grafen Mortimer Idell-Idell gewirkt. Konrad Hellwang juckte es, nach der >Zweiten Hausdame« zu fragen, aber er unterließ es aus ungeklärten Gründen, obwohl er im allgemeinen interessanten Problemen nie aus dem Wege ging. Aus Fräulein Zöglings peinlich geordneten Papieren ging hervor, daß sie das Licht der Welt vor dreiunddreißig Jahren zu Bremen erblickt hatte, als Tochter des Hauptzollamtsobersekretärs Jubilatus Zögling und seiner Ehefrau Jakobine, geborene Kastenbein.
    Es hatten sich auf das Inserat sechs Damen gemeldet und in dem Hause in der Mozartstraße vorgestellt. Zwei von ihnen waren sofort ausgefallen, da ihre allzu kühne Garderobe und Haarfarbe, der allzu deutliche Auftrag von Lippenrot und Nagellack und nicht zuletzt die flüchtigen Blicke, die sie an die Kinder verwendet, und die feurigen, die sie an den Herrn des Hauses verschwendet hatten, sie für den in Frage kommenden Posten ungeeignet hatten erscheinen lassen. Ja, die alte Dame war nahe daran gewesen, die ganze Aktion abzublasen, die ihr plötzlich in einem neuen und sehr gefährlichen Licht erschien. Zwei andere Bewerberinnen waren von ihr abschlägig beschieden worden, weil sie vielleicht tüchtige Kinderfrauen waren, nicht aber als Hausdamen fungieren konnten. Hellwang selber wäre mit einer von diesen beiden Frauen eigentlich ganz zufrieden gewesen. Sie sahen beide freundlich und gemütlich aus, wären Kathi nie ins Gehege gedrungen und verstanden es gewiß, die Kinder zu betreuen und ihnen hübsche Geschichten zu erzählen — aber die alte Dame hatte sich die >Hausdame< fest in den Kopf gesetzt. Wenn er sie danach fragte, was sie sich unter diesem pompösen Titel eigentlich vorstellte, so antwortete sie ausweichend oder murmelte Fremdworte vor sich hin, etwa >seriös< oder >repräsentativ< oder gar >spektabel<...Er wußte wahrhaftig nicht, was er sich unter einer spektablen Person vorstellen sollte. Soweit er sich erinnerte, war Spektabilität ein veraltetes Ehrenprädikat für Fakultätsdekane an deutschen Universitäten. Möglich, daß sein Schwiegervater einmal vor Zeiten diese würdige Bezeichnung geführt hatte. Wahrscheinlich trug aber seine verehrte, gute Schwiegermutter nur ein sehr undeutliches und verschwommenes Wunschbild mit sich herum.
    Aber als dann Fräulein Sieglinda Zögling auftauchte, tauschte sie mit Konrad Hellwang einen Blick, der etwa heißen sollte: »So habe ich sie mir vorgestellt, die Hausdame — genau so!«

    Es war etwas Fräuleinhaftes, Strenges in Sieglinda Zöglings Wesen, ein hochmütig abweisender Zug von vornehmer Weltverachtung und auch von jener Keuschheit, der man bei Stiftsdamen begegnet. Konrad Hellwang kannte Stiftsdamen allerdings nur aus den Romanen seines geliebten Fontane, aber nach dem Gespräch mit Fräulein Zögling wußte er ganz genau, wie er sich Tante Adelheid aus dem >Stechlin< in ihren jüngeren Jahren vorzustellen hatte. Der alten Dame blickte Fräulein Zögling voll ins Auge, aber wenn sie mit Hellwang sprach, irrte ihr Blick an seinem linken Ohr vorbei und heftete sich aufmerksam an einen unsichtbaren Punkt im leeren Raum hinter seinem Rücken. Hellwang hatte das Gefühl, Fräulein Zögling nehme Anstoß an der Weltordnung, die die Menschheit und die Natur zweigeschlechtlich geschaffen hatte, anstatt die Lebewesen durch Parthenogenese entstehen zu lassen, wie es bei Rädertieren, Würmern, Krebsen und Insekten geschieht — leider nur bei Würmern, Krebsen und Insekten...
    Wenn es nach Hellwangs Meinung und Wunsch gegangen wäre,

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