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Die drei Musketiere

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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des Landes, hätte sie verführen oder mit Gewalt nehmen können, denn er gebot über Leben und Eigentum seiner Hörigen. Wer hätte sich der beiden Fremden, der beiden Unbekannten angenommen? Wer hätte ihnen Beistand und Hilfe geleistet?... Leider war er ein Ehrenmann und nahm sie zur Frau! Der Esel! Der Tropf! Der Narr!«
    »Aber wieso, wenn er sie liebte?« fragte d' Artagnan. –
    »Warten Sie nur ab«, erwiderte Athos. »Mein Freund, der Graf, führte sie in sein Schloß und erhob sie zur ersten Dame in seiner Provinz, und die Gerechtigkeit muß man ihr antun, sie verstand zu repräsentieren und ihrem Stande gemäß aufzutreten. Da kam ein Tag, an dem sie mit ihrem Gemahl auf die Jagd ging« – die Stimme des Musketiers wurde leiser, der Fluß seiner Rede aber schneller – »auf der Jagd stürzte sie und wurde ohnmächtig...
    Der Graf eilte ihr zu Hilfe, und da ihre Kleider sie beengten, riß er sie auf und – entblößte dabei ihre Schulter. Was aber erblickten da seine Augen?« und Athos schlug eine schrille Lache auf.
    »Wie soll ich es wissen?« fragte d'Artagnan.
    »Ein Lilienmal!« schrie Athos... »Das Weib war
    gebrand markt!«1 Und mit einem einzigen Zug leerte er das Glas, das vor ihm stand.
    »Grausig!« rief d'Artagnan, »was erzählen Sie mir da?« –
    »Die Wahrheit, Freund! Der Engel war ein Teufel: das arme Mädchen hatte gestohlen!« – »Und der Graf? Was tat der Graf?«
    – »Der Graf war Grundherr, war Herr über Leben und Eigentum seiner Hörigen. Der Graf riß ihr die Kleider vom Leib, band ihr die Hände auf dem Rücken und knüpfte sie an einen Ast.« –
    »Jesus!« schrie d'Artagnan, »das war ja Mord, Athos!« –

    1 In Frankreich wurde Verbrechern als Kennzeichen mittels eines glühenden Eisens eine Lilie in die Schulter eingebrannt.
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    »Jawohl, ein Mord, weiter nichts!« wiederholte Athos, bleich wie der Tod. »Aber mein Glas ist, scheint mir, leer.« Er hob die letzte Flasche, die noch vor ihm stand, zum Mund und schüttete sie auf einen Zug hinunter, ohne abzusetzen. Dann sank ihm der Kopf zwischen die Hände. D'Artagnan aber saß, stumm vor Entsetzen, ihm gegenüber und starrte ihn an. »Und das, d'Artagnan, hat mich geheilt von den schönen, poetischen, liebreichen Weibern«, sagte Athos und richtete sich auf; aber das Märchen vom Grafen fortzusetzen, kam ihm nicht mehr in den Sinn. »Gott sei Ihnen ebenso gnädig, Freund! Her mit dem Glas! Trinken wir, trinken wir!«
    »Also ist sie tot!« stammelte d'Artagnan. – »So wird es sein!«
    rief Athos. »Aber so geben Sie doch Ihr Glas her! Schinken, du Schafskopf! Braten, Kamel!« schrie er den Wirt an; »wir können ja nicht mehr saufen!« – »Und ihr Bruder?« fragte d'Artagnan weiter. – »Ihr Bruder?« wiederholte Athos blöde. – »Ja, der Geistliche?« – »Oh, ihn wollte ich holen lassen, weil er auch hängen sollte; aber er hatte Lunte gerochen und war noch in derselben Nacht aus seiner Pfarrei geflohen.« – »Hat man wenigstens erfahren, wie es um diesen Elenden sich verhalten?«
    – »Sicher war er der erste Galan und Mitschuldige der Schönen, ein würdiger Herr, der sich als Pfarrer ausgab, um sie unter die Haube zu bringen und ihr eine Zukunft zu sichern. Hoffentlich hat er schon Bekanntschaft mit dem Rad gemacht!«
    »O mein Gott!« rief d'Artagnan, von der grausigen
    Begebenheit schier wie von Sinnen.
    »Aber so nehmen Sie doch ein Stück Schinken, d'Artagnan!«
    rief Athos, »er ist ausgezeichnet«, und er legte seinem Freund eine Scheibe auf den Teller. »Ein Pech, wahrhaftig, daß ich nicht wenigstens vier von der Sorte im Keller hatte! Fünfzig Pullen hätte ich sicher mehr getrunken!«
    D'Artagnan war außerstande, diese Unterhaltung länger zu ertragen, sie hätte ihn um den Verstand gebracht. Er ließ den Kopf in die Hände sinken und stellte sich, als ob er einschlafe.
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    Athos blickte ihn mitleidig an.
    »Die jungen Leute haben das Trinken verlernt«, sagte er.
    »Und dabei ist der da noch einer von den besten!«

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    Rückkehr
    Die schreckliche Enthüllung des Freundes hatte d'Artagnan wie ein Keulenschlag getroffen. Und doch blieb ihm darin vieles noch dunkel; vor allen Dingen war sie von einem völlig betrunkenen Mann einem halb betrunkenen gemacht worden. So begab er sich gleich nach dem Frühstück wieder zu dem Freund, in der festen Absicht, die Unterhaltung vom Abend wieder anzuknüpfen. Aber er traf Athos in der ruhigen, vorsichtigen und verschlossenen Stimmung, die

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